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LeipzigFeierliche Eröffnung des Paulinums

01. Dezember 2017, 11:58 Uhr

Nach zwölf Jahren Bauzeit heißt es nun: vier Tage feiern. Eröffnet wird das Paulinum am 1. Dezember. Bereits 2009, zur 600-Jahr-Feier der Universität, sollte der Bau fertig sein. Verzögerungen, Kostensteigerungen und Diskussionen um die Nutzung begleiteten den Neubau bis heute.

von Susann Reich

Das Entsetzen war enorm als Universitätskirche und Augusteum im Mai 1968 gesprengt wurden. Die Idee, an dieser Stelle einen Neubau zu errichten, begeisterte viele. Und warf gleichzeitig Fragen auf: Wie soll das Gebäude architektonisch wirken? Ist eine reine Kirche von Vorteil? Restauration oder Interpretation? Auch wer, wann und wie der Neubau genutzt wird, musste festgelegt werden. Ansprüche, Wünsche und Begehrlichkeiten gab es viele.

Ein holpriger Start

Im März 2004 präsentierte die Stadt den Siegerentwurf des Wettbewerbs zum Umbau des Universitätscampus. Gefordert war eine modere Architektur, die aber auch Erinnerung transportieren kann.

Der Entwurf des niederländischen Architekten van Egeraat kam den Erwartungen am nächsten. Ein Jahr später wurde der Grundstein gelegt. Doch schon im ersten Abschnitt trat Bauverzug ein, der Freistaat trennte sich von seinem Generalauftragnehmer - der Züblin AG. Die Kosten wurden fortan ein dauerhaftes Problem. bereits 2008 wurden sie für den gesamten Campus von 145 Mio. auf 175 Mio. Euro nach oben korrigiert. 

Alt und Neu findet zusammen

Mit dem Entwurf stand auch fest: es wird ein Raum zur vielfältigen Nutzung. Keine reine Kirche, keine reine Aula. Ein Mehrzweckraum sollte es werden, mit der Möglichkeit für Andacht plus Seminarräume. Damit folgte auch die Entscheidung über die Ausstattung: Eine Orgel, gehörte dazu, der gerettete Altar aus der alten Universitätskirche St. Pauli, ebenso wie die Wandgrabsteine - Epitaphe genannt. Letztere bilden eine Art Herzstück des Neubaus, symbolisieren sie doch den Umgang mit Altem auf neue Weise.

Ihre kunsthistorische Bedeutung gilt als besonders – Jahrhunderte alt und wertvoll. Und so steckten fortan Restauratoren, Metallgestalter und Kunsthistoriker der Universität alle Kraft in die Neugestaltung der nur bruchstückhaft gesicherten Epitaphe. Das braucht Zeit. Viele Restauratoren sind von Beginn an dabei und fasziniert von der Chance in einem Neubau diese Jahrhunderte alten Kunstwerke auszustellen. Restauratorin Claudia Nikolaisen-Luckenbach ist eine von ihnen: "Die Paulinerkirche habe ich nicht mehr erlebt, aber ich finde es auch so schon bewegend genug. Ich habe die ganzen Epitaphe in Einzelteilen vorgefunden als ich vor zehn Jahren nach Leipzig kam, da waren die alle noch unrestauriert und diese Schritte über die Jahre zu begleiten, das war eine besondere Phase."

Ein neuer Umgang mit Restauration

Eines der bedeutendsten Beispiele für den Umgang mit nur teilweise erhaltenen Epitaphen ist das zu Ehren des Juristen Pantzer. Das Gedächtnismal aus dem Jahr 1673 gehört zu den größten Kunstwerken aus der Universitätskirche. Es kombiniert Steinelemente mit Gemälden auf Kupfer. Zu sehen sind die Porträts von Pantzer und seiner Frau. Im Jahr 1968 konnte das Pantzer-Kunstwerk aus Zeitnot nicht komplett geborgen werden, Inschrift und Rahmenarchitektur gingen verloren. Die fehlenden Teile wurden nun durch Aluminium-Stücke ersetzt. Für den Leiter der Kustodie der Universität Leipzig, Rudolf Hiller von Gaertringen, ist das eine perfekte Lösung für den Umgang mit alten Fragmenten: "Das war eines der Kunstwerke, wo wir aus den Trümmern ein Ganzes formen mussten, da haben wir eine Methode entwickelt, dass wir aus Aluminium diese Dinge nachgebaut haben. Gleichzeitig sieht man doch, dass da was fehlt - aber das spitzt die Dramatik des Ortes zu."

 Die Säulenverkleidung wird zum Problem

Die Aufarbeitung dauerte Jahre, aber dass das Paulinum nun erst eröffnet wird, dafür gab es andere Gründe. Vor allem die Herstellung der Glassäulen-Verkleidung brachte ausreichend Anlass für Verzögerungen.

Denn das Glas muss gebogen werden. Eine technisch sehr aufwendige Herstellung, die so nicht einzukaufen ist. Dafür musste jedoch erst eine Firma gefunden werden, die diese Technik entwickelt. Im Sommer 2017 konnte schließlich eine Mustersäule hergestellt und geliefert werden.

Damit eröffnet nun auch das Paulinum für die Öffentlichkeit. Vom 1. bis 4. Dezember wird in einem Festakt, mit dem Eröffnungsgottesdienst und weiteren Veranstaltungen das Ereignis gefeiert.

Über dieses Thema berichtet der MDR auch im TV:ZEITREISE SPEZIAL - DIE PAULINERKIRCHE | 03.12.2017 | 22:25 Uhr