#blickzurück: Kalenderblatt der Geschichte Das geschah am 24. April

24. April 2022, 05:00 Uhr

Südwestafrika wird erste deutsche Kolonie

Am 24. April 1884 erklärt Reichskanzler Otto von Bismark Südwestafrika (heute Namibia) zum deutschen Schutzgebiet. Damit hat Deutschland seine erste Kolonie. Das Küstengebiet war zuvor vom Bremer Tabakhändler Adolf Lüderitz vom Volk der Nama als privater Landbesitz erworben worden. In den Folgejahren wird die Kolonie mehrfach erweitert, so dass sie am Ende ungefähr anderthalbmal so groß ist wie das damalige Deutsche Reich.

Lüderitz will deutsche Siedler nach Südwestafrika locken und damit eine Alternative zur damals verbreiteten Auswanderung von ärmeren Deutschen in die USA schaffen. Der Plan geht nur teilweise auf. Auch wenn Südwestafrika zur einzigen Kolonie mit einer nennenswerten deutschen Bevölkerung wird, bleibt die Zahl der Siedler hinter den Erwartungen zurück: Zu Beginn des Ersten Weltkrieges hat die Kolonie ca. 200.000 Einwohner, davon aber nur gut 12.000 Deutsche.

Sammelband Deutsche Kolonien
Auch in Sammelheften wird für deutsche Kolonien geworben. Bildrechte: imago images/Arnulf Hettrich

Die einheimische schwarze Bevölkerung wird diskriminiert und beginnt eine Rebellion, die blutig niedergeschlagen wird. Zwischen 1904 und 1907 sterben mehrere zehntausend Afrikaner bei Kämpfen, durch Krankheit oder Mord. Die deutschen Kolonialherren lassen Menschen gezielt verdursten und verhungern. Tausende werden in Konzentrationslagern interniert. Ab 1907 sind alle Afrikaner ab sieben Jahren verpflichtet, eine "Eingeborenen-Passmarke" zu tragen und auf Verlangen jedem Weißen vorzuzeigen. Im Ersten Weltkrieg wird Deutsch-Südwestafrika von Truppen der Südafrikanischen Union erobert, die Teil des britischen Empires ist. Mit der Kapitulation am 9. Juli 1915 endet die deutsche Kolonialherrschaft.

Verantwortliche des Lidice-Massakers hingerichtet

Am 24. April 1947 werden in Prag nach einem vierwöchigen Prozess sechs ehemalige SS- und Gestapo-Angehörige hingerichtet, die für das Massaker im tschechischen Lidice verantwortlich sind. Die Todesstrafen werden nur wenige Stunden nach der Urteilsverkündung zwischen 16:20 Uhr und 17:51 Uhr vollstreckt. Neun weitere Verantwortliche werden an diesem Tag zu langjährigen Haftstrafen verurteilt.

Das Massaker von Lidice im Juni 1942 war eine Vergeltungsaktion für das erfolgreiche Attentat tschechischer Widerstandskämpfer auf den stellvertretenden Reichsprotektor von Böhmen und Mähren, SS-Obergruppenführer Reinhard Heydrich, der als "Schlachter von Prag" berüchtigt war. Die 181 männlichen Bewohner des Dorfes ab 16 Jahren wurden erschossen, die 195 Frauen des Dorfes ins KZ Ravensbrück verschleppt, 85 Kinder im Vernichtungslager Chełmno vergast und 13 weitere als "eindeutschungsfähig" in deutsche Pflegefamilien gegeben. Das Dorf wurde nach der Aktion dem Erdboden gleichgemacht. Heute befinden sich dort eine Gedenkstätte und ein großes Rosarium.

Zweite Bitterfelder Konferenz: "Greif zur Feder, Kumpel"

Am 24. April 1959 beginnt im "Elektrochemischen Kombinat Bitterfeld" die Zweite Bitterfelder Konferenz. Das dort propagierte kulturpolitische Programm fordert die Schaffung einer "sozialistischen Nationalkultur". Diese soll vor allem durch eine engere Bindung der Künstler an die Arbeiter in Industrie und Landwirtschaft sowie durch die Hebung des Kultur- und Bildungsniveaus erreicht werden.

