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#blickzurück: Kalenderblatt der GeschichteDas geschah am 8. November

08. November 2022, 05:00 Uhr

1892: "Zwangsarbeitsanstalt zu St. Georg" in Leipzig eröffnet

Am 8. November 1892 wird in der Leipziger Riebeckstraße die "Zwangsarbeitsanstalt zu St. Georg" eingeweiht. Arbeits- und wohnungslose Menschen müssen hier Zwangsarbeit verrichten – in den Augen der damaligen Öffentlichkeit eine Disziplinierungsmaßnahme, die der "sittlichen Besserung" dienen soll. Wohnungslosigkeit und Armut wurden als Folge der Industrialisierung im 19. Jahrhundert zum Massenphänomen. Der Staat reagiert darauf mit einer repressiven "Fürsorgepolitik", die von Unterdrückung und Stigmatisierung geprägt ist.

Über ein Jahrhundert hinweg wird der Gebäudekomplex in der Riebeckstraße von unterschiedlichen politischen Systemen genutzt. In der Zeit des Nationalsozialismus dient das Areal als Durchgangsstation der städtischen NS-Verfolgungspolitik; zahlreiche Insassen der Anstalt werden zu Opfern der "Euthanasie"-Verbrechen. In der DDR nutzt man das Gebäude als "Sozialheim". In der angeschlossenen Venerologischen Station werden minderjährige Mädchen und Frauen, denen man "Herumtreiberei" unterstellt, zwangseingewiesen und gegen ihren Willen auf Geschlechtskrankheiten untersucht.

Seit 1999 wird das Areal von dem Städtischen Eigenbetrieb Behindertenhilfe (SEB) genutzt. Auf dem Gelände befindet sich außerdem eine Kindertagesstätte sowie eine Unterkunft für Geflüchtete. Ein Initiativkreis setzt sich dafür ein, an dem Ort eine lebendige Erinnerungs- und Begegnungsstätte entstehen zu lassen, die historisches Gedenken und Lernen ermöglicht.

1917: Bolschewiki stürmen Winterpalast in St. Petersburg

Am 7. November 1917 nehmen bolschewistische Truppen den Winterpalast in St. Petersburg (damals "Petrograd") ein und stürzen die provisorische Regierung, die sich in Folge der Februarrevolution im gleichen Jahr gebildet hatte. Geplant und angeleitet wird der Putsch vom Gründer der kommunistischen Bolschewiki, Wladimir Iljitsch Lenin (eigentlich Wladimir Iljitsch Uljanow). Die Pläne dafür schmiedet er im Exil – von hier aus verfolgt er das revolutionäre Geschehen in Russland, das im Februar 1917 in der Auflösung der Monarchie mündet.

Die ersten freien Wahlen nach der gewaltvollen Machtübernahme der Bolschewiki im November sind für diese ein Rückschlag – sie unterliegen gegen ihren Gegner, die Partei der Sozialrevolutionäre. Nach diesem Misserfolg treiben die Bolschewiki die Verfassungsgebende Versammlung mit Waffengewalt auseinander und erklären sich selbst zur politischen Führung Russlands. Dies führt zu einem fünfjährigen Bürgerkrieg, der Millionen Menschen das Leben kostet.

1959: "Clown Ferdinand" im DDR-Fernsehen

1959 strahlt der Deutsche Fernsehfunk (DFF) die erste Folge der beliebten DDR-Kinderserie "Clown Ferdinand" aus. In der Sendung reist ein tollpatschiger Clown mit seinem Papagei Robert in einem selbst gebauten Wohnwagen durchs Land und hilft allen, die in Schwierigkeiten stecken. Dabei verursacht er nicht selten ein heilloses Chaos. Die Serie "Clown Ferdinand" ist eine Co-Produktion des DFF mit dem tschechischen Fernsehen. Hauptdarsteller ist Jiří Vršťala, der die Kunstfigur 1955 selbst erschaffen hatte.

1989: Rücktritt des SED-Politbüros

1989 treten die Mitglieder des SED-Politbüros unter dem Druck der andauernden Massenproteste geschlossen zurück. Das Gremium formiert sich noch am selben Tag neu. Doch die Proteste der DDR-Bevölkerung für Reformen und Reisefreiheit halten an. Keinen Monat später, am 3. Dezember 1989, löst sich das Politbüro endgültig auf.

Das Politbüro war die Machtzentrale der DDR. Seit seiner Gründung 1949 traf es alle politischen Entscheidungen. Unter anderem verfügte es über den Bau der Mauer und die Todesschüsse an der innerdeutschen Grenze. Ab 1992 mussten sich ehemalige Mitglieder, darunter Willi Stroph, Egon Krenz, Günter Schabowski und Erich Honecker, für ihre Mitschuld an den Mauertoten vor dem Landgericht Berlin verantworten.

1991: Abriss des Lenin-Denkmals in Berlin

1991 beginnt der Abriss des Lenin-Denkmals auf dem heutigen "Platz der Vereinten Nationen". Der Bezirk Friedrichshain entscheidet sich trotz Protesten und Kritik aus der Bevölkerung für dessen Demontage. Auch eine Klage von Erben des Bildhauers Nikolai Tomski, der die Statue im Auftrag der DDR-Regierung entworfen hatte, scheitert. Die Begründung: Das sozialistische Denkmal stehe für Personenkult und die Unterwerfung in einer Diktatur. Seine Entfernung aus dem Stadtbild sei deshalb im Interesse der Allgemeinheit. Das 19 Meter hohe Granit-Standbild wird in 125 Segmente zerlegt und in der Seddiner Heide vergraben. Der Abbau des Denkmals wird im Spielfilm "Good bye, Lenin" von 2003 nachgestellt.

2017: Verfassungsgericht bestätigt drittes Geschlecht im Behördenregister

Am 8. November 2017 verkündet das Bundesverfassungsgericht ein revolutionäres Urteil: Künftig muss es möglich sein, ein drittes Geschlecht im Personenstand anzugeben. Intersexuelle Menschen, die sich aufgrund von biologischen Merkmalen nicht eindeutig mit der Kategorie "männlich" oder "weiblich" identifizieren, mussten bis zu diesem Zeitpunkt einer der binären Kategorien zugeordnet werden oder gar kein Geschlecht angeben – etwa im Geburten- oder Eheregister. Dies wird vom Gericht in Karlsruhe als Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht sowie das Diskriminierungsverbot gewertet. Das Urteil wird 2018 umgesetzt. Seitdem ist für intersexuelle Menschen möglich, das eigene Geschlecht auch durch die Option "divers" sichtbar zu machen.