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Zwischen 4. September und 23. Oktober 1989Wendepunkt: Erste Montagsdemonstration in Leipzig

23. Oktober 2024, 11:04 Uhr

Am 4. September 1989 wird das erste Mal das Banner "Für ein offenes Land mit freien Menschen" gehisst. Es ist der Anfang der Montagsdemonstrationen, die ein fester Teil der Friedlichen Revolution 1989 werden. Am 23. Oktober steigt die Teilnehmerzahl der Montagsdemonstrationen explosionsartig an. In Leipzig sind es 300.000 Menschen, die für Meinungs- und Reisefreiheit demonstrieren. Aber auch in anderen Städten, wie Magdeburg, Dresden, Schwerin, Zwickau, Halle, Stralsund und Berlin gehen Zehntausende gegen das SED-Regime auf die Straße.

Der 4. September 1989 ist der Anfang eines Wendepunkts in der ostdeutschen Geschichte. Es ist ein Montag. In der Leipziger Innenstadt versammeln sich immer mehr Menschen zu einer Kundgebung. Sie findet im Anschluss an das Friedensgebet auf dem Nikolaikirchhof statt. Diese Gebete gab es seit 1982 immer montags, sie wurden ab 1988 zum Motor der Montagsdemonstrationen.

"Die Mauer wird in 50 und auch in 100 Jahren noch bestehen"

Noch im Januar 1989 ließ Erich Honecker, der Staatsratsvorsitzende der DDR und Generalsekretär des Zentralkomitees der SED (ZK), verlauten: "Die Mauer wird in 50 und auch in 100 Jahren noch bestehen bleiben, wenn die dazu vorhandenen Gründe nicht beseitigt sind." Doch nicht die Gründe, sondern die Mauer wollten die Ostdeutschen beseitigen. Rund 120.000 DDR-Bürger hatten allein in den Sommermonaten 1989 einen Ausreiseantrag gestellt. Viele unterstrichen ihren Willen zur Ausreise durch die Besetzung der diplomatischen Vertretungen der BRD in Budapest, Warschau und Prag.

Gegen den "Baumeister des Sozialismus"

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Schon Mitte der 80er-Jahre fingen die ersten Wagemutigen an, gegen das, was der "Baumeister des Sozialismus" - Walter Ulbricht - geschaffen hatte, zu rebellieren: Den Bau der Mauer, die Kollektivierung der Landwirtschaft, die Sprengung historischer Bauten, die Unerbittlichkeit gegen Künstler und Intellektuelle. Gegen alles, was das kommunistische Gesellschaftssystem mit sich brachte. Doch unter dem Eindruck der sich immer mehr zuspitzenden innenpolitischen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten und unter den veränderten außenpolitischen Bedingungen wagten immer mehr Menschen ab 1989 ihren Veränderungswillen in unterschiedlichsten Situationen auch laut öffentlich zu machen.

Im Osten was Neues

So auch am 4. September. Auf Grund der gleichzeitig in Leipzig stattfindenden Messe, waren ohnehin viele Westjournalisten anwesend. Das nutzten einige Anwesende der Montagsgebete und hielten ein großes Banner mit "Für ein offenes Land mit freien Menschen" in die Höhe. Anwesende der Staatssicherheit griffen ein. Die Demonstranten reagierten auf diese Übergriffe zum erstem mal mit "Stasi raus!"-Rufen. Ein Ruf, der neben "Wir sind das Volk" und "Wir wollen raus" fortan zum Klang der Friedlichen Revolution gehören sollte.

Ein Kamerateam aus dem Westen fing den historischen Moment ein. Am Abend sahen Millionen Bürger im Westen in der "Tagesschau", dass sich im Osten etwas bewegt. Nach dieser Kundgebung fanden auch in anderen Städten der DDR, beispielsweise in Dresden, Halle, Plauen, Karl-Marx-Stadt, Rostock und Schwerin regelmäßig Massendemonstrationen statt. Die Friedliche Revolution, sie hatte offiziell begonnen.

Montagsdemo mit 300.000 Personen

Egon Krenz sollte die DDR nach Erich Honecker regieren. Bildrechte: imago images/photothek

Am 23. Oktober steigt die Teilnehmerzahl der Montagsdemonstrationen explosionsartig an. In Leipzig sind es 300.000 Menschen, die für Meinungs- und Reisefreiheit demonstrieren. Aber auch in anderen Städten wie Magdeburg, Dresden, Schwerin, Zwickau, Halle, Stralsund und Berlin gehen Zehntausende gegen das SED-Regime auf die Straße. Am 23. Oktober protestieren die DDR-Bürger aber auch gegen die Wahl von Egon Krenz zum Staatsratsvorsitzenden. Nachdem das Politbüro den Rücktritt von Erich Honecker am 18. Oktober verkündete, soll nun der SED-Politiker Egon Krenz die DDR in ruhigere Fahrwasser führen. Die Bürger lehnen das offen ab. Mit Sprüchen wie "Wir sind keine Fans von Krenz!" und "Egon allein, das darf nicht sein!" machen sie ihrem Unmut über die Personalie Luft.

(jok)

Über dieses Thema berichtet MDR Zeitreise auch im TV:MDR Zeitreise | 14.07.2019 | 22:00 Uhr

Dieser Artikel ist erstmals 2019 erschienen und wurde 2024 überarbeitet.