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Versammlung bei der Wismut. Die Wismut AG baute Uranerz bei Ronneburg im Tagebau ab. Ganze Ortschaften mussten dem Bergbau weichen. Bildrechte: MDR/AstFilm Production

Arbeit bei der Wismut in der DDRKrebs und Quarzlunge: Krankheiten der Wismut-Bergmänner

28. Juli 2021, 15:36 Uhr

Mangelhafte Ausrüstung, radioaktive Belastung und Arbeitsunfälle zeichnen den Alltag der Bergmänner bei der SDAG Wismut. Nicht wenige erkranken im Laufe der Jahre an Silikose oder sterben bei Unfällen. Besonders die Schneeberger Krankheit - eine Form von Lungenkrebs - ereilt viele der Bergmänner, die sich im Laufe der Jahrzehnte bei der Wismut der radioaktiven Strahlung des Uranerzes aussetzen. Erst nach 1989 werden die gesundheitlichen Konsequenzen öffentlich.

Wismut: Bergbau für das atomare Wettrüsten

Zwischen 1946 und 1989 erkranken 5.300 Bergmänner an der Schneeberger Krankheit. Unter Bergleuten wird die Erkrankung, auch Bergsucht genannt, bereits seit dem 19. Jahrhundert gefürchtet. Ausgelöst wird sie durch die hohe Belastung durch radioaktiven Staub, dem die Bergmänner beim Abbau vom Uranerz im Erzgebirge ausgesetzt sind. Vor allem kurz nach dem Zweiten Weltkrieg wird die Radonbelastung zum Risiko, als das atomare Wettrüsten beginnt. Die Sowjetunion braucht Uran und findet es in großen Mengen im Erzgebirge.

Arbeiter bei der Wismut. In den Bergwerken der Wismut AG wurden von 1947 bis 1990 rund 231.000 Tonnen Uran abgebaut. Bildrechte: MDR/AstFilm Production

Wismut-Bilanz: 231.000 Tonnen Uran für die Sowjetunion

1947 wird dort die Wismut AG gegründet, um den Abbau in großem Maße voranzutreiben. Die spätere Sowjetisch-Deutsche Aktiengesellschaft (SDAG) Wismut fördert bis zum Ende der DDR ungefähr 231.000 Tonnen Uran. Besonders in den ersten Jahren der Wismut sind die Arbeitsbedingen katastrophal: Weder wird die Strahlenbelastung unter Tage kontrolliert, noch die Angestellten über mögliche gesundheitliche Risiken aufgeklärt. Es fehlt Schutzausrüstung und es gibt kaum Arbeitsschutzmaßnahmen. Schächte werden kaum bewittert, um sie mit frischer Luft zu versorgen und die Belastung durch Radioaktivität zu senken.

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Erhöhte Löhne, besondere Absicherung im Alter

Bildrechte: MDR/AstFilm Production

Trotz der gesundheitlichen Risiken arbeiten zu dieser Zeit besonders viele Männer bei der Wismut AG. Bis 1950 melden sich mehr als 160.000 Männer freiwillig zur Arbeit. Gelockt werden sie durch außergewöhnlich hohe Löhne von bis zu 4.000 Ost-Mark. Zusätzlich wird ab 1961 eine gesonderte Altersrente, die Bergmannsrente, durch die SED-Führung eingeführt. Da die Kumpel durch die erschwerten Arbeitsbedinungen oft vor dem regulären Rentenalter auf Grund körperlicher Beschwerden in den Ruhestand gehen, sollten sie im Alter gesondert abgesichert werden.

Quarzlunge, Grubenunglück und Schneeberger Krankheit als Berufsrisiko

Unter Tage gibt es noch unzählige andere gesundheitliche Risken. Beim Bohren nach Erz atmen die Bergleute feinen Quarzsand ein. Über Jahre bekommen viele deshalb eine Quarzstaublunge oder Silikose. Neben den langfristigen gesundheitlichen Risiken gab es auch die ständige Gefahr durch Grubenunglücke. Eines der größten in der DDR ereignet sich am 22. Februar 1960 im damaligen VEB Steinkohlenwerk "Karl Marx", wo 123 Kumpel ums Leben kommen. Erst 1989 wird bekannt, dass es zwischen 1954 und bis 1989 42.000 Unfälle gegeben hat. Schätzungen zufolge kamen von 1946 bis 1989 etwa 1.000 Bergmänner bei Arbeitsunfällen in den Bergwerken um.

