Jahrestag: 20.06.1948 Die Geburtsstunde der Deutschen Mark

26. August 2021, 10:37 Uhr

Der Zweite Weltkrieg hatte auch das Geldwesen in Deutschland zerrüttet. Zwar gab es genügend Reichsmark, aber kaum etwas, das man dafür hätte kaufen können. Eine Lösung musste her. Am 20. Juni 1948 wurde in den Westzonen die Deutsche Mark eingeführt. Die Ostzone musste notgedrungen mit einer eigenen Währungsreform reagieren.

Dass Deutschland auf eine gewaltige Wirtschaftskrise zusteuern würde, war den alliierten Siegermächten bereits nach Kriegsende klar gewesen. Zwar gab es die alte Reichsmark in Hülle und Fülle, doch nichts, was man hätte dafür kaufen können. Stattdessen hatte sich die sogenannte "Zigarettenwährung" etabliert: Ware wurde gegen Ware getauscht. Der Druck auf die Alliierten, die wirtschaftlichen Verhältnisse tiefgreifend zu verändern, wurde daher immer größer. Ein wirtschaftlicher Aufschwung setzte aber zwingend eine neue Währung voraus.

Währungsreform zunächst im Westen

Pläne für eine grundlegende deutsche Währungsreform gab es daher bereits seit 1946. Entsprechend dem Potsdamer Abkommen sollte Deutschland trotz Einteilung in Besatzungszonen eine wirtschaftliche Einheit bilden. Doch am Anfang waren Großbritannien und Frankreich gegen eine gesamtdeutsche Finanzpolitik. Später verzögerte dann die Sowjetunion die Pläne. Moskau bestand auf der Unabhängigkeit ihrer Zone. Die Sowjets wollte einen Teil der neuen Banknoten ohne Aufsicht der anderen Alliierten drucken. Dieses Vorhaben stieß bei Amerikanern, Franzosen und Briten auf Widerstand. Im Alliierten Kontrollrat wurden immer wieder die Konditionen einer Währungsreform verhandelt. Ohne Erfolg.

Operation "Bird Dog"

Da sich die Sowjetunion als "Risiko" für eine geplante und notwendige Reform entpuppte, hatten die westlichen Besatzungsmächte England, die Vereinigten Staaten und Frankreich bereits im September 1947 beschlossen, im Alleingang die Deutsche Mark (DM) einzuführen. Im Oktober 1947 begann der Druck der Banknoten in den Vereinigten Staaten. Insgesamt 23.000 Kisten mit gedruckten Scheinen wurden bis April 1948 in einer Geheimaktion von Amerika nach Bremerhaven geschickt. Der Code-Name der Operation lautete "Bird Dog" - das englische Wort für "Spürhund". Geleitet wurde die Aktion von Edward A. Tenenbaum. Die Deutschen nannten ihn nur "Tannenbaum".

Währungsreform: 100 Reichsmark für 6,50 DM

Die neue Mark wurde am Morgen des 20. Juni 1948 ab 8 Uhr ausgegeben. Jeder Westdeutsche erhielt einmalig einen Betrag von 40 DM. Sparguthaben wurden allerdings stark entwertet: Pro 100 Reichsmark Erspartes gab es nur 6,50 DM.

Die UdSSR kann keine Banknoten drucken

Die Sowjetunion fühlte sich von der Währungsreform in der westlichen "Trizone" provoziert und sah sie als Ausdruck des "westdeutschen Spaltungswillens" und einen "deutlichen Hinweis auf die bevorstehende Gründung eines deutschen Weststaates". Die Sowjets behaupteten, dass ihnen die Reform, von der sie angeblich nichts gewusst hätten, aufgezwungen worden sei. Dabei wussten sie sehr wohl von der Geheimaktion der Amerikaner. Der sowjetische Spion Donald Maclean, der offiziell für den britischen Geheimdienst MI5 arbeitete, meldete bereits im Oktober 1947 die Aktion "Bird Dog". Doch trotz dieser Information konnte die Sowjetunion aus einfachem Grund nicht reagieren. Es fehlte ihr schlicht das Wasserzeichenpapier, um eigene Banknoten drucken zu können.

