Blumenstrauss in Vase.
Zum Muttertag werden traditionell Blumen verschenkt. Bildrechte: MDR Garten/Annett Zündorf

Im Schatten des Frauentags Muttertag in der DDR

14. Mai 2023, 05:00 Uhr

Natürlich wurde der Muttertag in der DDR offiziell abgelehnt, stattdessen wurde der Internationale Frauentag am 8. März zelebriert. Muttertag wurde trotzdem begangen – auch wenn das mit den Blumen nicht so leicht war.

Statt des Muttertags wurde in der DDR der Internationale Frauentag am 8. März gefeiert. Dabei standen die Selbstständigkeit und Gleichberechtigung der werktätigen Frau im Fokus der Feierlichkeiten. Trotzdem wurden die Frauen am Muttertag im privaten Kreis gerne verwöhnt – bekamen Kaffee gekocht oder Frühstück ans Bett. In vielen Familien in der DDR gab es auch die Tradition, am zweiten Sonntag im Monat Mai den Müttern Geschenke zu überreichen, zusätzlich zum obligatorischen Blumenstrauß.

Beliebte Geschenke zum Muttertag in der DDR

Orginal Verpackung der Hallorenkugeln
Hallorenkugeln waren ein beliebtes Geschenk zum Muttertag in der DDR, aber nicht immer leicht zu bekommen. Bildrechte: imago/Steffen Schellhorn

So durften sich Mütter damals über ein Fläschchen Mocca-Perle aus der Freyburger Sektkellerei freuen – wohlgemerkt, das waren zwei Zentiliter! – oder über ein paar Hallorenkugeln. Beides doch eher Bückware und deshalb umso besser geeignet, den Muttis Wertschätzung zu zeigen.

Besonders beliebt im Osten war abgeschnittener Flieder aus dem Park oder dem eigenen Garten, denn der war zum Termin des Muttertags leicht zu besorgen. Schwieriger war die Beschaffung eines Blumenstraußes aus den Läden der DDR-Floristen.

Fliederzweige in verschiedenen Pastelltönen stehen als Strauß in einer Vase auf einer Wiese.
Flieder blüht im Mai, riecht gut und war auch in der DDR verfügbar – ein idealer Begleiter zum Muttertag. Bildrechte: MDR/Teresa Herlitzius

Rosengrüße blieben in der DDR meist süße Träume. Die bittere Realität der Planwirtschaft sah anders aus: Außer den sozialistisch angehauchten Nelken, den leicht und billig zu züchtenden Gerberas sowie den eher mit Friedhof assoziierten – auch "Flamingoblume" genannten – Anthurien, gab es nicht sehr viel Auswahl an Schnittblumen zu kaufen.

Blumengrüße von West nach Ost

Wer weiter entfernt von seiner Mutter wohnte, hatte es da noch schwerer. Wie sollte der (Blumen-)Gruß die Mutter zuverlässig, rechtzeitig und in angemessener Form erreichen?! Die Lösung hieß: Fleurop. Trotz der Misere im DDR-Blumenhandel war es möglich, Blumengrüße zu verschicken – auch wenn es gelegentlich Probleme gab, wie das DDR-Fernsehen 1987 kritisch berichtete.

Der stets unter Devisenmangel leidenden DDR spülten Fleurop-Sträuße sogar harte Währung in die Kasse. Dafür sorgte eine Verrechnungsstelle in Berlin-Treptow, die Aufträge der West-Berliner Fleurop-Zentrale in Lichterfelde abrechnete. Nur in umgekehrter Richtung, von Ost nach West, ging es nicht, denn der West-Blumenhändler hätte in West-Mark bezahlt werden müssen, erinnert sich Lars Chrestensen.

Fleurop und ihre Erfurter Wurzeln

Er führt in Erfurt ein Geschäft für Saatgut und Pflanzen und ist Ururenkel von Lund Chrestensen – einem der Gründungsväter von Fleurop. Die 1908 gegründete Institution hieß bis 1931 allerdings noch, etwas sperrig, "Blumenspenden-Vermittlungsvereinigung".

Damit der Strauß von A nach B reisen muss, worunter Frische und Optik der Sträuße leiden würden, wurden die Aufträge für Blumensträuße an einem Ort aufgenommen und per Telegramm an ein Partnergeschäft am Wohnsitz des beschenkten übermittelt, das den Strauß zusammenstellte und auslieferte – auch später, zum Muttertag in der DDR.

Wer hat den Muttertag erfunden?

Am 12. Mai 1907 verteilte Ann Maria Jarvis beim Gedenkgottesdienst für ihre zwei Jahre zuvor verstorbene Mutter 500 weißen Nelken an andere Mütter – auf diese Weise wollte sie ihre Liebe zur Verstorbenen ausdrücken. Ein Jahr später wurde in derselben Kirche eine Andacht zu Ehren aller Mütter abgehalten.

Die Idee des Muttertages fand so viele Anhängerinnen und Anhänger, dass sie die USA eroberte. 1909 wurde der "Mother's Day" bereits in 45 Staaten der USA begangen. 1914 erklärte der Kongress den zweiten Sonntag im Mai offiziell und landesweit zum Muttertag. Zu Ehren der eigenen Mutter trug man eine farbige Nelke im Knopfloch. War die Mutter bereits verstorben, war die Nelke weiß.

Historische Glückwunschkarte zum Muttertag
Historische Glückwunschkarte zum Muttertag Bildrechte: IMAGO / Arkivi

100 Jahre Muttertag in Deutschland

Aus den USA schwappte die Idee nach Europa über. In Deutschland feiert der Muttertag 2023 seinen 100. Geburtstag. Am 13. Mai 1923 wurde er hierzulande erstmalig begangen – der Verband Deutscher Blumengeschäftsinhaber hatte dafür mit Plakaten "Ehret die Mutter" geworben.

Ab 1933 vereinnahmten die Nazis das Fest und nutzten es für ihre Propaganda. Es wurde als "Gedenk- und Ehrentag der deutschen Mütter" am dritten Mai-Sonntag gefeiert. Ab 1939 wurde an dem Tag das "Mutterkreuz", im Volksmund auch "Karnickelorden", an mehrfache Mütter verliehen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte die Bundesrepublik zum ursprünglichen Termin am zweiten Mai-Sonntag zurück, während die DDR den Muttertag zugunsten des Internationalen Frauentags aus dem offiziellen Kalender strich.

Der Artikel wurde im Mai 2016 erstmalig veröffentlicht und im Mai 2023 überarbeitet.

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR AKTUELL | 14. Mai 2023 | 21:45 Uhr

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