Rolf Hoppe: Ein Weltstar mit Heimweh

07. Dezember 2010, 08:41 Uhr

Mit seiner Darstellung eines Nazi-Generals in István Szabós Film "Mephisto" wurde Rolf Hoppe zum Weltstar. Doch er blieb seiner sächsischen Heimat treu und das große Geld machte er auch nicht.

Rolf Hoppe wollte in Urlaub fahren. Doch der Sommer 1979 sollte anders kommen und sein ganzes bisheriges Leben verändern: István Szabó kam ins Staatstheater Dresden. Nicht nur einmal. Der namhafte ungarische Filmemacher warb vehement um Hoppe, ja, bedrängte ihn förmlich. Doch Rolf Hoppe hatte den Töchtern Josephine und Christine fest versprochen: Diesmal gibt es einen gemeinsamen Urlaub an der Ostsee. Den begehrten Ferienplatz hatte er sich längst gesichert ...

Familienurlaub in Budapest

Szabó plante für "Mephisto", dem zur Legende gewordenen Film über die Korrumpierbarkeit eines Schauspielers in der Nazi-Diktatur. Und Hoppe war neben Klaus-Maria Brandauer ein Eckpfeiler in Szabós Konzept: der General, der verführerische Nazi-Bonze, leutselig wie gefährlich. Der Regisseur machte aus der Not eine Tugend, lud nicht nur Hoppe, sondern gleich dessen ganze Familie mit zum Drehort ein. Das überzeugte, erzählt Rolf Hoppe: "Ich habe dann im Studio gearbeitet. Und die Mädchen haben auf der Budapester Margareteninsel gebadet. 'Mephisto' ist vielleicht nicht der mir persönlich liebste Film - schon, weil ich damals 50 und ein gestandener Schauspieler war - aber er wurde mein wichtigster, weil international erfolgreichster Film. Leider war ich so dumm, nicht zur Oscar-Verleihung nach Hollywood zu fahren. Heute würde ich das sicher anders machen."

"Als Ostdeutscher wollte ich die Welt sehen"

Brandauer drehte nach "Mephisto" einen "James Bond"-Film - Hoppe dagegen blieb lieber daheim in Sachsen, wo Peter Schamoni 1983 "Frühlingssinfonie" in Leipzig und Dresden realisierte. Eine Westproduktion über die Liebe von Clara und Robert Schumann. Rolf Hoppe als ehrgeiziger Vater Claras vereinnahmt mit stählerner Strenge die eigene Tochter; und spielt mit Nastassja Kinski und dem damals 27-jährigen Herbert Grönemeyer zwei angesagte Stars schier an die Wand. Ein Programmkino-Hit. Anderen Projekten war weniger Erfolg beschieden. Hoppe wählte aus der Flut der Angebote gern jene aus, die ihn an exotische Plätze führten: "Ich habe in China gedreht; dort war das Kantinen-Essen vorzüglich. Und in der Schweiz, Italien, weiß Gott wo. Ich wollte als Ostdeutscher eben die Welt sehen. Da war ich - wenn man so will - schon in den 1980er-Jahren privilegiert. Und der Brandauer wollte mich immer mitschleppen als Freund und Film-Partner, hat mich dann auch beim 'Jedermann' in Salzburg reingeschwatzt."

Für die Spesen gespielt

Doch als Weltbürger will Hoppe nicht gelten: "Ich bin ein Dresdner, eine Sachse, der im thüringischen Ellrich geboren wurde. Und basta!" Auch das große Geld macht er mit seinem Star-Ruhm nicht. Die Gagen wurden zwar in Westgeld gezahlt, aber gleich wieder an staatliche Stellen der DDR abgeführt: "Im Grunde habe ich für die Spesen gespielt. Und davon - weil wir ja am Set beköstigt wurden - konnte ich meinen Töchtern mal eine schöne Jeans kaufen." Und so fand er seine vielleicht größte Herausforderung nach "Mephisto" in der DDR-Fernsehserie "Sachsens Glanz und Preußens Gloria": Er spielt hinreißend töricht den überforderten Sohn August des Starken, den Schwachen, wie er sagt: "Das war ja ein enormer Wurf von Regisseur Hans-Joachim Kasprzik, der mich immer gern besetzt hat und sehr mochte. Wir haben zwei Jahre lang zwischen Leningrad, Potsdam, Rudolstadt und Dresden gedreht. Irgendjemand hat mal ausgerechnet, dass die Serie nach heutigen Maßstäben und Verhältnissen 50 Millionen Dollar gekostet haben soll. Und ich mag die auch noch immer gerne sehen."

"König der Nebenrolle"

Hoppes Karriere geht auch nach 1989/90 ohne Brüche weiter: Zwar verdingt er sich unter anderem in TV-Massenware, "was ich nie wollte", wie er sagt; doch mit seinem herrlich depperten Alt-Nazi in "Schtonk!" (1992) oder seinem verschmitzt-altersweisen Rabbi in "Alles auf Zucker!" bleibt er als "König der Nebenrolle" einprägsam im Geschäft. "Jetzt besetzen sie mich wegen meines schönen Rauschebarts, meiner liebsten Maske, als alten Juden. Das ist doch schön: Ich wollte ja immer viele Rollen spielen wie ein Tischler, der nicht nur Tische, sondern auch Stühle und Schränke macht. Und so habe ich mir alle Träume im Beruf erfüllt: 400 Rollen, da bleibt nichts offen."

Keine Angst vorm Ende

Gerade hat er in Berlin einen Kinofilm abgedreht: "Dort spiele ich einen Oberst, der Gutes will und Böses tut. Ich denunziere den nicht, zeige ihn als - in der Sache - gläubigen Menschen." Er habe seine Familie mit der Arbeit ernähren können, was nicht immer leicht gewesen sei, so Hoppe weiter. Und zeigt keine Angst vorm Tod: "Der Tod gehört zum Leben. Und wer weiß: Vielleicht ist er das Schönste, das immer am Schluss kommt. Wir werden sehen."

Über dieses Thema berichtete der MDR im TV: Brisant | 02.02.2017 | 17:15 Uhr