"Tapetenmark" im Osten

Die Ost-Zone führte am 22. Juni 1948 eine neue Währung ein. Allerdings war diese Reform alles andere als gründlich vorbereitet. Die alten Reichsmarkscheine wurden einfach mit Coupons überklebt. Die sogenannte "Tapetenmark" galt nun vorläufig als neue Währung im Osten. Pro Person wurden 70 Mark im Verhältnis "1 Reichsmark : 1 Mark" umgetauscht.

Westberliner Konten im Osten gesperrt

Am 24. Juni 1948 sperrte die Sowjetunion die Konten von West-Berliner Firmen und Privatpersonen bei den in Ost-Berlin gelegenen Banken. Die SED erläuterte das Vorgehen der Besatzungsmacht wie folgt: "Wer die westliche Seperatistenmark annimmt, verliert die Grundlage seiner Existenz. Die Sparguthaben der Berliner Bevölkerung und die Gelder der Sozialversicherungen liegen im sowjetischen Sektor Berlins. Wir werden niemals unsere Zustimmung geben, dass diese Gelder der Berliner Bevölkerung den monopolistischen Interessen der Westmächte geopfert werden." Erst im Juli 1948 bot die Sowjetunion die Freigabe der Konten an. Allerdings gebunden an die Verpflichtung, dass alle Verrechnungen in Ost-Mark erfolgen müssten.

Sowjetunion verhängt Berlin-Blockade

Im Westteil Berlins kam es nach den Währungsreformen zu erheblichen Turbulenzen. Kurzzeitig gab es zwei Währungen, die West-Mark und die Ost-Mark. Weil die Sowjetunion unter allen Umständen verhindern wollte, dass die verhasste DM in den Osten "überschwappt", riegelte sie am 24. Juni 1948 kurzerhand sämtliche Transitwege nach West-Berlin ab. Es war der Beginn der sogenannten Berlin-Blockade. Der West-Berliner Oberbürgermeister Ernst Reuter sprach von einer "Geldblockade" und davon, dass man "nicht zu Kreuze kriechen werde". Erst das Einschalten der UNO führte zum Waffenstillstand im Währungsduell. West- und Ost-Mark bekamen ihre jeweilige Legitimation, im Westen Berlins wurde die DM alleiniges Zahlungsmittel. Damit war das Ziel einer gesamtdeutschen Währung freilich endgültig gescheitert. Der Streit um die Währungsreform wurde zum Symbol des beginnenden Kalten Krieges. 

"Goldener Westen" und Planwirtschaft im Osten

Die Reformen in Ost und West wiesen auch unter wirtschaftlichen Aspekten deutliche Unterschiede auf. Während die Währungsreform im Westen die "Goldenen Fünfziger" einleitete, wurde in der Sowjetischen Besatzungszone die Wirtschaft weiter in Richtung staatliche Planwirtschaft umgebaut. Rationierung, Zwangsbewirtschaftung und Preiskontrollen blieben bestehen. Während im Westen Anfang der 1950er-Jahre die Lebensmittelmarken verschwanden, blieben sie im Osten noch bis 1958 Zahlungsmittel. 

Mit der Währungsreform hatte sich am Leben der Ostdeutschen kaum etwas geändert. Der eingeschränkte Zugang zu Konsumgütern und ein weiterhin florierender Schwarzmarkt blieben noch Jahre bestehen. Die schwachen ostdeutsche Wirtschaft und das geringe Vertrauen in die "Ost-Mark" förderten die massenhafte Abwanderung von Arbeitskräften in den Westen.

Einführung der DM auch ein politisches Symbol

Die Einführung der DM vollendete die wirtschaftliche Spaltung Deutschlands und gilt bis heute auch als ein politisches Symbol. Die endgültige Teilung Deutschlands wurde jedenfalls nur wenig später durch die Gründung der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik besiegelt.

Über dieses Thema berichtete der MDR im TV auch in "Umschau" 10.01.2012 | 20:15 Uhr