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Der SpreewaldKähne, Gurken, Langsamkeit

11. September 2009, 10:59 Uhr

Der Spreewald war lange Zeit ländliches Idyll und Tagesziel für Sommerfrischler aus Berlin – inzwischen ist der Tourismus wichtigster Wirtschaftsfaktor in der Region.

Die Eiszeit hat hier ein Kleinod geschaffen: Sandgeschiebe und Moränenhügel im Urstromtal der Spree zwangen den Fluss, ein weit verzweigtes Delta zu bilden, mitten auf dem Festland. 15 Kilometer breit und 55 Kilometer lang schlängeln sich Flussarme und Kanäle durch die Niederungen der Lausitz, insgesamt 1550 Kilometer Wasserlauflänge haben die Geografen gezählt.

Im Sonderzug nach Lübben

Zu DDR-Zeiten war der Spreewald vor allem ein Naherholungsgebiet für Tagesausflügler. Die kamen mit Sonderzügen oder Sonderfahrten der Kraftverkehrsbetriebe aus Berlin oder Dresden, ließen sich ein wenig mit dem Kahn über die ruhige, kaum merklich fließende Spree staken, stellten sich am Imbissstand in die Schlange für Kaffee und Kuchen und brachten die ortstypischen Souvenirs mit nach Hause: Spreewaldgurken, Keramikkrüge oder Tischtücher mit Blaudruck-Muster.

600.000 Touristen wurden 1960 im Spreewald gezählt, 1975 waren es schon eine Million. Für 1990 gibt eine Statistik gerade einmal eine Übernachtungskapazität von 2000 Betten an – 2009 wurden weit über eine Million Übernachtungen registriert. Schon an diesen beiden Zahlen lässt sich sehen, wie stark sich der Tourismus in der Region entwickelt hat - vom Tagesgeschäft mit den Sommerfrischlern zu Mehrtagestouren mit vollem Programm.

Entschleunigung vom Alltagsstress

Besonders Freunde der beschaulichen Stille kommen im Spreewald auf ihre Kosten. Das Grün des Laubdaches scheint die Landschaft von der Hektik der Welt zu beschützen, die langgestreckten Dörfer kauern sich enger als anderswo an den Boden, der einst dem Morast abgewonnen wurde. Wie Inseln liegen die einstigen Kolonistenstädte in der wässrigen Landschaft – Inseln der Ruhe und der entspannten Stille.

Wer hier lebt, muss genügsam sein. Jahrhunderte lang trotzten die Bauern den kargen Böden alles, was sie zum Leben brauchten ab. Und die bäuerliche Kultur hielt sich hier länger als an anderen Orten – Reste davon sind in Form von Spreewaldgurken und Meerrettich bis heute vorhanden. Bis in die 60er-Jahre hinein waren einige der Dörfer nur über den Wasserweg zu erreichen, und noch immer wirken die Asphaltstraßen ein wenig wie Fremdkörper. Gefälliger passen sich da die neu geschaffenen Radwege in die größtenteils geschützte Landschaft – das Radwegenetz trägt nicht unwesentlich dazu bei, den Spreewald touristisch aufzuwerten. Heute kommen neben Holländern, Briten und Berlinern auch immer mehr Menschen aus den alten Bundesländern in den Spreewald – auf der Suche nach einer Stille, die selten geworden ist in der Welt.