In diesem Dossier:
Kommentar: Christen in der DDR
Was hieß es, in der DDR als Christ gelebt zu haben? Wer diese Frage stellt, bekommt sehr unterschiedliche Antworten. Er wird von Schikanen im Schulalltag hören, von unerfüllten Berufs- und Studienwünschen, von Anwerbeversuchen der Stasi und massiven Bedrohungen. Aber es kann auch sein, dass seine Gesprächspartner glaubwürdig versichern, nie eine Benachteiligung von Christen miterlebt zu haben.
Die Erinnerungen sind widersprüchlich und das liegt nicht nur daran, dass sich im Rückblick die Wahrnehmung der Vergangenheit ändert. Die DDR war widersprüchlich. In den Fünfzigerjahren Mitglied einer Evangelischen Jungen Gemeinde zu sein, erforderte Mut und die Bereitschaft, auf Karriere zu verzichten. Wer im katholischen Eichsfeld zur Schule ging, der wird sich nicht über ein Kreuz im Klassenraum gewundert haben. Mancher Pfarrer hat erlebt, dass Genossen heimlich für den Erhalt der Dorfkirche spendeten. Andere wurden gezielt bespitzelt und in Verruf gebracht. 1968 wurde die Leipziger Paulinerkirche über Nacht abgerissen und 1983 der 500. Geburtstag Martin Luthers groß gefeiert.
Zwanzig Jahre sind seit dem Ende der DDR vergangen. Akten sind gesichtet, Zeitzeugen befragt. Welche Rolle die Kirchen in der DDR eingenommen haben, wann und warum sie sich für Verweigerung, Anpassung oder Widerstand entschieden haben, lässt sich umfassend und differenziert dokumentieren.
Was es hieß, sich als Christ in der DDR zu seinem Glauben zu bekennen, lassen die Lebensgeschichten erahnen.