Sebastian Krumbiegel Der "Prinz" und sein Tapetenwechsel

Sebastian Krumbiegel ist als Frontmann der Leipziger Band "Die Prinzen" bekannt. Nach dem Mauerfall ist sie die erste deutschlandweit kommerziell erfolgreiche Pop-Band aus dem Osten. Krumbiegel ist ein Kind der Leipziger Montagsdemos. Auch wenn er bei der legendären Demonstration am 9. Oktober 1989, dem "Tag der Entscheidung", nicht dabei war - aus Angst.

Einen Trabant fahren - das verlernt man nicht, sagt Sebastian Krumbiegel, "ist ähnlich wie mit dem Fahrrad fahren". Für den Dreh für unser Magazin "Geschichte Mitteldeutschlands" setzt sich der Sänger noch einmal hinters Trabi-Lenkrad. Denn die Geschichte von Sebastian Krumbiegel lässt sich auch anhand von Autos erzählen. Sein erstes ist ein Trabi gewesen. Für viel Geld kauft er ihn 1987, die Karosserie ist klassisch hellblau. Das Auto bedeutet für ihn Freiheit und Unabhängigkeit. Damals studiert Krumbiegel noch an der Leipziger "Hochschule für Musik". Mit seinem Trabi sind für den Studenten spontane Spritztouren nach Berlin drin, aber Krumbiegel knattert Ende der 1980er-Jahre durch die Stadt. Im Oktober 1989 fährt der damals 23-Jährige auch zu Montagsdemos.

Wir waren vor der Thomaskirche auf einmal eingekesselt. Es rannten auf einmal irgendwelche Polizeikolonnen an uns vorbei und machten vor uns die Straße dicht. Und dann haben wir eben gesehen, wie die Bullen da reingeknüppelt haben. Das hat mich schon bestürzt.

Sebastian Krumbiegel, Die Prinzen

Angst vor der Staatsmacht

Der entscheidenden Montagsdemo am 9. Oktober 1989 in Leipzig bleibt Sebastian Krumbiegel aber fern, aus Angst. Denn die Woche zuvor, am 2. Oktober, fährt er mit seinem Bandkollegen Wolfgang zur Montagsdemo und beobachtet, wie Polizisten auf Demonstranten losgehen. Wie alle Leipziger überlegt er am 9. Oktober, wie er sich verhalten soll. Hinter vorgehaltener Hand wird getuschelt, dass die DDR-Führung den Protest niederschlagen will. In der Musikhochschule warnen Anschläge am Schwarzen Brett vor einer Teilnahme und den Schießbefehlen. Als er sich dann doch entschließt, in die Innenstadt zu gehen, sind die Demonstranten schon einmal über den Innenstadt-Ring gezogen.

Vom Trabi in die Limo

Dass er nach dem Mauerfall in den Westen darf, ist für Krumbiegel nicht neu. Als Chorknabe im weltberühmten Leipziger Thomanerchor ist er schon als Kind privilegiert und singt in den 1970er- und 1980er-Jahren im kapitalistischen Ausland. Dabei hat er natürlich auch die Möglichkeit, zu fliehen - tut es aber nicht. Die Heimatverbundenheit und der Gedanke an die Familie sind stärker. Nachdem Krumbiegel wegen Disziplinlosigkeit aus dem Thomanerchor fliegt, gründet er zu Studentenzeiten die A-Capella-Gruppe "Die Herzbuben". Nach der Wende wird daraus die Pop-Band "Die Prinzen". 1991 feiert sie den Durchbruch – als erste gesamtdeutsche Popgruppe, die zum Hitgaranten wird. Mit einem Schlag sind die jungen Sänger Plattenmillionäre und fahren nicht mehr Trabi, sondern Limousine.

Den Erfolg, den wir damals hatten, den hätten wir nie haben können im Osten. Natürlich hat es uns geholfen, dass die Leute im Westen gesagt haben: 'Ach, guck mal hier, die Ossis. Wenn die sich ein bisschen Mühe geben, geht doch.' Und dass die Leute im Osten vielleicht auch gesagt haben: 'Unsere Jungs!'

Sebastian Krumbiegel, Die Prinzen

Heute lieber Fahrrad - und Golf

Trotz neuer finanzieller Möglichkeiten – einen "fetten Schlitten“ kauft sich der Sänger auch in den 1990er-Jahren nicht. Sein erstes Westauto, einen weißen Cabrio-Käfer, versteigert Krumbiegel für einen guten Zweck. In seinem Lied "Mein Fahrrad" hält er lieber ein Plädoyer fürs Rad fahren. Darin heißt es: "Jeder Popel fährt 'nen Opel, jeder Affe fährt 'nen Ford, jeder Blödmann fährt nen Porsche, jeder Arsch 'nen Audi Sport." Aufs Rad steigt Sebastian Krumbiegel heute noch. Zu seinen Auftritten mit der Band "Die Prinzen" ist aber ein Soloprogramm dazugekommen - und auch der fahrbare Untersatz hat sich geändert. Vor der Haustür steht ein Golf und kein Trabant, wie er erzählt: "Da würde ich doppelt so lange brauchen - und wäre gerädert, wenn ich ankomme."

2016 feierte Krumbiegel nicht nur seinen 50. Geburtstag, sondern mit seinen "Prinzen"-Kollegen auch 25-jähriges Bandjubiläum.

Sebastian Krumbiegel - Zur Person Sebastian Krumbiegel wird am 5. Juni 1966 in Leipzig geboren. Mit zehn Jahren kommt er auf die Thomasschule und singt im Thomanerchor. 1981 gründet er mit seinem späteren "Prinzen"-Kollegen Wolfgang Lenk die Rockband "Phoenix". Von 1987 bis 1991 studierte Krumbiegel Gesang und Schlagzeug an der Leipziger Musikhochschule "Felix Mendelssohn Bartholdy". In dieser Zeit entsteht die Band "Die Herzbuben", die sich 1991 in "Die Prinzen" umbenennt. Mit Krumbiegel als Hauptstimme stürmen sie nach der Wende die Charts und haben als erste ostdeutsche Band in ganz Deutschland Erfolg. 1996 wird es etwas ruhiger um die Band. Heute tritt Sebastian Krumbiegel auch Solo am Klavier auf. Neben der Musik engagiert sich Krumbiegel stark gegen Rechtsextremismus und kümmert sich um soziale Projekte.

Die Serie: "Tapetenwechsel - Prominente über 25 Jahre Mauerfall"