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FreizeitErholung | Steckenpferd | Hobby | Kulturbund

16. Februar 2010, 11:26 Uhr

Freizeit in der DDR: das war der Kinobesuch für wenig Geld, der hart erkämpfte Urlaubsplatz an der Ostsee, das Wochenende im Garten, der Kegelabend mit der Brigade, das Schmökern auf der Couch, die Flimmerkiste oder der Kneipenbesuch mit Freunden. Freizeit war wie überall der schönste Teil des Tages. Gern gesehen war die "sinnvolle Freizeitgestaltung". War sie gewerkschaftlich organisiert, stand die Kultur ganz hoch im Kurs. Theater- und Museumsbesuche mit der Brigade brachten wichtige Punkte für den sozialistischen Wettbewerb.

Steckenpferd Kleingarten

Hobbys gab es im offiziellen Sprachgebrauch nicht, dort hießen sie Steckenpferde. Man konnte ihnen organisiert oder privat Zucker geben. Ganz vorn auf der Hitliste stand die Laube im Grünen. Wenn die ersten Sonnenstrahlen lockten, bevölkerten sich alljährlich Tausende Kleingartensparten an den Rändern der Großstädte. Vor allem machte es Spaß, ein paar hundert Quadratmeter Ödland in eine grüne Oase zu verwandeln. Ärgerlich für viele Pächter, dass ihnen vorgeschrieben wurde, wie viel Rasenfläche sie in ihrer blühenden Fluchtburg anlegen durften. Angeregt durch den Verband der Kleingärtner Siedler und Kleintierzüchter (VKSK) gab es in den Sparten Wettbewerbe. Die Kleingärten wurden zunehmend zu einem wichtigen Faktor in der Versorgung der Bevölkerung. "Ein schöner Garten ist ein ertragreicher Garten", lautete das Motto. Es sollte dazu anregen, zusätzliche Vitamine an die Aufkaufstellen der HO und des Konsums zu liefern. Ähnliches galt für die Kleintierzüchter, die beispielsweise mit Kaninchen eine lukrative Möglichkeit hatten, das Haushaltsgeld aufzubessern. Antragslisten auf einen Garten waren lang. Bei der Vergabe wurde nicht selten geschummelt.

Lesen für die Stubenhocker

War die Gartensaison vorbei, stand, neben dem Kino, das Lesen ganz oben auf der Steckenpferd-Hitliste. Es war Leidenschaft und Ersatzbefriedigung für das Verbot, rund um die Welt reisen zu können. Lesen war ein billiges Vergnügen, denn Bücher kosteten nur ein paar Mark. Die Ausleihe in einer der zahlreichen Bibliotheken in den Städten und Gemeinden war gratis. Niedriger Preis, Lesewut und manchmal geringe Auflagen ließen begehrte Titel jedoch schnell zur Mangelware werden.

Staatlich gebremste Sammelleidenschaft

Ob Münzen, Grafiken, alte Bücher, Briefmarken, Porzellan oder militärische Orden und Ehrenzeichen - in der DDR wurde gesammelt, was das Zeug hielt. Und für alles gab es auch eine entsprechende staatliche Vereinigung. Das organisatorische Dach all dieser Sammelleidenschaften bot der 1945 gegründete "Deutsche Kulturbund", 1972 in "Kulturbund der DDR" umbenannt. Seine Aufgabe umriss Meyers Neues Lexikon folgendermaßen: "Der DKB orientiert sich auf alle Gebiete des geistig-kulturellen Lebens." Oberstes Organ war ein Bundeskongress, der einen Präsidialrat und ein Präsidium wählte. Zentrale Kommissionen für Wissenschaft, Kunst und Kultur, Fotografie, Natur und Heimat oder Philatelie leiteten die Grundeinheiten, Freundeskreise und Arbeitsgemeinschaften in den Bezirken und Kreisen an. 1970 vereinigte der Kulturbund 193.345 Mitglieder und gab sogar eine eigene Zeitschrift heraus: den "Sonntag".

Kulturbund: Unterstützung im Tauschgeschäft

Niemand musste im Kulturbund Mitglied sein, um beispielsweise Briefmarken zu sammeln. Aber im Gespräch mit Gleichgesinnten informierten sich die Philatelisten und tauschten Marken aus. Rund 70.000 Briefmarkensammler waren Mitglied des Philatelistenverbandes. Sie waren damit zugleich die größte Gruppe innerhalb des Kulturbundes. Gemeinsam gestalteten Sie Ausstellungen oder Tauschbörsen. Zugleich war die Verbandsmitgliedschaft förderlich, wenn man über die Grenzen hinweg Briefmarken tauschen wollte. Dies war staatlich geregelt und bedurfte einer gesonderten Genehmigung. Gleiches galt für Numismatiker oder Aquarianer, deren Arbeitsgruppen ebenfalls zum Kulturbund gehörten. Die Bibliophilen der DDR schlossen sich 1956 zu einer eigenen Arbeitsgemeinschaft zusammen, der Pirckheimer-Gesellschaft.

Freie Sammlermärkte

Wer außerhalb solcher Organisation seit Steckenpferd reiten wollte, musste sich allerdings eigene Tausch- und Informationsquellen suchen. Krammärkte in Polen oder Antiquariate in der CSSR galten als Geheimtipp. Aber auch im Inland gab es Möglichkeiten. Vor allem die "Wochenpost" bot mit ihrem Kleinanzeigenmarkt einen idealen Flohmarkt, auf dem sich viel entdecken ließ. Wer alte Bücher oder Marken aus Deutschland sammelte, durfte dann allerdings einen Hinweis nicht vergessen: "Vor 1933". Ohne diese Einschränkung hätte die Annonce nicht veröffentlicht werden dürfen.

Freizeit"Kulturtheorie von den Werktätigen, nach eigenen Bedürfnissen und Ermessen gestalteter Teil der freien Zeit nach Teilnahme am Arbeitsprozess; dient vor allem der Reproduktion der Arbeitskraft und zur Entwicklung der Persönlichkeit des Werktätigen, ist sowohl Mußezeit als Zeit für heitere Tätigkeit' (Marx). Der potentielle Wert der Freizeit ist von den gesellschaftlichen Verhältnissen, aber auch von den persönlichen Faktoren abhängig. - Im Sozialismus wird der antagonistische Widerspruch zwischen Arbeitszeit und Freizeit aufgehoben. Die Freizeit wird hier zunehmend für gesellschaftspolitische Tätigkeit, Kindererziehung, Muße, Wissenschaft und Bildung, Kunstgenuss, künstlerische Betätigung, Unterhaltung, Erholung u. Sport genutzt. Zugunsten dieser Tätigkeiten wird die Verkürzung der Wege- und Wartezeiten sowie die Zeit für Hausarbeiten gesellschaftlich angestrebt."(Quelle: MEYERS UNIVERSAL-LEXIKON, Band 2, VEB Bibliographisches Institut Leipzig 1980, S. 58)