Sex in der DDR Pornografie made in GDR?

Ein Film von Lutz Rentner und Frank Otto Sperlich

10. April 2018, 11:27 Uhr

Pornografie in der DDR - gab es das in einem Land, das sich auf sozialistische Moral und Ethik stützte und die Verbreitung von Pornografie strafrechtlich verfolgte? Die Dokumentation zeigt überraschendes und unterhaltsames Filmmaterial und spricht mit Zeitzeugen und Historikern über ein ganz besonderes Kapitel der DDR-Geschichte.

Pornografie war für die meisten DDR-Bürger kein Fremdwort. Auch im real existierenden Sozialismus gab es genügend Menschen, die sich für Erotik und Pornografie begeisterten. Doch mehr als einige verschämte Aktfotografien in der Kultzeitschrift "Magazin" war nicht zu haben - Grund genug für einige geschäftstüchtige Fotografen und Amateurfilmer, sich selbst um entsprechende Angebote zu kümmern. Und wie bei allen anderen Mangelerscheinungen erwiesen sich die DDR-Bürger auch bei der "sexuellen Reizbeschaffung" als sehr erfinderisch - beim Schmuggeln, Kopieren, Vertreiben und Filmedrehen.

Strafrechtlicher Tatbestand

In der DDR war Pornografie strafbar. Das Strafgesetzbuch legte im Paragrafen 125 das Strafmaß fest: "Wer pornografische Schriften oder andere pornografische Aufzeichnungen, Abbildungen, Filme oder Darstellungen verbreitet oder sonst der Öffentlichkeit zugänglich macht, sie zu diesem Zwecke herstellt, einführt oder sich verschafft, wird mit öffentlichem Tadel, Geldstrafe, Verurteilung auf Bewährung oder mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bestraft."

Doch die DDR-Bürger ließen sich weder von diesem Paragrafen noch von der propagierten Prüderie abschrecken. Immer wieder fanden sich Wege, sich pornografische Erzeugnisse aus dem Westen zu beschaffen. Der Zoll an den Transitstrecken durch die DDR hatte alle Hände voll zu tun. Immer wieder entdeckte er in Zügen und an Raststätten brisante Materialien. Doch vieles sickerte durch und gelangte trotzdem in die DDR. Hier versuchten sich dann Tüfftler an der Vervielfältigung des Materials.

Auch das Gerücht, dass die DDR pornografisches Material für den Westen drucke, hielt sich hartnäckig - spätestens seit Erscheinen des Romans "Die Entgleisung" der Thüringer Autorin Inge von Wangenheim im Jahr 1980. Die Story: Nachdem ein Güterzug entgleist, flattern aus den umgestürzten Waggons Porno-Magazine für den Westen, die bald im Ort spurlos versickern. Doch wurden in der wirklich DDR Porno-Magazine gedruckt? - Und in der Skatstadt Altenburg sollen Spielkarten mit Pin-Up-Motiven und kaschierten Sex-Szenen produziert worden sein.

Erotikstreifen in Filmzirkeln

Im Land kursierten allerorten kopierte Pornofilme aus dem Westen. Unter dem Deckmantel strengster Verschwiegenheit wurden sie in so manchem privaten Hinterzimmer aufgeführt. Im Verborgenen entstanden auch immer wieder selbstgedrehte private Erotik-Streifen. Sogar Amateurfilmzirkel von Volkseigenen Betrieben und Kombinaten taten sich auf diesem Gebiet hervor. Eigentlich sollten die Filmzirkel über Arbeitsschutz und Planerfüllung kurze Filme produzieren. Doch immer mal wieder entstanden dort auch mehr oder weniger freizügige Sexfilme. Selbst in Amateurfilmklubs der Nationalen Volksarmee wurden heimlich erotische Kurzfilme gedreht.

Private Erotikfilmer

Auch der Biologielehrer Helmut P. aus Sachsen-Anhalt war in seiner Freizeit begeisterter Erotikfilmer. Er produzierte erotische Kurzfilme in seinem eigenen Amateur-Filmstudio.

Mit seinen Filmen fuhr er als Gast auf Betriebsfeste oder in Jugendclubs. Vor jeder Aufführung ließ er das Publikum über das Programm abstimmen.

Dort haben wir gesagt: 'Wir haben einen Film über die Arbeit und einen Film über die Liebe mit. Jetzt stimmen wir doch mal in der Deutschen Demokratischen Republik demokratisch ab: Wer ist für diese und wer ist für jene Filmrolle?' - Und die meisten haben natürlich für die Liebe gestimmt!

Zeitzeuge Helmut P.

Micha S., Trickkameramann im DDR-Fernsehen, arbeitete auch in seiner Freizeit als Trickfilmer. Eines Tages hatte er die Idee, einen Trickfilm herzustellen, in dem Knetfiguren Sexszenen darstellten - ein abendfüllendes Hobby. Micha S. produzierte mit einer Super-8-Kamera im eigenen Keller. Nur im privaten Kreis zeigte er seinen Film.

Bald gab es bei der Staatssicherheit Fahnder, die gezielt auf die Erotikszene in der DDR angesetzt wurden. 1983 gelang es ihnen, im damaligen Karl-Marx-Stadt eine Kundenkartei mit 2.000 Namen auszuheben. Zu einem Strafverfahren kam es jedoch nicht - zu viele Namen von "angesehenen Genossen" fanden sich unter den Kunden.

Über dieses Thema berichtete der MDR auch im TV: Pornografie - Made in GDR? | 24.04.2018 | 22:05 Uhr