#blickzurück: Kalenderblatt der Geschichte Das geschah am 30. August

30. August 2022, 05:00 Uhr

1945: Alliierter Kontrollrat übernimmt politische Führung

Mit der "Proklamation Nummer 1" wendet sich am 30. August 1945 der Allliierte Kontrollrat erstmals direkt an das deutsche Volk und verkündet, fortan die politische Macht im Nachkriegsdeutschland zu übernehmen. Die Allliierten füllen damit offiziell das Machtvakuum, das mit dem Ende der nationalsozialistischen Diktatur entstanden war.

Grundlage der Proklamation ist die Berliner Erklärung vom 5. Juni desselben Jahres. Dieser zufolge übernehmen die Siegermächte USA, Großbritannien, Frankreich und die UdSSR die oberste Regierungsgewalt in Deutschland und teilen das Land und die Stadt Berlin in vier Sektoren auf.

Wichtigste Aufgabe des Kontrollrates ist es, die Beschlüsse des Potsdamer Abkommens umzusetzen. Hierzu zählen unter anderem die Entnazifizierung und die Entmilitarisierung Deutschlands.

Bereits 1948 kommt die Arbeit des Kontrollrates allerdings zum Erliegen, als der sowjetische Vertreter Wassili Sokolowski seine Tätigkeit aufgibt. Volle Souveränität ganz ohne die ehemaligen Siegermächte erhält die Bundesrepublik jedoch erst 1990 mit der Wiedervereinigung zurück.

1963: "Rotes Telefon" eingerichtet

Am 30. August 1963 geht eine direkte Verbindung zwischen dem damaligen US-Präsidenten John F. Kennedy und UdSSR-Staatschef Nikita Chruschtschow in Betrieb. Im Pentagon in Washington D.C. und im Moskauer Kreml wird das "Rote Telefon" installiert. Per Fernschreiben können die mächtigsten Männer im Kalten Krieg nun auf direktem Wege miteinander kommunizieren. Den Beschluss, eine solche Verbindung zu schaffen, fassten die Staatsmächte, nachdem es in der Kubakrise 1962 fast zur nuklearen Eskalation gekommen war. Mögliche Missverständnisse mit verheerenden Folgen soll der "heiße Draht", wie die Verbindung auch genannt wird, künftig verhindern.

Später werden auch die Atommächte Frankreich und Großbritannien an die Leitung angeschlossen. Auch heute noch dient das "Rote Telefon" zur direkten Kommunikation zwischen Regierungen. Beispielsweise hat die US-Regierung einen "heißen Draht" zum chinesischen Staatschef.

1972: West-Berliner Exklave Steinstücken erhält Straße

1972 wird eine Stichstraße eröffnet, mit der die West-Berliner Exklave Steinstücken fortan an das Nahverkehrsnetz nach Berlin-Zehlendorf angebunden wird. Das 300 mal 400 Meter große bewohnte Areal Steinstücken befindet sich auf DDR-Territorium, wird jedoch von West-Berlin verwaltet.

Zuvor mussten die circa 180 Einwohner einen streng kontrollierten Weg durch ostdeutsches Territorium passieren, um nach West-Berlin zu gelangen. Dies sorgte für anhaltende Konflikte zwischen den Anwohnern, dem DDR-Grenzschutz, Berliner Politikern und alliierten Soldaten. Nach dem Mauerbau richteten die Alliierten zeitweise sogar mit Hubschraubern eine Luftbrücke nach West-Berlin ein.

Steinstücken ist eine von zehn Exklaven West-Berlins in der Mark Brandenburg. Nach 1945 gehört Steinstücken zum Amerikanischen Sektor. 1951 versucht die Volkspolizei der DDR erfolglos, das Areal zu besetzen. Bis 1971 ist Steinstücken die einzige bewohnte westliche Exklave in der DDR.

1978: DDR-Bürger entführen polnisches Passagierflugzeug

Um ihre Flucht in den Westen zu erzwingen, wollen die DDR-Bürger Ingrid Ruske und Hans Detlef Tiede ein Flugzeug entführen. Auf dem Rückflug von Danzig nach Ost-Berlin zwingt Hans Detlef Tiede mit vorgehaltener Waffe die Besatzung der Tupolew 134, ein polnisches Passagierflugzeug, zur Landung in West-Berlin.

