DDR-Sportler: Radfahrer "Täve" Schur

22. Februar 2011, 08:44 Uhr

DDR-Jahrhundertsportler Gustav-Adolf "Täve" Schur ist zwar schon über 80, aber das Rennrad hat er noch längst nicht in den Keller geschoben. Gut 4.000 Kilometer spult er jährlich ab.

Schur ist sich in seinem Leben stets seiner Linie treu geblieben, und darin begründet sich wohl auch seine große Beliebtheit in den neuen Bundesländern. "Wir Ossis können 100 Jahre alt werden, und wir müssen auch 100 Jahre alt werden", sagt das Mitglied der Linkspartei und darf sich dabei des Beifalls seiner alten Weggefährten sicher sein. Im Februar 2011 hatte Schur in Berlin seine Autobiografie vorgestellt. Dabei fuhr er auf einem Drahtesel in den Saal hinein.

Sportlicher Held

Radsportlegende Täve Schur
In den fünfziger und sechziger Jahren hat Schur Radsportgeschichte geschrieben. Bildrechte: MDR / Sanssouci Film GmbH

1990 wurde Schur zum größten DDR-Sportler der Geschichte gewählt, nachdem er zuvor schon neunmal Sportler des Jahres im Osten war. Die Popularität erkämpfte sich der gelernte Mechaniker in den 50er-Jahren, als er alles gewann, was es für einen ostdeutschen Radsportler zu gewinnen gab. 1955 und 1959 triumphierte er bei der Internationalen Friedensfahrt, der sogenannten "Tour de France des Ostens". 1958 und 1959 wurde er Straßen-Weltmeister der Amateure. Doch unsterblich machte ihn seine Vizeweltmeisterschaft 1960: Vor 200.000 Zuschauern auf dem Sachsenring fuhr Schur als Favorit in einer Spitzengruppe mit seinem Freund Bernhard Eckstein und dem belgischen Sprinter Willy Vandenberghen. Als Eckstein antrat, hielt sich Schur uneigennützig zurück und überließ seinem Freund den Titel.

Politische Laufbahn

Volkskammerabgeordneter Hans Modrow (li., GDR/PDS) und Volkskammerabgeordneter Täve Schur (2.v.re., GDR/PDS) anlässlich der konstituierenden Sitzung der Volkskammer in Berlin Ost.
Täve Schur war von 1958 bis 1990 SED-Abgeordneter in der DDR-Volkskammer, saß später auch für die Nachfolgepartei PDS im Bundestag. Bildrechte: IMAGO / Stana

Schur war fortan ein Held, mit dem sich natürlich auch die Partei gerne schmückte, als SED-Funktionär saß er von 1958 bis 1990 in der DDR-Volkskammer. Im vereinten Deutschland gab er sein politisches Comeback und gehörte als PDS-Abgeordneter von 1998 bis 2002 dem Bundestag an. "Ich bin Mitglied geblieben, weil ich die Suppe, die ich mit eingebrockt hatte, auch auslöffeln wollte", erklärte Schur seine politische Motivation. Während dieser Zeit hatte sich Schur auch immer wieder für den Breitensport eingesetzt, das Thema, das ihm bis heute wichtig ist. Erst Mitte Februar kritisierte er einen aus seiner Sicht desolaten Schulsport in Deutschland und sprach im "Tagesspiegel" davon, dass die Gesundheit im Volke unterbrochen sei.

Außerdem ist Gustav-Adolf Schur Vertreter der Linkspartei im Gemeinderat seiner Heimatgemeinde Heyrothsberge vor den Toren von Magdeburg. Das Rennrad ist außerdem auch nach wie vor ein fester Bestandteil seines Lebens: Jeden Sonntag dreht "Täve" seine Runden und spult im Jahr immer noch beachtliche 4.000 Kilometer ab.

Gustav-Adolf Schur - Sportkarriere in Zahlen * Olympische Spiele:
- 1956: 3. Platz im Mannschafts-Zeitfahren und 5. Platz im Straßenrennen
- 1960: 2. Platz im Mannschafts-Zeitfahren
* Weltmeisterschaften:
- 1954: 6. Platz
- 1957: 4. Platz
- 1958: Sieger
- 1959: Sieger
- 1960: 2. Platz
* Friedensfahrt:
- Einzelsieger 1955, 1959
- Mannschaftssieger 1953, 1957
* DDR-Meisterschaften (Einzel):
- Sieger 1954, 1957-1961
* DDR-Meisterschaften (Mannschaft):
- Sieger 1957, 1958

Über dieses Thema berichtete der MDR auch im TV: Länderzeit | 22.02.2017 | 19:00 Uhr