Die Leipziger Baumwollspinnerei
Bildrechte: Baumwollspinnerei Leipzig, Archiv

Geschichte Die Baumwollspinnerei Leipzig

04. April 2022, 20:12 Uhr

Einst war sie die größte Baumwollspinnerei Kontinentaleuropas. 4.000 Menschen arbeiteten auf dem Fabrikgelände im Leipziger Westen. Nach dem Ende der DDR übernahm die Treuhand den Betrieb. Aber die weitere industrielle Nutzung scheiterte.

Für die Ewigkeit gebaut

Die Baumwollspinnerei am Karl-Heine-Kanal im Leipziger Westen wurde 1884 gegründet. Schnell wuchs der Betrieb. Spinnerei und ergänzende Funktionsgebäude bedeckten schließlich ein Areal von mehr als 100.000 Quadratmetern. Die Garne aus Leipzig fanden europaweit immer mehr Kunden. Mit insgesamt 240.000 Wollspindeln wurde der Betrieb innerhalb weniger Jahrzehnte zum größten seiner Art in Kontinentaleuropa.

Die mächtigen, bis zu einen Meter dicken Mauern erinnerten eher an eine Festung als an einen gewöhnlichen Industriebetrieb. Schwere, gusseiserne Kastenfenster mit doppelter Verglasung halfen zusätzlich, die Raumtemperatur auf einer konstanten Temperatur von 23 Grad Celcuis zu halten, die für die Verarbeitung des Garnes optimal ist. Flachdächer, die zum Teil mit einer bis zu 20 Zentimeter dicken Erd- und Rasenschicht bedeckt waren, isolierten die Gebäude nach oben. Die "Spinne", wie sie von der Bevölkerung genannt wurde, entwickelte sich Anfang des letzten Jahrhunderts zu einer Art kleinen Stadt mit eigenen sozialen Einrichtungen, Schrebergärten und Arbeiterwohnungen. An den Spindeln arbeiteten überwiegend Frauen, die im Drei-Schichtbetrieb eingesetzt wurden. Schon vor dem Zweiten Weltkrieg wurde deshalb eine Krippe für die Kinder der Arbeiterinnen eingerichtet.

Die Baumwollspinnerei als VEB

1946 wurde die Baumwollspinnerei von der russischen Besatzungsmacht verstaatlicht. Sie existierte als VEB Baumwollspinnerei Leipzig bis zum Ende der DDR. Um die Tätigkeit in der Spinnerei für Arbeitnehmerinnen attraktiver zu machen, wurden neben Betriebsküche, Konsumladen und Ferienheim 1954 sogar ein Kinderwochenheim und eine Kinderwochenkrippe eingerichtet. Die "Spinne" produzierte überwiegend Garne für Osteuropa, aber auch für den Weltmarkt.

In in den 1980er-Jahren geriet die Leipziger Baumwollspinnerei zunehmend unter Konkurrenzdruck aus Indien und Pakistan. Innerbetriebliche Rationalisierungen und der Einsatz moderner Maschinen sollten die Produktivität erhöhen. Doch den wirtschaftlichen Niedergang konnte auch das nicht stoppen: Ende 1989 hatte der VEB nur noch 1.600 Beschäftigte. Wie die anderen Volkseigenen Betriebe in der DDR wurde die "Spinne" 1990 von der Treuhand übernommen. Die Produktion lief zwar weiter, aber das Wegbrechen der Märkte in Osteuropa führte wie in anderen Wirtschaftsbereichen Ostdeutschlands in die Krise. Anfang 1993 kam das endgültige Aus für die Leipziger Baumwollspinnerei. Die Garnproduktion wurde eingestellt, ein Interessent für das riesige Gelände gesucht. 1993 wurde er gefunden: Ein Investor aus Köln kaufte das Gelände.

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