Mit den Bitterfelder Konferenzen von 1959 und 1964 wird jeweils der Versuch unternommen, Literatur und Produktion einander näher zu bringen. Kunst, Literatur, Arbeitsprozess und öffentliches Leben sollen sich verbinden. 1959 war entschieden worden, dass sich jede Kunst auf das Leben der Arbeiterklasse zu konzentrieren habe. Die Konferenz von 1964 – drei Jahre nach dem Bau der Berliner Mauer – fordert zu einer erneuten Anstrengung zur Schaffung einer ostdeutschen Nationalkultur auf. Dem Bitterfelder-Appell "Künstler in die Produktion!" folgen zahlreiche DDR-Schriftsteller. So absolviert Christa Wolf ein Betriebspraktikum im VEB Waggonbau Halle. Dort leitet sie einen Zirkel schreibender Arbeiter.

Festnahme des Kanzleramspions Günter Guillaume

Guillaume schafft es als DDR-Spion bis ins Bundeskanzleramt ist zwischen 1972 und 1974 persönlicher Referent von Willy Brandt. 1973 wird er enttarnt, es dauert allerdings noch acht Monate, bis der Verfassungsschutz in seinem Abschlussbericht für eine Verhaftung von Guillaume plädiert. Am 24. April 1974 wird der Agent festgenommen. Er soll die bundesdeutschen Beamten mit folgenden Worten begrüßt haben: "Ich bin Offizier der Nationalen Volksarmee der DDR und Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit. Ich bitte, meine Offiziersehre zu respektieren." Im Mai 1974 tritt Willy Brandt in Folge der "Guillaume-Affäre" als Bundeskanzler zurück und Helmut Schmidt folgt ihm ins Amt. Guillaume selber wird erst im Oktober 1981 aus der Haft entlassen.

Nicole gewinnt den Grand Prix d'Eurovision

Am 24. April 1982 gewinnt Nicole den Grand Prix d'Eurovision. Damit geht die Auszeichnung zum ersten Mal in der Geschichte an Deutschland – den Wettbewerb gibt es zu diesem Zeitpunkt bereits seit 26 Jahren. In einer Zeit von Spannungen und Aufrüstung mitten im Kalten Krieg kommt die Friedensbotschaft ihres Liedes gut an – Nicole gewinnt mit einem spektakulären Vorsprung von 61 Punkten, aus neun Ländern erhält sie die Höchstwertung von zwölf Punkten. Großen Applaus gibt es, als sie den Song nach dem Sieg noch einmal auf Englisch, Französisch und Niederländisch singt. In vielen Ländern landet Nicole mit dem Lied auf Platz Eins in den Charts. Sie selbst singt es insgesamt in sieben Sprachen. Außerdem wird es in mehrere weitere Sprachen übersetzt und von anderen Sängerinnen und Sängern interpretiert.

Honecker wird in Rom von Papst Johannes Paul II. empfangen

Das Staatsoberhaupt der DDR, Erich Honecker, wird am 24. April 1985 im Vatikan von Johannes Paul II. empfangen. Vor versammelter internationaler Presse sprechen sie sich gemeinsam für die Beendigung des atomaren Rüstungswettlaufes und für eine schrittweise Abrüstung aus. Die dafür frei werdenden Mittel sollten für die Beseitigung von Hunger, Elend und Not in der Welt genutzt werden, so heißt es in der Pressekonferenz im Vatikan. Es gebe nichts wichtigeres als die Sicherung des Friedens. Zum Abschluss überreicht Honecker dem Papst eine Figur aus Meißner Porzellan: Madonna mit Kind. Der Papst überreicht Honecker eine Pontifikal-Medaille.

Tausende Berliner demonstrieren gegen Ausländerfeindlichkeit

Mehrere Tausend Ost- und West-Berliner demonstrieren am 24. April 1990 gegen zunehmende Ausländerfeindlichkeit in beiden deutschen Staaten. Die Demonstration an der Weltzeituhr steht unter dem Motto "Menschenrechte sind unteilbar". Man habe, so ein Demonstrant gegenüber der "Aktuellen Kamera", in 40 Jahren DDR nicht gelernt, mit Ausländern zu leben. Es gehe nicht darum, ob man deutsch oder nicht-deutsch sei, sagt der Mann: "Menschen sind wir alle."

Zwei Tage nach der Demonstration meldet sich Regine Hildebrandt (SPD), die damalige Ministerin für Arbeit und Soziales, in einem TV-Gespräch zu Wort: "Die Ausländerfreundlichkeit in diesem Land ist durch die verfehlte Politik der letzten Jahre nicht gegeben. Die Ausländer sind nicht genügend integriert. Das muss Aufgabe der Zukunft sein." Viel dringender aber sei es, so Hildebrandt, dass die Arbeitsverhältnisse der 90.000 Ausländer, die in den DDR-Betrieben arbeiteten, bestehen blieben. Diese drohten durch den wirtschaftlichen Umbruch der nahenden Wiedervereinigung aufgehoben zu werden.