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Das bisschen Haushalt...Der Haushaltstag: Einer für alle?

18. November 2021, 09:37 Uhr

Im Dezember 1991 konnte er zum letzten Mal von den Frauen in den neuen Bundesländern in Anspruch genommen werden: der Haushaltstag. Im Amtsdeutsch "Hausarbeitstag" und im Volksmund schlicht "Waschtag" genannt, stand er jahrzehntelang zwischen Anspruch und Wirklichkeit bei der Gleichberechtigung von Mann und Frau.

Der Ursprung des Haushaltstages geht zurück auf eine Zeit, in der an ein modernes Arbeits- und Familienrecht, wie es heute Gültigkeit hat, noch längst nicht zu denken war. Bereits die Arbeitszeitordnung von 1891 erlaubte den vorzeitigen Arbeitszeitschluss für Frauen vor Sonn- und Feiertagen. Eine Würdigung der tatsächlichen Belastung der berufstätigen Frauen, die, entsprechend des damaligen Rollenbildes, meist auch Hausfrau und Mutter waren.

Erbe des Nationalsozialismus

An diese Sonderregelung knüpften die Nazis an, wie die Historikerin Carola Sachse von der Universität Wien erforschte. 1939 gab es erste Überlegungen für einen monatlichen Hausarbeitstag, der als Vergünstigung von der Gewerbeaufsicht oder von den Unternehmen selbst gewährt werden konnte. Die Initiative erlangte jedoch erst 1943 Gesetzeskraft, mit der "Anordnung über Arbeitszeitverkürzung für Frauen, Schwerbeschädigte und minderleistungsfähige Personen" vom 22. Oktober des Jahres.

Der Hintergrund dafür war es nicht unbedingt, den Frauen eine Wohltat erweisen zu wollen, sondern es (der Hausarbeitstag) war eigentlich eine Disziplinarmaßnahme.

Carola Sachse, Professorin für Zeitgeschichte an der Universität Wien

Es war also nicht Fürsorge, die die Verantwortlichen leitete: Vielmehr war es eine Reaktion auf die Belastungen, denen die Frauen ab 1943 in den Betrieben ausgesetzt waren, schließlich kämpften die meisten Männer an der Front. Entziehen konnten sie sich der Schufterei in den Betrieben kaum, wurde doch "Arbeitsbummelei" in dem von den Nazis ausgerufenen "Totalen Krieg" schwer bestraft. Abgesehen davon war der noch unbezahlte monatliche Hausarbeitstag nur deutschen Frauen mit einem eigenen Hausstand vorbehalten, die Kinder unter 14 Jahren zu versorgen hatten.

Haushaltstag wird Nachkriegsmodell

Bereits kurz nach dem Kriegsende brachten mehrheitlich die Kommunisten in den neu gebildeten Landtagen Gesetzesentwürfe zur Einführung eines monatlichen, bezahlten Hausarbeitstages ein. Die Initiative wurde mit großer Begeisterung aufgenommen und zumindest von den britischen und amerikanischen Besatzungsbehörden bestätigt. Ausgerechnet in der Sowjetischen Besatzungszone schien diese Idee nicht gut anzukommen. Die Sowjetische Militäradministration spielte nicht mit und blockierte die Gesetzesinitiativen der eigenen Genossen, stellte die Historikerin Carola Sachse fest.

Erst drei Jahre nach Gründung der DDR im Jahr 1952 wurde der Haushaltstag auch im Osten eingeführt. In der Bundesrepublik gab es unterschiedliche Regelungen auf Landesebene. In Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen wurde ein gesetzlicher Anspruch auf 12 bezahlte Hausarbeitstage im Jahr eingeräumt. Zu einer bundeseinheitlichen Regelung kam es nie.

Haushaltstag auch für den Mann?

Und schnell wurde die Sonderregelung in Ost und West zum Politikum. Während man sich in der DDR mit einem permanenten Fachkräftemangel konfrontiert sah und demzufolge nur ungern auf Personal verzichten wollte, ging es in der Bundesrepublik eher um die Frage einer etwaigen Benachteiligung des Mannes, wie Carola Sachse erklärt. Tausende Gerichtsverfahren im Westen und unzählige Petitionen im Osten waren die Folge. Im Jahr 1979 wurde der Haushaltstag in der Bundesrepublik durch das Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt. In der DDR ging man einen anderen Weg: Bereits ab 1965 wurde der Haushaltstag auch unverheirateten Frauen mit Kindern unter 18 Jahren zugestanden. Ab 1970 konnten ihn alle vollbeschäftigten Frauen und alleinstehende Männer in Anspruch nehmen.

Mit der Wende und dem neuen, bundeseinheitlichen Arbeitszeitgesetz wurde der Haushaltstag gänzlich abgeschafft. Im Dezember 1991 war Schluss mit der "Auszeit" einmal im Monat.

Über dieses Thema berichtete der MDR auch