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Einstellung und RückbauDas Ende der Telefonzelle in Deutschland – nach 142 Jahren!

21. November 2022, 11:04 Uhr

Einst stand man Schlange vor der Telefonzelle, weil nur wenige Haushalte in der DDR ein Telefon hatten. Doch schon bald ist der öffentliche "Münzfernsprecher" in Deutschland endgültig Geschichte. Die Deutsche Telekom AG ist nicht mehr gesetzlich verpflichtet, Telefonzellen bereitzustellen. Es ist Zeit, von der guten alten Zelle, die seit der Jahrtausendwende oft nur noch eine Telefonsäule war, Abschied zu nehmen.

Mit dem Inkrafttreten der jüngsten Änderung im Telekommunikationsgesetz wurde "die flächendeckende Bereitstellung von öffentlichen Münz- oder Kartentelefonen inklusive der Erreichbarkeit der Notrufnummern 110 und 112" aus dem Katalog der Telekommunikations-Universaldienstleistungen gestrichen. So heißt es offiziell. Damit ist die Verpflichtung der Deutschen Telekom AG zur Sicherstellung dieser Universaldienstleistung erloschen. Konnten bislang sogenannte "unwirtschaftliche Pflichtstandorte" nur mit Zustimmung der betroffenen Kommune abgebaut werden, ist die Telekom nach neuer Rechtslage berechtigt, auch ohne kommunales Einverständnis ihre öffentlichen Fernsprecheinrichtungen zu entfernen. Kurz gesagt: Das Aus der Telefonzelle ist beschlossene Sache.

Ende einer Ära: das Aus für die Telefonzelle

Am 21. November 2022 wird an den bundesweit noch rund 12.000 verbliebenen Fernsprechern die Münzzahlung "deaktiviert". Das teilte die Telekom in Bonn mit. "Ab Ende Januar wird dann auch die Zahlungsfunktion mittels Telefonkarten und somit der gesamte Telekommunikationsdienst an den Telefonsäulen beziehungsweise -häuschen eingestellt", heißt es weiter. Bis Anfang 2025 sollen alle noch vorhandenen Telefonzellen aus dem Straßenbild verschwinden und abgebaut werden.

Schlangen vor der Telefonzelle - in der DDR war das keine Seltenheit. Als nach der "Wende" die ersten Zellen westdeutscher Bauart auftauchten, versammelte sich noch das ganze Dorf, um sie zu bestaunen – wie hier in Rückmarsdorf bei Leipzig. Erst durfte der Bürgermeister telefonieren, dann das Volk. Zur Feier des Tages waren die Anrufe kostenlos. Bildrechte: Mahmoud Dabdoub

Hinter diesen nüchternen Sätzen verbirgt sich eine Zeitenwende: Es ist nach 142 langen Jahren das Ende einer Epoche. Begonnen hatte sie 1881 in Berlin mit dem ersten sogenannten "Fernsprechkiosk". Damals hingen noch Telefonbücher in den Zellen. Doch die sind schon länger verschwunden.

Telefonzellen in der DDR: "Fasse dich kurz!"

Öffentlich zugängliche Fernsprechmöglichkeiten waren fester Bestandteil der Telekommunikationsinfrastruktur in der DDR, aber auch in der Bundesrepublik. In der DDR spielte das Telefonhäuschen insbesondere darum eine wichtige Rolle, weil ein Telefonanschluss in Privathaushalten nicht selbstverständlich war. Schlangen vor Telefonzellen waren keine Seltenheit. Oft hing in den Münzern deshalb ein Schild mit der Anschrift: "Fasse dich kurz!"

Der allmähliche Verfall öffentlicher Fernsprecher begann in der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre. Damals wurden die Münzer immer unwichtiger für einen Großteil der Bevölkerung. Der Telekommunikationsmarkt wurde privatisiert, in Ostdeutschland wurden private Festnetzanschlüsse allgemein zugänglich und auch Mobilfunk war zunehmend verfügbar, wenn auch anfangs noch recht kostspielig.

Alte Zelle, neue Funktion

Für Nostalgiker gibt es dennoch Hoffnung, dass der Abschied von der Telefonzelle kein Abschied für immer ist. Zahlreiche umfunktionierte Telefonzellen, insbesondere die traditionellen gelben, gibt es noch in den Städten. Mal fungieren sie als Bücher(tausch)schrank, mal als Eiskiosk oder Coffeeshop. Ausgemusterte Telefonzellen gibt es bei der Telekom zu kaufen.

Von der Telefon- zur Bücherzelle in Lauter-Bernsbach, 2020 Bildrechte: IMAGO / Georg Ulrich Dostmann

(NR)

Dieses Thema im Programm:Das Erste | Brisant | 12. November 2022 | 17:15 Uhr