Lippi im Studio mit Fußball Schöbelfoto
"Ein Kessel Buntes" oder einfach "Der Kessel" - hier mit Wolfgang Lippert - war immer ein Quotenhit. Bildrechte: MDR/Martina Körbler

Ost-Fernsehen zwischen Kult und Kommunismus Fernsehen in der DDR

08. Dezember 2010, 11:03 Uhr

Wenn das Sandmännchen aus dem Fernsehen der DDR die Kleinen ins Bett geschickt hatte, wurde in vielen Haushalten umgeschaltet. Dann setzte sich eine Mehrheit DDR-Bürger in die erste Reihe des Westfernsehens.

Die Flimmerkiste war abends der Treffpunkt für die ganze Familie. Groß und Klein verfolgten bei Bier und Limo oft stundenlang das Programm. Die Reise in nahe oder ferne Länder war in den eigenen vier Wänden lediglich Sache eines Knopfdrucks. Ein Teil der Republik saß Sonntagvormittag vor dem Fernseher und schrieb das Wochenprogramm von ARD und ZDF auf.

Aktuelle Kamera: Der Kanal für die Nachrichten

Wenn das Sandmännchen aus dem Fernsehen der DDR die Kleinen ins Bett geschickt hatte, wurde in vielen Haushalten umgeschaltet. Dann setzte sich eine Mehrheit DDR-Bürger in die erste Reihe des Westfernsehens. Es war die Quittung für Erfolgs- und Hofberichte sowie die klassenkämpferisch geprägte Schwarzweiß-Sicht in der vom SED-Politbüro ferngelenkten "Aktuellen Kamera".

In dieser Hauptnachrichtensendung fand lediglich der Wetterbericht halbwegs das Publikumsinteresse. Ende der 70er-Jahre sah gerade mal ein Prozent der Bevölkerung die "Aktuelle Kamera". Gar ein Schreckgespenst selbst für SED-Mitglieder war die Sendung "Der Schwarze Kanal" von und mit Karl-Eduard von Schnitzler. Der "Weggucker" schlechthin ...

DDR-Quotenhits: Von "Kessel Buntes" bis "Rumpelkammer"

Aber es gab auch "Hingucker" aus Adlershof. Dazu zählten Erfolgssendungen wie "Ein Kessel Buntes", "Polizeiruf 110", "Zwischen Frühstück und Gänsebraten", "Treff mit O. F.", "Sport aktuell", "Willi Schwabes Rumpelkammer" oder etwa die Literaturverfilmungen nach Vorlagen von Goethe, Fallada, Storm und Fontane. Legendär auch Fernsehfilme zur jüngeren Geschichte, die trotz mancher ideologischer Einseitigkeit fesselten: "Krupp und Krause", "Wege übers Land", "Daniel Druskat".

DDR-Fernsehstars: Von Helga "Henne“ Hahnemann bis Heinz Quermann

Das Publikum hatte auch seine Fernsehstars: Helga Hahnemann, die "Außenseiter-Spitzenreiter" Wolle und Wolfram, den Fernsehkoch Kurt Drummer, die Gartenfee Erika Krause, den Talentevater Heinz Quermann, die Schauspielerlegenden Erwin Geschonneck, Agnes Kraus, Marianne Wünscher, Ursula Karusseit, Manfred Krug und Armin Mueller-Stahl. Der Kleinste war für Generationen Heranwachsender der Größte: das Sandmännchen, das seit 1959 jeden Abend die Herzen der Kinder eroberte.

Eine repräsentative Befragung unter 2.000 DDR-Bürgern ergibt 1967: Ihre liebste Freizeitbeschäftigung ist das Fernsehen - geben 68 Prozent der Befragten an. Auf Platz zwei mit 50,4 Prozent folgt das Spazierengehen, 49,5 Prozent nennen Hausarbeit als liebste Freizeitbeschäftigung und 47 Prozent lesen am liebsten Zeitungen.

Kurzer Abriss der DDR-Fernsehgeschichte 1950: Für das Fernsehzentrum Adlershof wird der Grundstein gelegt.

25. November 1950: Die DDR startet Fernseh-Versuchsprogramm.

Januar 1952: Deutscher Fernsehfunk nimmt regulären Programmbetrieb auf.

21. Dezember 1952: Nachrichtensendung "Aktuelle Kamera" erlebt Fernsehpremiere.

1955 sind 13.600 Geräte eingeschaltet. 15 Stunden die Woche wurde gesendet.

8. Oktober 1958: Erstmals wird Vormittagsprogramm ausgestrahlt.

1960: Jeder zehnte Haushalt hat ein TV-Gerät, Sendezeit: 57 Stunden pro Woche.

3. Oktober 1969: TV in Farbe durch Secam-Technik. Einführung eines II.
Fernsehprogramms. Die Fernsehzeitschrift "FF dabei" wird herausgegeben.

1972: Deutscher Fernsehfunk (DFF) wird in "Fernsehen der DDR" umbenannt.

21. Dezember 1989: Das "Staatliche Komitee für Fernsehen" wurde aufgelöst.

Der Artikel erschien erstmals 2011.

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR Zeitreise - Wir sahen Ost - DDR Fernsehen zwischen Kult und Kommunismus | 24. Juli 2022 | 22:00 Uhr