Uran-Abbau in der DDR: Strenge Geheimsache

Während des Kalten Krieges gilt der großflächige Uranabbau im Erzgebirge als strenge Geheimsache. Die USA sollen auf keinen Fall erfahren, welche Mengen Uran der UdSSR zur Verfügung stehen. Das Gebiet der SDAG Wismut gilt deshalb als "Staat im Staate" und wird streng vom Geheimdienst NKWD überwacht. Genauso sind auch die Arbeitsbedingungen der Bergmänner Geheimsache, obwohl sie der DDR-Regierung durchaus bekannt sind. In einem geheimen Bericht an Walter Ulbricht 1965 heißt es, dass bereits 4.500 Bergmänner der SDAG Wismut an Silikose erkrankt seien. Um jeden Preis will man verhindern, dass die Probleme öffentlich werden, denn offiziell findet der Uranabbau gar nicht statt. Eine Abordnung der SED will bereits 1947 die schlechten Arbeitsbedingungen der Wismut-Arbeiter überprüfen. Doch sie darf noch nicht einmal das Werksgelände betreten.

Von den Anfängen des Uranbergbaus Die Wismut in den Anfangsjahren

Unter dem Begriff "Wismut" wurde im Erzgebirge von den Sowjets Uran abgebaut. Für Bergleute ein Glücksfall - hier konnte man nach dem Krieg so viel Geld verdienen wie sonst nirgends. Die gesundheitlichen Gefahren waren damals kein Thema.
Im Bild: Eingang zu einem Wismut-Schachtgelände mit dem Bergmannsgruß "Glück auf".
Bildrechte: MDR/AstFilm Production
Schachtanlagen gab es überall im Erzgebirge - auch in den Städten und Dörfern. Manche wurden direkt in Kleingärten oder neben Wohnhäusern eingerichtet. Bildrechte: MDR/AstFilm Production
Auch hier liegt eine Schachtanlage mit Förderbänder und Abraumhalden direkt neben Wohnhäusern. Allerdings waren für die vielen Arbeiter die Wege zu den Schächten nicht immer so nahe zum Wohnort ... Bildrechte: MDR/ AstFilm Productions
Tausende Menschen mussten nämlich täglich zu und von den verschiedenen Schacht-Anlagen nach Hause gefahren werden. Bildrechte: MDR/AstFilm Production
Die Plätze in den Zügen reichten aber nicht aus, also fuhren viele Kumpel auf den Dächern oder den Trittbrettern mit, wie dieser Bergmann, der in der Hand noch seine Grubenlampe hält. Bildrechte: MDR/AstFilm Production
Die Arbeit unter Tage war schweißtreibend und anstrengend: Arbeitsschutz-Kleidung oder wentsprechende Vorschriften gab es offenbar nicht: Jeder trug die Kleidung, die er hatte. Selbst Helme schienen nicht zwingend vorgeschrieben zu sein. Bildrechte: MDR/AstFilm Production
Ein Wismut-Schacht aus dem Jahr 1947. Die Schachtgelände waren mit einer mannshohen Bretterwand abgesperrt. Bildrechte: MDR/AstFilm Production
Hier sieht man an einer Umzäunung die sogenannte "Rote Ecke" aus der Nähe: Ein Ölgemälde nebst Losungen und Fahnen. Bildrechte: MDR/AstFilm Production
Für die zigtausenden Arbeiter musste Wohnraum her - also wurden Neubausiedlungen, wie hier in Johanngeorgenstadt, gebaut. Bildrechte: MDR/AstFilm Production
Ob sich die neuen Siedlungen dabei ins Landschaftsbild einpassten oder nicht - darauf wurde wie hier, in Johanngeorgenstadt, keine Rücksicht genommen. Wichtig war, dass die Arbeiter Unterkünfte hatten. Die Aufnahme stammt von 1947. Bildrechte: MDR/AstFilm Production
Was die Schächte mit der ursprünglichen Dorfstruktur machten, spielte ebenfalls keine Rolle. Bildrechte: MDR/ AstFilm Productions

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