Echt | MDR FERNSEHEN | 05.08.2020 | 21:15 Uhr Quarantäneschädlinge – Gefährliche Insekten
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2014 steht der Garten von Ehepaar Kellert aus Rothensee bei Magdeburg noch voller Bäume. Doch von einem Tag auf den anderen müssen sie gefällt werden. Gefahr in Verzug – wegen des Asiatischen Laubholzbockkäfers. Ein eingeschleppter, so genannter Quarantäneschädling. ECHT-Moderator Sven Voss trifft Mitarbeitende der Landesanstalt für Pflanzenschutz und erkundet, warum der Kampf dagegen so mühsam ist.
Den Garten liebt das Ehepaar Kellert aus Rothensee bei Magdeburg über alles. Darin stehen Äpfel, Birnen, Kirschen – robuste Obstbäume bis zu 100 Jahre alt und kerngesund. Über mehrere Generationen war das Gelände ein Bauernhof. Irgendwann entscheiden sich die Kellerts, die Landwirtschaft aufzugeben. Ein paar Hühner, Gemüsebeete und die Streuobstwiese bleiben. Doch vor sechs Jahren müssen von einem Tag auf den anderen plötzlich alle diese Obstbäume gefällt werden. Und nicht nur das: Auch im Umkreis von 100 Metern werden Laubbäume abgeholzt, die bisher Verkehrslärm und Wind abschirmten. Darunter die vier alten Linden vor dem Haus. Jetzt fällt der Blick der Kellerts stattdessen auf eine alten grauen Plattenbau ...
Gefahr in Verzug – wegen eines kleinen Insekts. Der Asiatische Laubholzbockkäfer ist normalerweise in China heimisch. Doch die Welt hat sich vernetzt und die gefährlichen Larven sind mit auf die Reise gegangen. Eingenistet in Verpackungsholz, kamen sie per Schiff oder Frachtflugzeug zu uns. Vom Grundstück der Kellerts in Rothensee ist der Magdeburger Hafen tatsächlich nicht weit.
Fast 10.000 Bäume in Magdeburg gefällt
Äußerlich ähnelt der Asiatische Holzbockkäfer heimischen Arten. Er legt seine Eier in Baumstämmen ab und die Larven fressen sich dann über Jahre durchs Holz. Und genau deshalb zählt er bei uns zur gefürchtetsten Kategorie: Er ist ein Quarantäneschädling. Rund 10.000 Bäume fielen ihm allein in Magdeburg zum Opfer.
Fernglas, Baumkletterer und Suchhunde
ECHT-Moderator Sven Voss trifft Mitarbeiter der Landesanstalt für Pflanzenschutz. Hochkonzentriert begutachten sie mit Ferngläsern Baum für Baum. Baumkletterer steigen hinauf, suchen von oben alles ab, zusätzlich sind spezialisierte Suchhunde im Einsatz. Werden sie fündig, müssen alle Laubbäume im Umkreis von 100 Metern gefällt und das Holz in Müllverbrennungsanlagen vernichtet werden. Das gilt für öffentlichen genauso wie für privaten Grund. Im Umkreis von zwei Kilometern wird eine Quarantänezone eingerichtet. Von hier aus darf kein Holz abtransportiert werden.
Vier Jahre lang werden dann alle Bäume innerhalb der Zone regelmäßig akribisch untersucht. Wird in dieser Zeit kein Käfer gefunden, entfällt der Quarantäne-Status.
Auf der EU-Liste: 23 Schädlinge
Der Asiatische Laubholzbockkäfer ist nicht der einzige Quarantäneschädling. Es gibt eine Liste der EU: 23 Schädlinge sind derzeit darin aufgeführt, nach Europa eingeschleppt bedrohen sie inzwischen einheimische Pflanzen bzw. Bäume. Dazu zählt auch die Kiefernholz-Nematode. Dieser winzige Fadenwurm sorgt in Portugal bereits für großflächiges Waldsterben. In Bayern wurden bereits erste Quarantänezonen eingerichtet, weil der Asiatische Moschusbockkäfer gesichtet wurde.
Am Julius Kühn-Institut, der Forschungseinrichtung des Bundes für Kulturpflanzen mit Sitz in Quedlinburg und Braunschweig, sind die Experten alarmiert. ECHT fragt nach: Wie bedroht sind unsere Ahorne, Birken, Pappeln, Kastanien oder Weiden? Wie können wir uns schützen?