#blickzurück: Kalenderblatt der Geschichte Das geschah am 27. September

27. September 2022, 05:00 Uhr

1822: Hieroglyphenschrift entziffert

Am 27. September 1822 verkündet der französische Sprachwissenschaftler Jean-François Champollion in Paris, dass ihm die Entschlüsselung der ägyptischen Hieroglyphenschrift gelungen ist. Der 31-Jährige findet heraus, dass das ägyptische Schriftsystem nicht nur aus Symbolzeichen für ganze Wörter besteht, sondern einzelne Hieroglyphen auch die Funktion von Buchstaben haben.

Das war ihm aufgefallen, als er Hieroglyphenkartuschen mit Königsnamen auf Obelisken und Abbildungen in Abu Simbel studierte. Auch der Stein von Rosette spielt bei der Entdeckung eine wichtige Rolle: Auf der steinernen Stele aus dem Jahr 196 v. Chr. ist der gleiche Text in Hieroglyphen, auf Demotisch und Altgriechisch eingemeißelt.

Rosetta Stone, Hieroglyphen
Auf dem Stein von Rosette befindet sich die sinngemäß gleiche Inschrift auf Altgriechisch, Demotisch und in Hieroglyphenschrift. Ein entscheidender Bildrechte: IMAGO / VWPics

1940: Hitler befiehlt Kinderlandverschickung

1940 befiehlt Hitler die Evakuierung von Stadtkindern in ländliche Gebiete, um sie vor den Bombenangriffen der Alliierten zu schützen. Rund zwei Millionen Jungen und Mädchen werden bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges in Lagern oder bei fremden Familien untergebracht. Mit der Kinderlandverschickung wird auch ein ideologisches Ziel verfolgt: Die Heranwachsenden können ihren Elternhäusern entzogen und im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie erzogen werden. Geleitet vom Reichsjugendführer Baldur von Schirach, ist die Hitlerjugend verantwortlich für die Organisation und Betreuung der Kinder.

1960: Christa Wolf beginnt Arbeit an "Ein Tag im Jahr"

Am 27. September 1960 folgt Christa Wolf dem Aufruf der Moskauer Zeitung "Iswestija", den Tag zu beschreiben. Danach beschreibt sie diesen Tag in jedem Jahr – bis zu ihrem Tod im Jahr 2011. Die authentische Biographie erscheint in zwei Teilen.

Die seit 1949 in der SED aktive Autorin gehört zu den bedeutendsten Schriftstellerinnen der DDR. Ihre Werke werden in zahlreiche Sprachen übersetzt. Der 1963 erschienene Roman erhält den Heinrich-Mann-Preis der DDR und wird zwei Jahre später von der DEFA verfilmt.

Wegen ihrer kritischen Haltung entwickeln sich jedoch parallel zu künstlerischen auch politische Differenzen mit der DDR-Führung. Als sie mit ihrem Ehemann gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns protestiert, werden beide aus dem Schriftstellerverband der DDR ausgeschlossen.

Christa Wolf, 1966
Christa Wolf 1966 Bildrechte: imago images/Mary Evans

1973: Start des bemannten Raumschiffs Sojus 12

Am 27. September 1973 startet mit der Sojus 12 der 22. Flug im Sojusprogramm. Es ist der erste bemannte sowjetische Raumflug nach dem Unglück mit Sojus 11, bei dem zwei Jahre zuvor alle drei Insassen ums Leben kamen.

Das ursprüngliche Ziel, mit der Raumstation Saljut 2 zu koppeln, kann nicht erreicht werden, da es nicht rechtzeitig gelingt, diese in der Erdumlaufbahn zu stabilisieren. Die Missionsziele werden daraufhin geändert und auf die bemannte Erprobung der neuen Generation von Sojus-Kapseln ausgerichtet. Zwei Tage nach dem Start kehrt die Sojus-Kapsel zur Erde zurück.

