Ein Junge der Breakdance tanzt
Bildrechte: colourbox

1 985: Der Film "Beat Street" macht Breakdance in der DDR bekannt

25. Oktober 2010, 13:53 Uhr

Seit den 1980er-Jahren entwickelte sich auch in der DDR eine Breakdance-Szene. Zunächst argwöhnisch beäugt, wurde Breakdance als "akrobatischer Showtanz" anerkannt.

Aus Sicht der DDR-Kulturwächter war es schon ungeheuerlich, was da via Westfernsehen aus dem "kapitalistischen Ausland" in die DDR schwappte: Coole Jungs, die mit robotergleichen Bewegungen zu seltsamer Musik tanzten. In der DDR fanden sich schnell Nachahmer, die in selbstgenähten Jogginganzügen und zur Musik aus dem Kassettenrekorder einen Hauch von Rebellion lebten. So wurden Berlin, Leipzig und Dessau Mitte der 1980er-Jahre zu Hochburgen des Breakdance in der DDR.

Ursprung der Bewegung

Bei ARD und ZDF gab es Anfang der 1980er-Jahre die ersten Bilder der seltsam zu pochenden Rhythmen tanzenden Jugendlichen. Als eine Art Befreiungstanz, Ausdruck jugendlicher Rebellion, war Breakdance Anfang der 1970er-Jahre in den Ghettos von New York geboren. Auch DDR-Jugendliche begeisterten sich dafür. Der Hauch von Freiheit und Anderssein, der dem Breakdance als Teil der Hip-Hop-Bewegung damals anhaftete, trug das Seine dazu bei. In den 1980ern etablierten sich Tanz und Lebensart zu einem festen Bestandteil in der jugendlichen Subkultur der DDR.

Argwöhnisch betrachtet

Auf die DDR-Kulturwächter wirkte die wachsende Hip Hop- und Breakdance-Anhängerschaft nicht nur befremdlich, sie sahen darin die sozialistischen Grundwerte bedroht. Schließlich war die Welle aus dem Westen, schlimmer noch aus dem Mutterland des Kapitalismus, über die Mauer geschwappt. In den Anfangszeiten führte die Volkspolizei daher regelmäßig die auf den Straßen von Leipzig, Berlin und Dessau tanzenden Jugendlichen zum Verhör ab.

Dabei verrenkten sich die DDR-Breakdancer in den wenigsten Fällen um des politischen Protestes willen. Das musste schließlich auch die Parteispitze einsehen, gegen den Einfluss von westlicher Musik ließ sich in dieser Zeit ohnehin nur noch wenig ausrichten. So wurde ab Mitte der 1980er-Jahre aus dem verteufelten Breakdance ganz offiziell "akrobatischer Showtanz", im "Volkskunstkollektiv" organisiert. Eben noch mit dem Druck der Staatsgewalt von den Straßen geführt, sah sich so manch talentierter Breakdancer plötzlich für Geld an den Mächtigen des Politbüros vorbeitänzeln.

Improvisationstalent und Bastelcharme

Breakdance lebt von der Musik, von gekonnten Moves und natürlich vom richtigen Style. Die richtigen Platten besorgten sich Beatschmidt, Magic Mayer und Co. auf verschlungenen Wegen aus dem Westen, bauten Monorekorder zu Ghettoblastern um. Die Breakdance-Bewegungen schauten sich die Anhänger der wachsenden Szene im Fernsehen ab und übten sie vor dem Spiegel oder den Schaufenstern der Innenstädte ein.

Der besondere Charme der eingeschworenen Gemeinschaft erwuchs aber vor allem aus dem ungeheuren Improvisationstalent in Sachen Styling. Mit Handschuhen aus Krankenhäusern oder Muttis Hochzeitsausstattung, mit selbstgenähten Trainingsanzügen aus Fahnenstoff und einem dritten Filzstiftstreifen an den Germina-Tretern wurden aus uniformen FDJlern hippe Breakdancer.

Als 1985 der Film "Beat Street", heute ein Klassiker des frühen Hip Hop, in die DDR-Kinos kam, brach er alle Dämme und wurde zu DER Inspirationsquelle. Zugelassen war der US-Film nur, weil ihn der in der DDR anerkannte Harry Belafonte mitproduziert hat. Dutzende Male hatte sich so mancher DDR-Breakdancer den Streifen über tanzende Jugendliche in der New Yorker Bronx im Kino angeschaut.

Das Ende einer Subkultur

Trotz aller Vereinnahmung durch den Staat blieb die Breakdance-Szene der DDR in erster Linie eine Untergrundbewegung, die vom Selbstinszenierungsdrang ihrer Anhänger lebte. 1989 ist damit größtenteils Schluss. Die Szene scheint mit dem Fall der Mauer ihres stärksten Motors beraubt. Westliche Klamotten und Musik, auch den lang ersehnten Hauch von Freiheit, gab es nun an fast jeder Ecke.