GST - "Schule des Soldaten von morgen"

07. August 2020, 10:38 Uhr

Die "Gesellschaft für Sport und Technik" war am 7. August 1952 gegründet worden, um DDR-Jugendlichen technische Fertigkeiten zu vermitteln. Doch schon bald verschob sich der Fokus. Am 14. September 1968 wurde die "vormilitärische Ausbildung" eingeführt. Die GST wurde zu einer "sozialistischen Wehrorganisation", deren Aufgabe es war, künftige Soldaten heranzubilden.

Wenn in den Schulen der DDR für den Beitritt zur "Gesellschaft für Sport und Technik" (GST) geworben wurde, dann war es nur selbstverständlich, das zunächst das Militärische romantisiert und überdies an die Pflicht eines jeden Bürgers erinnert wurde, das sozialistische Vaterland im Falle eines Falles auch "mit der Waffe in der Hand" verteidigen zu können. Mit dieser Ausbildung könne nun einmal nicht früh genug begonnen werden. Diese Passagen konnten freilich kaum einen Jugendlichen vom Stuhl reißen. Munter wurden sie allerdings, wenn wie nebenbei erwähnt wurde, dass man bei der GST den Mopedschein und sogar die Fahrerlaubnis für PKW und LKW für wenig Geld erwerben könne. Dieses Argument zog enorm. So kam es, dass ganze Generationen von DDR-Jugendlichen den Aufnahmeantrag unterschrieben, um den Mopedschein und die Fahrerlaubnis bei der GST zu machen.

Segelfliegen und Tauchsport

GST-Mitglieder (Gesellschaft für Sport- und Technik) beim Segelfliegen
GST-Mitglieder der Sektion Segelfliegen Bildrechte: imago/Ulrich Hässler

Nun war die GST natürlich nicht gegründet worden, um Jugendlichen kostengünstig zum Mopedschein zu verhelfen. Ursprünglich sollte die am 7. August 1952 gegründete Organisation - wie es der Name auch sagt - die technischen Fähigkeiten und Kenntnisse von Jugendlichen entwickeln und überdies sportliche Angebote unterbreiten - so wurden etwa Kurse in diversen Sportarten angeboten, die einzig und allein Sache der GST waren: Segelfliegen, Fallschirmspringen, Tauchen, Schießen, Motorfliegen und Motorsport. Das Segel- und Motorfliegen, ebenso wie der Tauchsport und das Fallschirmspringen galten den Oberen der DDR nämlich als Sportarten, die zur Republikflucht "taugten". Diese Sportarten durften daher ausschließlich im Rahmen der GST betrieben werden, unter der gewissenhaften Aufsicht geschulter und wachsamer Kader.

"Schule des Soldaten von morgen"

Doch schon nach wenigen Jahren änderte sich die Ausrichtung der GST gründlich. Nach der Gründung der Nationalen Volksarmee (NVA) 1956 sollte die GST als deren "Keimzelle" dienen und sah sich dabei selbst "als besten Freund der NVA". 1962 formulierte Verteidigungsminister Heinz Hoffmann schließlich die neuen Aufgaben der GST: Die GST habe die "Schule des Soldaten von morgen zu sein". Die GST habe "politisch bewusste, disziplinierte und standhafte" Soldaten zu formen, die später bei der NVA "vorbildliche Soldaten" abgäben. Dieser Richtungswechsel zeigte sich auch im äußeren Erscheinungsbild: Für die Mitglieder gab es Uniformen mit entsprechenden Dienstgraden und die hauptamtlichen Posten waren ausschließlich mit ehemaligen Offizieren der NVA besetzt. 1968 wurde die GST, die von ihrer Gründung an dem Ministerium des Innern unterstanden hatte, dem Ministerium für Nationale Verteidigung unterstellt.

Vormilitärische Ausbildung

Ab 1969 ergab sich für die GST ein weiteres Wirkungsfeld: Nachdem die vormilitärische Ausbildung von Lehrlingen und Studenten Pflichtfach während der Ausbildung bzw. des Studiums geworden war, kümmerte sich die GST um die zumeist zweiwöchige militärische Grundausbildung. In speziellen Wehrausbildungslagern wurden die Lehrlinge und Studenten militärisch gedrillt. Es wurden Märsche, wehrsportliche Wettkämpfe und Schießübungen durchgeführt, abends gab es ideologische Schulungen. "Unser Wehr-Dienst für den Frieden" oder "Wir behalten den Feind im Griff" waren beliebte Themen, ausgeführt von einstigen Offizieren der NVA.

Die "ungedienten Reservisten" der NVA, das heißt Wehrpflichtige, die auf ihre Einberufung zum aktiven Wehrdienst warteten, hatten sich vom Jahr 1987 an bei der GST zu melden, um sich ihre "Wehrfähigkeit" zu erhalten. Sie wurden verpflichtet, an wehrsportlichen Veranstaltungen der GST teilzunehmen.

Aufgelöst als nicht mehr zeitgemäß

Die Gesellschaft für Sport und Technik, die sich selbst als "sozialistische Wehrorganisation der DDR" bezeichnete, hatte 1989 noch mehr als 650.000 Mitglieder. Die revolutionären Veränderungen in der DDR 1989 machten aber auch vor der GST nicht halt. Nur noch wenige Jugendliche waren gewillt, der GST beizutreten, Mopedschein hin oder her. Im Frühjahr 1990 wurde die "Gesellschaft für Sport und Technik" als unzeitgemäß aufgelöst.

(sl)

Über dieses Thema berichtete der MDR im TV auch in "Geschichte Mitteldeutschlands" 11.06.2013 | 21.15 Uhr