Der Fluchtversuch in den Westen soll Ingrid Ruske mit ihrem westdeutschen Freund Horst Fischer zusammenbringen, den sie 1977 in Ost-Berlin kennengelernt hatte. Zusammen mit Fischers früherem Arbeitskollegen Hans Detlef Tiede plante Ruske über Polen, die DDR zu verlassen. Der Fluchtversuch aus Danzig mit der Fähre war allerdings fehlgeschlagen. Tiede und Ruske entscheiden sich darufhin für die Flugzeugentführung.

Bei der Landung in Tempelhof werden Tiede und Ruske verhaftet. Sieben weitere Passagiere ergreifen die Chance zur Flucht in den Westen. 1979 wird Ingrid Ruske vor einem amerikanischen Gericht in West-Berlin freigesprochen, Hans Detlef Tiede erhält eine Haftstrafe von neun Monaten. Ruske heiratet in den 1980er-Jahren ihren westdeutschen Freund Horst Fischer.

1988: Frauenquote in der SPD

Auf ihrem 33. Bundesparteitag in Münster beschließt die SPD 1988 die Einführung einer Frauenquote innerhalb der Partei. Diese schreibt vor, dass Frauen bis 1994 in allen Parteigremien und bei allen Mandaten zu mindestens 33 Prozent vertreten sein müssen. 362 Delegierte stimmen für und nur 54 von ihnen gegen die Frauenquote. Seit 1994 gilt eine Quote von 40 Prozent.

Vorausgegangen waren jahrelange Diskussionen über Gleichberechtigung in der Partei. Nicht nur viele Männer lehnten eine Frauenquote ab, weil sie fürchteten, um ihre Ämter konkurrieren zu müssen. Auch viele Frauen fürchteten, als "Quotenfrau" abgestempelt zu werden. Dennoch will die SPD mehr Frauen dazu ermutigen, sich in der Partei zu engagieren. Gleichzeitig soll die Quotenregelung die SPD für mögliche Wählerinnen attraktiver machen.

Heute liegt die SPD beim Frauenanteil im Mittelfeld: 2019 sind knapp 33 Prozent der SPD-Mitglieder weiblich, bei den Grünen sind es 41 Prozent, bei der AfD hingegen nur knapp 18 Prozent.

1991: Kein Tempolimit mehr in Ostdeutschland

Gegenüber der BILD-Zeitung teilt der damalige Bundesverkehrsminister Günther Krause (CDU) mit, das Tempolimit auf ostdeutschen Autobahnen aufheben zu wollen. Ab dem 1. Januar 1992 solle die bisherige Höchstgeschwindigkeit von 100 Stundenkilometern schrittweise dort aufgehoben werden, wo der Zustand der Fahrbahnen es zulasse. Das betrifft zunächst die Strecken zwischen Hamburg und Berlin und Hannover und Berlin. Ein generelles Tempolimit auf bundesdeutschen Autobahnen lehnt Verkehrsminister Krause ab. In der DDR hatte es eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 100 Stundenkilometern auf Autobahnen und 80 Stundenkilometern auf den Landstraßen gegeben.

Günther Krause gilt Anfang der 1990er Jahre als aufstrebender Politiker und war Teil der letzten DDR-Regierung. Er unterzeichnete 1990 den Einigungsvertrag zusammen mit CDU-Politiker Wolfgang Schäuble. Von 1991 bis 1993 ist er Bundesverkehrsminister.

1992: Erste evangelische Bischöfin

Am 30. August 1992 tritt Maria Jepsen als weltweite erste Bischöfin der evangelisch-lutherischen Kirche in Hamburg offiziell ihr Amt an. Vier Monate zuvor wurde sie in dieses Amt gewählt, das sie fortan für die nächsten 18 Jahre inne hat. Während dieser Zeit setzt sich Jepsen als feministische Theologin für Themen wie Gleichberechtigung , soziale Gerechtigkeit und den Dialog mit anderen Konfessionen ein.

2002 wird sie für eine zweite Amtszeit wiedergewählt. Jedoch erklärt sie 2010 ihren Rücktritt, nachdem Missbrauchsfälle durch einen Pastor in einer Hamburger Kirchengemeinde bekannt werden, von denen Jepsen schon jahrelang gewusst haben soll. Ihre Nachfolgerin im Bischofsamt wird Kirsten Fehrs.

Die Hamburger Bischöfin Maria Jepsen während eines Gottesdienstes auf dem Rathausmarkt.
Die ehemalige evangelische Bischöfin Maria Jepsen während eines Gottesdienstes auf dem Hamburger Rathausmarkt Bildrechte: IMAGO / epd