Nach dem Bau der Mauer ist die Stimmung in der DDR zwischen Aufbruch und Resignation gespalten. Auf die Welt kommt eine Generation, für die Grenzen vor der eigenen Haustür zur Lebensrealität gehören. Während beide Elternteile meist Vollzeit arbeiten, besucht der Nachwuchs den Kindergarten und lernt dort, auf egoistische Bedürfnisse zugunsten der Gemeinschaft zu verzichten. Sie sind Schlüsselkinder, von klein auf zur Selbstständigkeit erzogen. Schon die Kindheit ist durchstrukturiert und behütet. Vom Kindergarten geht es in die Polytechnische Oberschule mit Heimatkunde- und später Staatsbürgerkundeunterricht. Aus Jungpionieren werden Thälmann-Pioniere und schließlich FDJler. Sie sammeln Altpapier und Flaschen für die SERO-Annahmestellen und das eigene Taschengeld, engagieren sich für internationale Solidarität. Fleiß und Hilfsbereitschaft sind die Währung des sozialistischen Staates, der ein klares Weltbild von sowjetischen Bruderstaaten und imperialistischen Feinden früh an den Nachwuchs vermittelt.

Mit dem Erwachsenwerden zeigen sich größere Risse im simplen Gut-gegen-böse-Weltbild. Um Freiheit zu spüren, zumindest im Kopf, sucht man sich Nischen und Subkulturen. Als Exit-Strategie funktioniert auch das Reisen, per Jugendtourist oder als Trampende, immerhin an den Balaton, in den Kaukasus oder ans Schwarze Meer, wo diese Generation Internationalität, aber auch die Macht harter Währungen erfährt. Die Lethargie eines Staates, der hauptsächlich den Mangel verwaltet, desillusioniert sie Ende der 1980er Jahre. „Das selbe Land zu lange geseh’n. Die selbe Sprache zu lange gehört. Zu lange gewartet, zu lange gehofft. Zu lange die alten Männer verehrt“, singt die Rockband Pankow 1988 in ihrem Song „Langeweile“.

Als die Mauer fällt, ist die Generation Mitte bis Ende 20 – gerade noch jung genug, um neu anzufangen. Die Welt steht scheinbar offen. Sie können reisen, konsumieren, was sie nur aus dem Westfernsehen kennen, sich die Arbeit suchen, die ihnen gefällt, auch wenn dafür die eine oder andere Umschulung nötig ist. Schnell teilt sich die Generation in eilig Gehende und abwartend Bleibende. Die meisten der Fortgegangenen profitieren vom Wegzug, den Jobs entgegen. Die Gebliebenen trotzen den Konjunkturdellen und ziehen einen Nutzen aus niedrigeren Lebenshaltungskosten im Osten. Den Frust über den Stillstand im alten Land haben gleichwohl beide Gruppen gegen den Frust über das medial oft verzerrte Bild der Ostdeutschen unter westdeutscher Deutungshoheit eingetauscht.