#blickzurück: Kalenderblatt der Geschichte Das geschah am 7. September

07. September 2022, 05:00 Uhr

1919: Eröffnung der Ersten Waldorfschule

Am 7. September 1919 wird die erste Waldorfschule in Stuttgart eröffnet. Sie geht auf die Initiative des Direktors der Zigarettenfabrik Waldorf-Astoria, Emil Molt, zurück. Für die Kinder seiner Arbeiter wollte er eine Schule gründen und gewinnt den Begründer der Anthroposophie Rudolf Steiner für die Umsetzung. In dessen Verständnis gehören Handeln, Denken und Fühlen beim Lernen zusammen. Er entwickelte ein reformpädagogisches Konzept: In Waldorfschulen lernen Jungen und Mädchen unabhängig von sozialer Herkunft und Begabung gemeinsam. Es gibt keine Noten und Bewegung sowie Musik spielen eine große Rolle. Steiner übernimmt Schulleitung und Lehrerausbildung.

Eine Waldorfschule ,auch: Rudolf-Steiner-Schule und in Deutschland Freie Waldorfschule
Heute gibt es fast 1.200 Waldorfschulen auf der Welt. Bildrechte: IMAGO/Andre Lenthe

1949: Reichsbahn wird zur Bundesbahn

Am 7. September 1949 wird in der Bundesrepublik die Deutsche Reichsbahn in Deutsche Bundesbahn umbenannt. Im Osten Deutschlands rollt sie unverdrossen unter ihrem alten Namen weiter, unter anderem um Betriebsrechte in West-Berlin zu behalten. So ist die Deutsche Reichsbahn der DDR in beiden Stadthälften für den Personen-, Güter- und S-Bahnverkehr verantwortlich. 1984 übernimmt die BVG in West-Berlin den S-Bahnbetrieb. Beide Unternehmen, Reichsbahn und Bundesbahn, werden als Staatsbetriebe geführt.

Am 1. Januar 1994 vereinigen sich Deutsche Reichsbahn und Deutsche Bundesbahn zur Deutsche Bahn AG, so wie es der Einigungsvertrag zwischen der Bundesrepublik und der DDR 1990 vorgesehen hat. 

1950: Berliner Stadtschloss gesprengt

Am 7. September 1950 wird die Kriegsruine des Berliner Stadtschlosses gesprengt. Das barocke Bauwerk gilt der SED-Führung als Inbegriff des preußischen Militarismus und muss einem Platz für Aufmärsche weichen. Bis zum Ende des Kaiserreiches 1918 dient der Bau als Stadtschloss der Hohenzollern. Es war 1442/1443 erbaut worden. Ab 1918 war es der Sitz von Behörden, Kunst- und Wissenschaftseinrichtungen.

Nach der Sprengung 1950 weicht die Ruine einem großen Platz für Aufmärsche. Am 1. Mai 1951 finden auf der nun "Marx-Engels-Platz" genannten Fläche eine erste Maikundgebung statt. Im November 1973 wird auf dem Gelände der Grundstein für den "Palast der Republik" gelegt, der 1976 als "Volkshaus" und zugleich Sitz der DDR-Volkskammer eröffnet wird. 1990 wird der Palast wegen Asbestbelastung geschlossen und der Rohbau schließlich zwischen 2006 und 2008 abgerissen. 2013 beginnt der Wiederaufbau des Berliner Schlosses an historischer Stelle. Im Sommer 2021 öffnet das Humboldt Forum im wiederaufgebauten Berliner Schloss seine Pforten für Besucher.

Im Forum werden unter anderem Berlins völkerkundliche Sammlungen und das Stadtmuseum untergebracht. Benannt ist die Einrichtung nach dem Naturforscher und gebürtigen Berliner Alexander von Humboldt.

1960: Wilhelm Pieck stirbt

Am 7. September 1960 stirbt der Präsident der DDR, Wilhelm Pieck in Berlin. Pieck wurde am 3. Januar 1876 im Brandenburgischen Guben geboren. Der gelernte Tischler lebte in Bremen und Berlin. Seine politische Laufbahn begann 1895 mit seinem Eintritt in die SPD. Bei der Gründung der KPD 1918 wurde Pieck in das Zentralkomitee der Partei gewählt. 1933 emigrierte der KPD-Politiker aus Nazi-Deutschland. Anfang Juli 1945 kehrt er aus dem Moskauer Exil in die Sowjetische Besatzungszone zurück und wirkte bei der Zwangsvereinigung von SPD und KPD zur SED mit. Gemeinsam mit Otto Grotewohl übernahm er 1946 den Parteivorsitz, bevor er am 11. Oktober 1949 zum Präsidenten der DDR gewählt wird. Jedoch ist sein politischer Einfluss gegenüber Walter Ulbricht nur gering, an politischen Entscheidungen war er kaum beteiligt. Pieck war der erste und einzige Präsident der DDR, und hatte das Amt bis zu seinem Tod inne. Anschließend wird das Amt abgeschafft und durch den DDR-Staatsrat ersetzt.

Wilhelm Pieck
Wilhelm Pieck (1876 -1960) im Oktober 1949. Bildrechte: IMAGO / United Archives International

1964: Bausoldatenverordnung tritt in Kraft 

Am 7. September 1964 tritt die Bausoldatenverordnung der DDR in Kraft. Männer, die einen Dienst an der Waffe ablehnten, können nun ihren 18-monatigen waffenlosen Wehrdienst bei den Baueinheiten der Nationalen Volksarmee (NVA) leisten. Die Bausoldaten trugen Spatensymbole auf ihren Uniformen und wurden meist beim Bau von Militäranlagen wie Flugplätzen oder Schießplätzen eingesetzt. Sie standen auf der untersten Stufe der militärischen Hierarchie und mussten mit Diskriminierung und Nachteilen - während und nach nach absolviertem Dienst - rechnen. So wurden beispielsweise Ausgangs- oder Urlaubssperre, verhängt und nach dem Dienst wurden ihnen oft ein Studium verwehrt.

1987: Honecker besucht Bundesrepublik

Am 7. September 1987 besucht DDR-Staatschef Erich Honecker die Bundesrepublik. Empfangen wird er von Bundeskanzler Helmut Kohl in Bonn. Es ist der erste und einzige Besuch eines ostdeutschen Staatsoberhaupts in der BRD vor der Wende und zugleich Honneckers außenpolitischer Höhepunkt.

Für den SED-Generalsekretär und seine Partei bedeutet der "Arbeitsbesuch eines Staatsoberhaupts mit Exekutivgewalt" die nächste Stufe der Anerkennung der DDR als zweiten deutschen Staat durch die Bundesrepublik. Auf westdeutscher Seite betont man hingegen, dass es sich nicht um einen offiziellen Staatsbesuch handelt und wollte das Aufeinandertreffen mit Kohl als Mittel zum Zweck der Annäherung verstanden wissen – mit dem Ziel der Wiedervereinigung im Blick.