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Barbara Uthmann machte das Klöppeln zum Wirtschaftszweig

05. Dezember 2005, 16:32 Uhr

Die Geburtsstadt der Barbara Uthmann, Annaberg, hatten Silber- und Kupferfunde zu Beginn des 16. Jahrhunderts zur reichsten Stadt im Albertinisch-Meißnischen Land gemacht. Erst 1496 zur Zeit des "Großen Berggeschreys" zur Stadt geworden, war Annaberg bereits 1521 mit 8000 Einwohnern größer als Leipzig und Dresden. Viele Glücksritter hatte die "Bergfreiheit" ins Erzgebirge gelockt. Gegen Zahlung des zehnten Teils ihrer Funde ließ Herzog Georg von Sachsen die neuen Bergleute ohne Einschränkungen nach den kostbaren Metallen graben. Einer der Beamten, die diesen "Bergzehnten" eintrieben, war Barbaras Vater, Heinrich von Elterlein, der außerdem noch Bergherr war, also selbst eine Erzgrube betrieb. Adlig war Heinrich allerdings nicht, das "von" stand lediglich für seinen Herkunftsort. Barbaras Mutter entstammte einer Chemnitzer Ratsherrenfamilie.

Ihre 1514 geborene Tochter Barbara soll als Kind begeistert die Rechenschule von Adam Ries besucht haben. Der weltberühmte Rechenmeister, der zu dieser Zeit in Annaberg lebte, trug damit wohl auch zum späteren Geschäftserfolg der Patriziertochter bei. Standesgemäß heiratete sie schon als Fünfzehnjährige den schlesischen Bergherrn Christoph Uthmann, der neben Erz- und Kupfergruben in der Annaberger Gegend ein sehr einträgliches Privileg des Herzogs besaß: Er hatte das Monopol auf den Einkauf von Kupfer in den umliegenden Gruben.

Mit dem Tod Christoph Uthmanns 1551, erbte seine Frau sowohl das Bergwerk als auch das Privileg und führte nun die Geschäfte selbständig weiter. Darin war sie so erfolgreich, dass sie noch weitere Gruben dazukaufen konnte. Allerdings scheint sie dabei allzu rücksichtslos ihren Gewinn gesucht zu haben. Zumindest ist ein Erlass des Herzogs gegen die Preisdrückerei der Bergherrin überliefert: "So solle der Uthmännin anbefohlen werden, hierfüro den Gewerken ein Jahr lang alles ihr Kupfer den Zentner mit 6 Gulden zu bezahlen". Aber weniger ihrer etwas zweifelhaften Geschäftspraktiken wegen ist Barbara Uthmann der Nachwelt bekannt, vielmehr wurde sie durch das von ihr begründete Borten- und Spitzen-Gewerbe im Erzgebirge und darüber hinaus bis heute zur Legende.

Die junge Witwe bewies mit ihrer neuen Geschäftsidee einigen Weitblick. Denn als Mitte des 16. Jahrhunderts immer weniger Erz gefunden wurde und viele Bergleute ihr Einkommen verloren, bot sich vorrangig für Frauen das Klöppeln von Borten und Spitzen als eine neue Erwerbsmöglichkeit an. Barbara Uthmann soll es von einer Brabanterin gelernt haben, die als Glaubensflüchtling ins Erzgebirge gelangt war und bei den Uthmanns wohnte. Als Verlegerin beschäftigte sie seit 1561 bis zu 900 Klöpplerinnen, denen sie das Material lieferte und die in Heimarbeit gefertigten Waren abkaufte. Allerdings war die Konkurrenz auf diesem Gebiet hart. Besonders schottische Bortenhändler beherrschten das Geschäft. Außerdem war Barbara zwar die erste, aber nicht die einzige reiche Annabergerin, die sich als Spitzenhändlerin betätigte.

Die herausragende Stellung einer Frau im frühneuzeitlichen Wirtschaftsleben war nicht so ungewöhnlich, wie sie heute vielleicht erscheint. Als Witwen waren Frauen voll geschäftsfähig, auch verheiratete Frauen- wie die Spitzenklöpplerinnen- gingen häufig einer Erwerbstätigkeit nach. Das Verlagswesen war zudem nicht in Zünften organisiert, in die Frauen normalerweise nicht aufgenommen werden konnten.

Erst im 19. Jahrhundert entstand die dem bürgerlichen Frauenbild entsprechende Legende von Barbara Uthmann als der "Wohltäterin der Armen" und der im Kreis der Kinder klöppelnden Hausfrau und Mutter. Sie wurde jetzt nicht mehr als selbständige und erfolgreiche Geschäftsfrau, sondern als fürsorgliche Armenpflegerin dargestellt. Ob die "Uthmännin" als Spitzenverlegerin wohltätige Zwecke verfolgte, wie in der Legende erzählt wird, bleibt zweifelhaft. Überliefert ist, dass sie zwei Stiftungen der Armenpflege einrichtete. Ihr größeres Verdienst bleibt dagegen, dass sie die Existenz vieler Familien im Erzgebirge nach dem Rückgang der Erzvorkommen sicherte.

Der Annaberger Chronist Stübel hielt im Jahr 1575 in den Annalen der Erzgebirgs-Stadt eine der wenigen direkten Überlieferungen über Barbara Uthmann fest: "Den 15. Januar starb Frau Barbara, Christoph Uthmanns Wittib, eine Tochter Heinrich von Elterleins, ein reiches Weib vom Bergwerck, glückliche Bortenhändlerin und Wohltäterin des Armuths, eine Mutter 64 Kinder und Kindeskinder."

Das Denkmal für Barbara Uthmann, das der Dresdener Bildhauer Robert Henze 1886 auf dem Annaberger Marktplatz errichtet hatte, wurde wie das Denkmal für Adam Ries im zweiten Weltkrieg eingeschmolzen, um Waffen herzustellen. Zu DDR-Zeiten gab es Pläne für ein neues Denkmal. Die Stadt hatte schon Kupfer gesammelt, aber der "kapitalistische" Hintergrund der Bergwerksfrau sprach gegen eine öffentliche Ehrung ihrer Person. Nach langen Diskussionen in der Bevölkerung entschied der Annaberger Stadtrat im November 1998, Henzes Denkmal aus dem 19. Jahrhundert nachzubauen und auf dem Marktplatz wieder einen Barbara Uthmann-Brunnen samt Denkmal aufzustellen.