#blickzurück: Kalenderblatt der Geschichte Das geschah am 4. August

04. August 2022, 05:00 Uhr

1931: Kurt Tucholsky behauptet: "Soldaten sind Mörder"

Da gab es vier Jahre lang ganze Quadratmeilen Landes, auf denen war der Mord obligatorisch, während er eine halbe Stunde davon entfernt ebenso streng verboten war. Sagte ich: Mord? Natürlich Mord. Soldaten sind Mörder.

Kurt Tucholsky Die Weltbühne, 1931

Diese Sätze sorgen für Aufsehen. Sie sind Teil der Glosse "Der bewachte Kriegsschauplatz", die der Schriftsteller Kurt Tucholsky unter dem Pseudonym Ignaz Wrobel 1931 in der Wochenzeitschrift "Weltbühne" publiziert. Tucholsky beschreibt darin seine Erlebnisse beim Dienst der Feldpolizei im Ersten Weltkrieg. 1931 kommt es zum Prozess gegen den Herausgeber der "Weltbühne" Carl von Ossietzky. Der Vorwurf: Beleidigung der Reichswehr. Tucholsky kann nicht angeklagt werden, da er sich zu dieser Zeit bereits im Exil in Schweden befindet. Ossietzky wird im Juli 1932 freigesprochen, weil der Satz "Soldaten sind Mörder" laut Gericht niemanden persönlich angreift.

In den darauffolgenden Jahrzehnten greifen vor allem Friedensaktivisten Tucholskys Satz wiederholt auf. So werden mehrere Personen wegen Beleidigung verurteilt, weil sie Tucholskys Behauptung öffentlich zitiert haben. 1995 entscheidet der Erste Senat nach einer Verfassungsbeschwerde zu ihren Gunsten: Der Tatbestand "Beleidigung" werde nur erfüllt, wenn das Zitat eine bestimmte Person oder die Bundeswehr direkt angreift. Eine allgemeine Kritik am Krieg oder Soldatentum sei hingegen nicht strafbar. So ziert Tucholskys Spruch noch heute Transparente auf Friedensdemonstrationen.

1951: Kraftfahrtbundesamt gegründet

Per Gesetz richtet 1951 die Bundesregierung das Kraftfahrtbundesamt (KBA) ein. Die neue Behörde soll die wichtigsten Aufgaben zentralisieren, um den bundesdeutschen Autoverkehr zu überwachen. Fortan erfasst dieses Amt alle zugelassenen Fahrzeuge im Land, entzieht Verkehrsrowdys wenn nötig die Führerscheine und prüft die Sicherheit von neuen Fahrzeugen und Fahrzeugteilen. 1952 zieht die Behörde von Bielefeld nach Flensburg-Mürwik. 1974 wird die "Verkehrssünderkartei" eingeführt, mit der Fahrer je nach Schwere eines Fahrvergehens "Punkte in Flensburg" erhalten.

Nach der Wende registriert das KBA mehr als eine Million neuer Fahrzeuge: die Trabis der DDR-Bürgerinnen und -Bürger kommen hinzu. Bis dahin hat es in der DDR eine Stempelkarte gegeben, die Fahrverstöße dokumentiert. Seit 2016 können Einträge in die "Verkehrssünderkartei" auf Antrag auch online eingesehen werden.

1956: Leipziger Zentralstadion eröffnet

Ein riesiges Stadion für Leipzig, die "Sporthauptstadt der DDR", soll gebaut werden. Diesen Auftrag erhält der Architekt Karl Souradny im März 1955. Nach nur 15 Monaten Bauzeit wird das neue Zentralstadion im August 1956 eröffnet. Weil es mehr als 100.000 Zuschauern Platz bietet, ist es auch als "Stadion der Hunderttausend" bekannt und eines der größten weltweit.

Bis zur Wende ist es Austragungsort von international bedeutenden Sportereignissen, wie beispielsweise dem Fußball-Länderspiel zwischen der Nationalmannschaft der DDR und der CSSR. 1994 wird es wegen Baufälligkeit gesperrt und teilweise abgerissen. Die rot-grüne Koalition unter Bundeskanzler Gerhard Schröder ermöglicht mit 50 Millionen Euro im Jahr 2000 den Neubau. 2006 ist das Zentralstadion Spielstätte für die Fußball-WM.

