Mobilität Das Auto der Zukunft – Was treibt uns an?
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Wie werden wir uns in Zukunft fortbewegen? Mit welchen Autos werden wir fahren? Klar ist – es muss sich etwas ändern. Die Politik verweist auf vielsprechende Ideen und Projekte. Kann der ID.3 als neues "Volks-Elektroauto" aus Zwickau den Durchbruch schaffen? Neben dem E-Auto steht der Antrieb per Wasserstoff und Brennstoffzelle im "Wettstreit der Systeme". "ECHT!" blickt exklusiv in die Fertigungshalle nach Sachsen und fragt Experten, wann die Autos wie von selbst fahren.

All das hätte sich Michael Zetzsch nicht träumen lassen: 1988 schraubte er beim VEB SACHSENRING noch den Trabi zusammen. Dann kam die Wende und Volkswagen stieg groß in Zwickau ein.
"Elektro-Volkswagen" aus Zwickau
Sechs Millionen Fahrzeuge wurden seitdem in der sächsischen Fabrik produziert. Autos mit Verbrennungsmotor.
Nun passiert hinter den Mauern der Fabrik die nächste industrielle Revolution. Allein 2020 sollen dort 100.000 Elektrofahrzeuge vom Band gehen. Noch sind nicht alle Baureihen bekannt, das Design: TOP-Secret.
Verbrauch, Reichweite, Batteriekapazität – Michael Zetzsch weiß alles über das Elektroauto ID.3, das in Zwickau gebaut und als neuer "Elektro-Volkswagen" angepriesen wird. Zetzsch ist heute Leiter der Kundendienstwerkstatt und begleitet die Produktion des ersten E-Autos in Großserie, das den Durchbruch der Elektromobilität befördern soll. Immerhin investierte VW 1,2 Milliarden Euro in das nunmehr größte und leistungsfähigste Elektro-Autowerk Europas.
Das E-Auto: Reichweite, Ladesäulen, Preis umstritten
Ob auch die Kundschaft bei der großen Elektro-Offensive mitmacht, die Bundeskanzlerin Merkel ausgerufen hat, weiß Zetzsch freilich nicht. 2020 sollten hierzulande bereits eine Million Elektrofahrzeuge über die Straßen rollen, tatsächlich sind es bislang 136.617.
Die Zulassungsquote für Fahrzeuge mit alternativen Antrieben ist auf Mitteldeutschland bezogen vergleichsweise schlecht. Von den deutschlandweit zugelassenen Elektro-Autos entfallen nur rund drei Prozent auf Sachsen, zwei Prozent auf Thüringen und ein Prozent auf Sachsen-Anhalt. Keine große Reichweite, zu wenige Ladesäulen, viel zu teuer – so lauten die Argumente gegen das E-Auto. Zetzsch hält dagegen: Der Grundpreis des ID.3 liege um die 30.000 Euro, mit Abzug der Prämie bei 23.500 Euro. Das sei für einen Neuwagen bezahlbar. Um das zu erreichen, sei die ID.3-Karosse beispielsweise nicht aus teurem Spezialkunststoff gefertigt, sondern aus dem guten alten Autoblech. Übrigens bleibe das Fahrwerk nach einem Baukasten-System für alle E-Modelle das gleiche. 70 sollen das bis 2028 sein!
Wem die Reichweite von 330 Kilometern zu gering sei, meint Zetzsch, der komme mit der leistungstärkeren Batterie sogar bis zu 550 Kilometer weit. Das allerdings wäre auch weit teurer. Bleibt die Frage nach dem Netz der Ladesäulen. Vor zwei Jahren waren es bundesweit nur 7.000, heute sind es 24.000. Davon stehen 1.855 in Mitteldeutschland.
Brennstoffzelle: Eigentlich unschlagbar, aber ...
Im "Wettstreit der Systeme" steht auch die Brennstoffzelle als Antrieb der Zukunft. Getankt wird Wasserstoff, was aus dem Auspuff kommt, ist nichts als Wasser. Umweltfreundlicher geht es kaum, argumentieren die Befürworter dieser Technologie.