1996: Taliban nehmen afghanische Hauptstadt Kabul ein

1996 marschieren die Taliban in die afghanische Hauptstadt Kabul ein. Die Miliz ermordet den ehemaligen Staatspräsidenten Mohammed Nadschibullāh und errichtet einen islamischen Gottesstaat, das "Islamische Emirat Afghanistan". Die Taliban setzten eine strenge Auslegung der Scharia, des islamischen Rechts, durch. Musik, Tanz und Fernsehen sind verboten, Frauen dürfen nicht mehr arbeiten oder zur Schule gehen. Zuwiderhandlungen werden wie zu kurze Bärte oder versäumte Gebete werden drakonisch bestraft. Eine Religionspolizei überwacht die Einhaltung der neuen Regeln. 2001 beendet eine von den USA geführte Offensive die grausame Herrschaft der Taliban. Die von der NATO geführte Sicherheits- und Unterstützungstruppe "ISAF" hilft bis 2014 beim Wiederaufbau des Landes. Die Folgemission "Resolute Support" berät die afghanischen Sicherheitskräfte und bildet sie militärisch aus. Nach dem Abzug der Truppen übernehmen die Taliban 2021 erneut die Macht.

1998: SPD und Bündnis 90/Die Grünen koalieren

1998 kommt es erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik zu einem kompletten Regierungswechsel durch eine Bundestagswahl. Nur 35,1 Prozent der Wählerinnen und Wähler stimmen für die CDU/CSU, für die FDP sind es 6,2 Prozent. Damit ist die christlich-liberale Koalition unter Helmut Kohl abgewählt. SPD und Bündnis 90/Die Grünen erreichen mit 40,9 und 6,7 Prozent der Stimmen die absolute Mehrheit im Deutschen Bundestag. Die beiden Parteien bilden die erste rot-grüne Koalition auf Bundesebene. Gerhard Schröder löst Helmut Kohl nach 16 Jahren Amtszeit als Bundeskanzler ab.

Schröder und Fischer stoßen auf Koalitionsvertrag an, 1998
Nach der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags zwischen SPD und Bündnis 90/ Die Grünen stoßen Gerhard Schröder und Georg Fischer auf das neue Regierungsbündnis an. Bildrechte: IMAGO / photothek

2009: Angela Merkel bleibt Bundeskanzlerin

2009 erreichen die Union und die FDP bei der 17. Bundestagswahl die notwendige Mehrheit für eine schwarz-gelbe Regierung. Nach den Koalitionsverhandlungen wählt der Bundestag Angela Merkel erneut zur Bundeskanzlerin. Obwohl die CDU mit 27,3 Prozent der Stimmen als stärkste Partei hervorgeht, ist die Union mit insgesamt 33,8 Prozent bei den Wählerinnen und Wählern so unbeliebt wie seit 1949 nicht mehr. Die SPD erzielt unter Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier mit 23 Prozent der Stimmen ihr bisher schlechtestes Wahlergebnis. FDP, Linke und Bündnis 90/Die Grünen können dagegen Stimmen hinzugewinnen.

2017: Frauen dürfen weltweit Autofahren

Der saudische König Salman erlässt ein Dekret, das es den Frauen in dem islamisch-konservativen Land erlaubt, selbst Fahrzeuge zu führen. Damit gibt es kein Land mehr, das den Frauen das Autofahren untersagt. Da Frauen und Männer in dem Land jedoch strikt getrennt leben, müssen erst neue Fahrlehrer eingestellt und die Polizisten auf die weiblichen Autofahrer vorbereitet werden. So vergeht noch ein Dreivierteljahr, bis die Frauen auch tatsächlich hinter das Steuer dürfen. Von vielen jungen Menschen wird der Schritt als längst überfällig angesehen.

In Deutschland gab es nie ein Gesetz, das den Frauen das Führen eines Fahrzeugs verbat. Dennoch sind es zunächst noch Männer, die hinter dem Lenkrad dominieren. Erst in den Zwanziger Jahren wird das Autofahren für Frauen normalisiert. Dennoch gilt die Autofahrerin in der Weimarer Republik als Sinnbild für die emanzipierte Frau. Bis heute halten sich Vorurteile über Auto fahrende Frauen.

Eine junge, verschleierte Araberin am Steuer eines Autos.
Eine junge, verschleierte Frau sitzt in Saudi-Arabien hinter dem Steuer eines Autos. Bildrechte: imago/Kyodo News