Die letzte DDR-Regierung Axel Viehweger - Minister für Bauwesen, Städtebau und Wohnungswirtschaft

13. März 2018, 16:08 Uhr

Als Bauminister war er für wenige Monate auch für die marode Wohnungsbausubstanz der DDR zuständig und diagnostizierte einen Sanierungsbedarf von 800 Milliarden D-Mark. Nach der Wiedervereinigung konnte er seine Karriere als Politiker wegen Stasivorwürfen jedoch nicht fortsetzen.

Mit seiner Frau und seinen zwei Kindern lebt Axel Viehweger im August 1990 seit sieben Jahren in einer Dresdner Plattenbauwohnung. "Wir haben uns damals sehr gefreut, als wir die bekamen", erzählt der letzte Bauminister der DDR. Vorher habe er in einer Altbauwohnung gewohnt. Doch da sei der Fußboden durchgebrochen. Axel Viehweger wächst im westsächsischen Waldenburg auf und studiert 1973 Naturwissenschaften in Dresden. Als Spezialrichtung wählt er Kernphysik, wird wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Energetik und wird 1985 mit einer Arbeit über Fernwärme-Versorgung promoviert.

Verantwortlich fürs "Kohle verteilen"

Im Alter von 18 Jahren engagiert sich Viehweger für die Liberal-Demokratische Partei Deutschlands (LDPD). Er ist kommunalpolitisch in Dresden aktiv. 1985 wird er Stadtrat für Energie und verwaltet die Energieversorgung der Barockstadt: "Das hieß im Wesentlichen: Strom sparen, Kohlen verteilen", sagt er später. Als sich im Herbst 1989 auch die Liberalen am revolutionären Prozess beteiligen, ist Viehweger dabei und koordiniert Wirtschaftskontakte zwischen Sachsen und Baden-Württemberg.

Die inzwischen in LDP umbenannte liberale Partei wird Teil der letzten DDR-Regierung und Viehweger Minister für Bauwesen, Wohnungswirtschaft und Städtebau. Der im Verwalten des Mangels erfahrene Physiker hat den Auftrag, die Bau- und Wohnungswirtschaft in die neu zu schaffenden Länder und Kommunen zu überführen:

Im Prinzip besteht meine Aufgabe darin, meine neue Arbeitsstelle, das Ministerium, überflüssig zu machen.

Doch Viehweger hat noch mehr zu tun: Die Altbauten der DDR verfallen, auch der Zustand vieler Plattenbauten ist kaum besser. Über 800 Milliarden D-Mark betrage der Sanierungsbedarf, vermutet der Minister im April 1990. Zudem ist der bauliche Zustand vieler Innenstädte katastrophal. Viehweger setzt auf die Sanierung der Altstädte, die wieder zu einem "attraktiven Lebensraum" werden und den Städten eine neue Identität bringen sollen.

Stasivorwürfe - "Wir können nicht mehr anders"

Das Ende seiner Amtszeit als Bauminister wird von Stasi-Vorwürfen im September 1990 überschattet. Als Stadtrat in Dresden soll er Kontakte zum MfS gepflegt haben. Viehweger gesteht diese zwar ein, bestreitet aber, eine IM-Erklärung unterschrieben und Dokumente weitergegeben zu haben. Doch am 28. September tritt er von seinem Amt zurück. Die Volkskammer möge "diesen Rücktritt nicht als Eingeständnis meiner Schuld […] bewerten, aber ich sage Ihnen ganz ehrlich: Sowohl meine Familie als auch ich, wir können nicht mehr anders."

Bei den Landtagswahlen tritt er dennoch als Spitzenkandidat für die sächsische FDP an. Sein Mandat lässt Viehweger jedoch ruhen, bis die Stasi-Vorwürfe gegen ihn geklärt sind. Doch die Vorwürfe wird er nicht los und im November 1991 wird er von der FDP-Fraktion ausgeschlossen. Daraufhin tritt er aus der FDP aus, gehört dem Landtag jedoch noch bis zum Ende der Legislaturperiode an. Dem Bauwesen bleibt er treu. Seit 2002 ist Viehweger Verbandsdirektor und Vorstand der Sächsischen Wohnungsgenossenschaften.

Dieser Text ist ein Auszug aus dem Buch "Die Staatsmacht, die sich selbst abschaffte. Die letzte DDR-Regierung im Gespräch", erschienen 2018 im © mdv Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale).

Über dieses Thema berichtet der MDR auch im Fernsehen: MDR-Dok: Die letzte DDR-Regierung | 18.03.2018 | 22:25 Uhr