In den Folgejahren wird das Stadion wenig genutzt, ehe der Fußballverein RB Leipzig ins Zentralstadion umzieht. Seit 2010 trägt das Stadion den Namen "Red Bull Arena" und bietet heute "nur" circa 47.000 Zuschauern Platz.

1972: US-Senat ratifiziert SALT-Abkommen

Am 3. August 1972 ratifiziert der US-Senat das SALT-I-Abkommen. SALT steht für "Strategic Arms Limitation Talks" (deutsch: Gespräche zur Begrenzung strategischer Waffen).

US-Präsident Richard Nixon und der KPdSU-Generalsekretär Leonid Breschnew unterzeichneten am 26. Mai 1972 das SALT-I-Abkommen. In der Hochphase des Kalten Krieges soll es ein wichtiger Schritt zur Abrüstung sein. Es begrenzt den Umfang der seegestützten Raketenabwehrsysteme und die Anzahl der Interkontinentalraketen beider Staaten. Zudem dürfen die Staaten keine weiteren landgestützten Raketen mehr bauen lassen. Es legt jedoch noch keine Begrenzung für Atomsprengköpfe fest.

Anschließend gehen die Verhandlungen zur Abrüstung weiter. 1979 unterzeichnen US-Präsident Jimmy Carter und Breschnew den Nachfolgevertrag SALT-II. Dieser wird jedoch nie ratifiziert, das verweigern die USA nach dem sowjetischen Einmarsch in Afghanistan 1979. Carters Nachfolger Ronald Reagan setzt sich dennoch für die Abrüstung ein. Erst die nachfolgenden Verträge INF und START werden rechtsgültig.

1992: Bosnische Waisenkinder landen in Sachsen-Anhalt

Auf dem Militärflughafen in Zerbst in der Nähe von Magdeburg landet am 3. August 1992 eine russische Transportmaschine. An Bord sind 42 bosnische Waisenkinder aus dem belagerten Sarajevo. Die Reise nach Deutschland hat mehr als vier Tage gedauert. Die Kinder sollen bis zum Ende des Bosnienkrieges in Heimen in Sachsen-Anhalt unterkommen und nicht zur Adoption freigegeben werden. Die meisten der Kinder sind von den Erlebnissen im Krieg traumatisiert. Eigentlich sollten 53 Kinder in Zerbst ankommen, zwei von ihnen starben jedoch in Sarajevo, serbische Militärs verschleppten neun weitere.

Die Rettungsaktion ist umstritten. Die Landesregierung hat diese im Alleingang organisiert – ohne die Zustimmung der Bundesregierung oder der Vereinten Nationen. Wegen Sicherheitsmängeln erhalten die CDU-Landtagsabgeordneten Karsten Knolle und Jürgen Angelbeck, die die Kinder in Sarajevo in Empfang genommen haben, im Nachgang scharfe Kritik.

1997 müssen die Kinder nach Aufforderung der bosnischen Regierung in ihr Heimatland zurückreisen.

2017: Lebenslänglich für den Mörder einer Studentin in Dessau

Das Urteil lautet lebenslänglich: Am 4. Augst verurteilt das Landgericht Dessau-Roßlau den 21-jährigen Sebastian F. wegen Vergewaltigung und Mord an der jungen Studentin Li Yangje im Mai 2016 zu lebenslanger Haft.

Als Komplizin muss sich später auch seine Verlobte Xenia I. verantworten. Sie hatte am 11. Mai 2016 die junge Chinesin Li Yangje beim Joggen in eine leerstehende Wohnung lockt. Dort vergewaltigt und misshandelt F. sie stundenlang, ehe er sie aus einem Fenster der Wohnung in eine Mülltonne hinter dem Haus wirft. Die Polizei findet die Leiche zwei Tage danach. Xenia I. wird wegen sexueller Nötigung zu fünf Jahren und sechs Monaten Gefängnis nach Jugendstrafrecht verurteilt.

Der Polizei werden Pannen bei der Spurensicherung und weiteren Ermittlung vorgeworfen. Brisanz erhält der Fall, da die Mutter und der Stiefvater des Angeklagten Polizeibeamte in Dessau-Roßlau sind. Ihnen wird vorgeworfen, Beweismittel vernichtet und die Ermittlungen behindert zu haben. Dieser Verdacht wird jedoch nicht bestätigt. Innenminister Holger Stahlknecht wird später dafür kritisiert, die Eltern nicht sofort vom Dienst suspendiert zu haben.