Stichwort: Theater Der Verband der Theaterschaffenden
Hauptinhalt
1966 gegründet, galt der Verband der Theaterschaffenden als gesellschaftliche Organisation von Künstlern und Wissenschaftlern, die an den Theatern oder für das Theater tätig waren. Sie hatten sich jedoch nicht im Sinne eines Berufsverbandes zusammengeschlossen, vielmehr war die Gründung eine direkte Reaktion auf die Kritik, die das 11. Plenum des ZK der SED im Dezember 1965 an den Künstlern geübt hatte.
Somit sollte der Verband, mit den Worten Kurt Hagers auf dem Gründungskongress am 10./11.12.1966, als Organ der "freiwilligen Selbstkontrolle" wirken. Demnach hatte der Verband der sozialistischen Theaterarbeit Hilfe zu leisten, wie es auch das Statut festhielt:
Der Verband hatte seinen Sitz in Berlin. Finanziert wurde er hauptsächlich durch Subventionen aus dem Staatshaushalt und zum wesentlich geringeren Teil aus Mitgliedsbeiträgen. Ein Kongress, der alle fünf Jahre stattfand, war höchstes Organ des Verbandes. Hier wurde der Vorstand gewählt, der seine Beschlüsse durch ein Präsidium und ein zugehöriges Sekretariat umsetzen ließ.
Jedes Theater entsandte Delegierte zu Bezirksversammlungen
Der Vorstand bildete Sektionen für Schauspiel, Musiktheater, Bühnentanz, Puppentheater und Kabarett sowie verschiedene Arbeitsgruppen, etwa für Bühnenbild, Theaterkritik und Theaterwissenschaft. Mitte der 80er Jahre etablierte sich beim Vorstand eine "Jugendkommission", die die Interessen junger Theaterleute vertreten sollte und unter anderem die "Werkstatt-Tage junger Theaterschaffender" organisierte.
An der Basis war der Verband in Verbandsgruppen gegliedert, die von den Mitgliedern an einem Theater oder einer für das Theater wirkenden Einrichtung gebildet wurden. Diese entsandten Delegierte in Bezirksversammlungen, auf denen alle fünf Jahre die Bezirksvorstände und die Delegierten für den Kongress gewählt wurden. Der Verband arbeitete mit den staatlichen und gesellschaftlichen Einrichtungen und Organisationen, die auf dem Gebiet der Kultur tätig waren, zusammen.
Reformprogramm scheitert an SED- und FDGB-Gremien
So wirkte er zum Beispiel bei der Organisation von Bezirkstheatertagen mit und organisierte gemeinsam mit der "Gewerkschaft Kunst" den "Hans-Otto-Wettbewerb". Jedoch besaß der Verband keine juristische Handhabe, um die Interessen seiner Mitglieder durchzusetzen. 1985 scheiterte ein vom Verband angeregtes und unter seiner Beteiligung erarbeitetes Reformprogramm für die DDR-Theater an den Widerständen der Leitungsgremien von FDGB und SED.
Die politische Taktik des Theaterverbands war: Zurückhaltung im Fall von Ausweisungen und Repressionen gegenüber Theaterkünstlern. Wenn den Bedrängten Unterstützung zuteil wurde, dann allenfalls auf informellem Wege. Die Mitglieder des Verbandes sahen ihre Hauptaufgabe eher im Erfahrungsaustausch, in der Weiterbildung und Nachwuchsförderung. Alle zwei Jahre veranstaltete man "Werkstatt-Tage", die zeitgenössischen Werken von Schauspiel, Oper, Ballett, Puppentheater, Kabarett, Kinder- und Jugendtheater gewidmet waren.
Studienreisen in sozialistische Länder
Forum und Sprachrohr des Verbandes war ab 1968 die Zeitschrift "Theater der Zeit". Der Verband pflegte auch Beziehungen zu ausländischen Partnerorganisationen und ermöglichte dadurch seinen Mitgliedern Studienreisen, die vorwiegend ins sozialistische Ausland führten, selbst nach China, Vietnam oder Kuba. In einem sehr beschränkten Umfang wurden auch Reisen in nichtsozialistische Länder ermöglicht, etwa nach Finnland, Griechenland, Syrien und Zypern.
Selbstkritik und Selbstauflösung 1989
Auf die Unruhen im Herbst 1989 reagierte der Verband erst am 16.10.1989. An diesem Tag trat er zu einer Vorstandssitzung zusammen und äußerte sich in einem Kommuniqué. Demzufolge waren die "eingegangenen Erklärungen und Resolutionen, in denen viele Ensembles ihre ernste Sorge um den gegenwärtigen Zustand unserer Gesellschaft ausdrücken und ihre Bereitschaft erklären, sich mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln an der beginnenden Volksaussprache über Weg und Ziel des Sozialismus in unserem Land zu beteiligen, als Zeichen hoher politischer Aktivität und staatsbürgerlichen Verantwortungsgefühls" zu werten.
Auf der 9. Präsidiumstagung am 13.11.1989 traten der Präsident Hans-Peter Minetti sowie die Vizepräsidenten Karl Kayser und Günter Rimkus zurück. Dadurch sah sich das gesamte Präsidium zum Rücktritt veranlasst. Selbstkritisch stellte der Verband fest, er sei an vielen Vorgängen, die das Land in den Ruin getrieben hätten, beteiligt gewesen. Nach einigen Bemühungen, den Verband noch am Leben zu erhalten, sprachen sich die Mitglieder Ende 1990 für seine Auflösung aus.