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Zentrale Hinrichtungsstätte in Leipzig. Bildrechte: IMAGO / STAR-MEDIA

Hinrichtungen und TodesstrafeTodesstrafe in der DDR

24. November 2021, 12:09 Uhr

Sie war eines der am besten gehüteten Geheimnisse der DDR – die Todesstrafe. 164 Todesurteile wurden per Guillotine oder "Nahschuss" vollstreckt. Am 17. Juli 1987 verkündet die "Aktuelle Kamera" die Abschaffung der Todesstrafe. Im Dezember stimmte die Volkskammer der Abschaffung zu. Das letzte Opfer der Todesstrafe war der Stasi-Hauptmann Werner Teske. Er wurde am 26. Juni 1981 hingerichtet.

Am 18. Dezember 1987 bestätigte die Volkskammer der DDR die Abschaffung der Todesstrafe und gab grünes Licht für die entsprechende Änderung im Strafrecht des Landes. Verkündet hatte die Neuigkeit ein halbes Jahr zuvor, am 17. Juli 1987, bereits die "Aktuelle Kamera". Überraschend war für die meisten DDR-Bürger aber nicht die Abschaffung der Todesstrafe, sondern die Tatsache, dass es sie überhaupt noch gegeben hatte. Aber die Nachricht von der Abschaffung der Todesstrafe war auch nicht in erster Linie für die DDR-Bürger bestimmt, sondern sie sollte ein Signal in Richtung Westen sein. Honeckers Visite in der Bundesrepublik stand bevor. Und diesen Besuch wollte der SED-Chef mit guten Nachrichten in Sachen Menschenrechte vorbereiten.

Die Todesstrafe hatte es in der DDR von Anbeginn gegeben. In den 1950er-Jahren waren Schauprozesse mit Todesurteilen an der Tagesordnung. Hingerichtet wurden nationalsozialistische Kriegsverbrecher, aber auch sogenannte "Saboteure" oder "Agenten". Traurige Berühmtheit erlangten etwa die Prozesse im sächsischen Waldheim, in denen 1950 Dutzende Menschen zum Tode verurteilt worden waren.

Jedes Todesurteil war politisch abgesegnet

Hingerichtet wurden bis zum Ende der 1960er-Jahre aber auch Schwerverbrecher - Mörder und Sexualstraftäter. Nachweislich bis 1974 wurden sämtliche Todesurteile politisch abgesegnet. Sie mussten dem Politbüro der SED vorgelegt und von ihm bestätigt werden. Walter Ulbricht und Erich Honecker vermerkten auf dem Urteil "Einverstanden" oder "In Ordnung". Manchmal gaben sie aber auch Anweisungen an die Richter: "Urteil muss anders formuliert werden."

Ab den 1970er-Jahren breitete die SED den Mantel des Schweigens über die Hinrichtungspraxis in der DDR. Nach der Unterzeichnung der "Schlussakte von Helsinki" 1975, in der sich die europäischen Staaten unter anderem auch über eine Reihe von Menschenrechtsfragen geeinigt hatten, galt die Todesstrafe in Europa nicht mehr als opportun. Und Erich Honecker, besessen vom Wunsch nach internationaler Anerkennung der DDR, bestätigte Todesurteile nur noch in Ausnahmefällen. Hingerichtet wurden jetzt vorwiegend in Ungnade gefallene Mitarbeiter der Staatssicherheit. Das oberste Gebot hieß dabei: strikte Geheimhaltung. "Kreislaufversagen" oder "Herzinfarkt" stand auf den Todesscheinen.

Von der Guillotine zum "unerwarteten Nahschuss"

Die zentrale Hinrichtungsstätte war ab 1960 die Leipziger Strafvollzugseinrichtung in der Alfred-Kästner-Straße. Hier stand bis 1968 eine alte Guillotine. Nachdem sie mehrfach ihren Dienst versagt hatte und es zwei oder drei Anläufe brauchte, ehe der Delinquent tatsächlich tot war, ging man dazu über, die sowjetische Methode des "unerwarteten Nahschusses in das Hinterhaupt" anzuwenden. Der zum Tode Verurteilte wurde in einen Raum geführt, von hinten trat leise der Henker an ihn heran und erschoss ihn mit einer schallgedämpften Armeepistole.

Todesursache "Herzversagen"

Insgesamt haben DDR-Gerichte 221 Todesurteile ausgesprochen, davon wurden mutmaßlich 164 vollzogen, genaue Opferzahlen gibt es bis heute nicht.

Kurzer Prozess! Weil ich ein Humanist bin. [...] Das ganze Geschwafel von wegen nicht hinrichten, nicht Todesurteil – alles Käse, Genossen. Hinrichten, wenn nötig auch ohne Gerichtsurteil!

Erich Mielke

Das letzte Opfer der Todesstrafe war Werner Teske, Hauptmann der Staatssicherheit. Am 26. Juni 1981 wurde Werner Teske wegen "schwerwiegenden Landesverrats" in der Alfred-Kästner-Straße durch "unerwarteten Nahschuss in das Hinterhaupt" hingerichtet. Auf dem Totenschein steht als Todesursache "Herzversagen". Die Abschaffung der Todesstrafe war schließlich auch ein weiterer Schritt der DDR-Führung in ihrem Streben nach internationaler Anerkennung.