Einer davon ist Thomas von Unwerth, Professor für Alternative Fahrzeugantriebe an der TU Chemnitz. Der gelernte Werkzeugmechaniker legt sich bis heute selbst unter den Wagen. Seine Laufbahn begann er nach dem Maschinenbau-Studium bei VW, wo er an der Entwicklung des ersten Prototypen mit Brennstoffzelle beteiligt war. Im chinesischen Schanghai verantwortete er den Aufbau einer ganzen Flotte.
Als sich Volkswagen dann jedoch gegen die Technologie entschied, wechselte Unwerth an die Universität, "um einfach mit mehr Nachdruck an der Technologie forschen zu dürfen und zu können". Er schwärmt: "Jede Art der Energieanwendung, in Häusern oder sonstwo, können wir prinzipiell mit Wasserstoff bewerkstelligen, denn wir erzeugen in solch einer Brennstoffzelle elektrische Energie und Wärme." Tatsächlich scheint sie unschlagbar, sind die damit betriebenen Autos doch nicht nur abgasfrei, sondern anders als E-Mobile in nur wenigen Minuten vollgetankt. Die Brennstoffzelle muss nicht langwierig geladen werden, sondern produziert den Strom selbst. Allerdings kostet so ein Fahrzeug heute noch um die 80.000 Euro, weil es in Kleinserie gefertigt wird. Und noch einen Nachteil gibt es: den schlechteren Wirkungsgrad, den auch von Unwerth nicht bestreitet.
Stichwort: Wirkungsgrad
Beim Elektrofahrzeug muss der Windstrom "nur" transportiert und gespeichert werden, dabei gehen 20 Prozent des Stroms verloren.
Beim Wasserstoffauto sieht die Bilanz deutlich schlechter aus: Durch Elektrolyse wird Wasserstoff hergestellt, der muss zur Tankstelle und wird dann wieder in der Brennstoffzelle in Strom zurückverwandelt. Auf diesem Weg bleiben nur 30 Prozent des Stroms übrig.
Ob Elektroauto oder Brennstoffzelle – der Schlüssel zu beiden Technologien ist der Strom. Forscher wie von Unwerth setzen auf Windstrom, auf eine grüne Energiewende, die zugleich für belastbare Netze sorgt. Vermutlich rollen in 30 Jahren Autos mit Elektro- und Wasserstoffantrieb über unsere Straßen.
Die Vision vom Autonomen Fahren
Damit die hypermodernen Fahrzeuge dann nicht bloß schneller im Stau stehen, arbeiten Verkehrsexperten an der Vision vom Autonomen Fahren. Danach wären Autos voll vernetzte, rollende Computer, also wie Roboter, die nicht mehr von Menschenhand gelenkt werden. Aus Fahrern würden Passagiere. Auch wenn es oft anders klingt: Verkehrsforscher wie Siegfried Brockmann vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) glaubt, dass "wir hier noch von einer ganz fernen Zukunft reden". Vielleicht sei es soweit in 30 Jahren. In absehbarer Zeit sieht er automatisierte Fahrzeuge nur auf Autobahnen. Denn: "Wenn man weiß, dass ein Mensch alle drei Millionen Kilometer einen Unfall verursacht oder anders gesagt: alle 216 Jahre – das muss die Technik erstmal schlagen." Auch rechtliche Fragen wie die der Haftung bei Unfällen sei noch nicht geklärt. Und doch sind die ersten Testfahrzeuge schon autonom unterwegs, nicht nur auf amerikanischen Highways, sondern auch auf deutschen Autobahnen.
Die Entwicklung schreite voran. Mit einem bezahlbaren Brennstoffzellenauto rechnet er in zehn Jahren. Doch schon 2020 zeichnet sich ab, ob der Systemwechsel vom Verbrennungsmotor hin zur Elektromobilität eingeläutet wird.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | ECHT! | 27. Mai 2020 | 21:15 Uhr