Löschfahrzeuge der Feuerwehr im Nachteinsatz - Flammen schlagen durchs Fenster während des Brandes der Anna Amalia Bibliothek in Weimar.
Die brennende "Anna Amalia Bibliothek" in Weimar Bildrechte: imago/suedraumfoto

Anna-Amalia-Bibliothek: Verheerender Großbrand und ein kleines Wunder

02. September 2020, 12:28 Uhr

Ein simpler Kabelbrand hatte am 2. September 2004 einen verheerenden Großbrand in der Weimarer "Herzogin Anna Amalia Bibliothek" ausgelöst. Mehr als 50.000 unschätzbar wertvolle Bücher verbrannten, 118.000 wurden zum Teil schwer beschädigt. Es war der größte Bibliotheksbrand in der deutschen Nachkriegsgeschichte.

Den Einsatzkräften der Feuerwehr und hunderten Weimarer Bürgern bot sich am Abend des 2. September 2004 ein fürchterliches Bild: Der Dachstuhl der weltberühmten "Herzogin Anna Amalia Bibliothek" stand lichterloh in Flammen. Die Feuerwehr konnte den Großbrand erst nach Stunden im zweiten Geschoss des Rokokosaals aufhalten. Noch während des Brandes wurden etwa 28.000 Bücher aus dem Gebäude gerettet. Tausende weitere Bücher bargen im Verlauf der Nacht Feuerwehr und Weimarer Bürger, die eine Menschenkette gebildet hatten, aus den Trümmern der Bibliothek. Dennoch "regnete" es auch zwölf Stunden nach dem Brand aus dem Himmel über Weimar verkohlte Buchseiten.

Schlimme Verluste

Blick in den bei einem Brand schwer beschädigten Rokokosaal der Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar, in dem Reste wertvoller Buchbestände liegen
Verbrannte Bücher im Rokokosaal Bildrechte: picture alliance / dpa | Martin Schutt

Der Großbrand vernichtete insgesamt mehr als 50.000 Bücher. Es waren allesamt unschätzbar wertvolle Einzelstücke aus dem 16. bis 18. Jahrhundert. Sie waren meisterhaft gedruckt, illustriert, von Hand gebunden und an den Seitenrändern mit Anmerkungen berühmter Gelehrter versehen. Zerstört wurde aber auch die Musikaliensammlung der Herzogin Anna Amalia, ein Großteil der Bibelsammlung, sowie historische Gemälde. Weitere 118.000 Bücher wurden durch Feuer, Hitze, Rauch oder Löschwasser teils schwer beschädigt. Verloren war aber auch die historische Bausubstanz. Der Schaden wurde auf wenigstens 67 Millionen Euro geschätzt. Es handelte sich um den größten Bibliotheksbrand in der deutschen Nachkriegsgeschichte.

UNESCO-Weltkulturerbe

Die Bibliothek war 1691 als "Herzogliche Bibliothek" von Herzog Wilhelm Ernst in Weimar gegründet worden. Anlässlich des dreihundertjährigen Jubiläums 1991 hatte sie den Namen der Herzogin Anna Amalia, die eine große Förderin des Bibliothek gewesen war, verliehen bekommen. Im Bestand der Bibliothek, die auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes steht, befanden sich insgesamt fast eine Million Bücher, darunter die weltweit größte Sammlung zu Goethes "Faust". 2003 war glücklicherweise ein großer Teil des Bestandes ausgelagert und in einem modernen Archiv deponiert worden.

Restaurierung, Neuankauf und Wiedereröffnung

Der Rokokosaal der Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar
Der Rokokosaal der Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar Bildrechte: IMAGO/epd-bild/MaikxSchuck

Zwischen 2004 bis 2018 wurden, laut Angabe der "Herzogin Anna Amalia Bibliothek", 56.000 ruß- und rauchgeschädigte Bücher gereinigt und konservatorisch versorgt, 37.000 Bücher mit Einbändschäden fast vollständig restauriert. An den Restaurierungsarbeiten beteilligten sich renommierte Institute und Werkstätten in ganz Europa. Etwa 10.000 Bücher konnten mittlerweile auf dem Antiquitätsmarkt wiederbesorgt werden. Die Restaurierung des Gebäudes war im Sommer 2007, drei Jahre nach dem schlimmen Brand, abgeschlossen. Am 24. Oktober 2007, dem 268. Geburtstag der namensgebenden Herzogin Anna Amalia, wurde die Bibliothek durch den damaligen Bundespräsident Horst Köhler wiedereröffnet.

Ein kleines Wunder

Weimar Anna Amalia Bibliothek
Anna Amalia Bibliothek in Weimar Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Bei all den schrecklichen Verlusten, die durch den Brand entstanden waren - es gab auch Momente des Glücks, wie die "Thüringer Allgemeine" 2014 berichtete. Neun Jahre nach dem Großbrand entdeckten Mitarbeiter der Bibliothek in einem grauen Karton, der jahrelang unbeachtet in der Ecke einer Werkstatt herumgestanden hatte, eine verloren geglaubte Kostbarkeit: die 1543 in Nürnberg erschienene Erstausgabe des Hauptwerkes von Nikolaus Kopernikus, "De Revolutionibus Orbium coelestium, Libri VI." Das Werk war aber nicht, wie vermutet, verbrannt, sondern in den Wirren der Aufräumarbeiten wohl einfach übersehen worden. Der Wert des Buches: etwa 1,4 Millionen Euro.

Über dieses Thema berichtete der MDR auch im TV: 20.02.2020 | 19:00 Uhr