"Der letzte Tote des Krieges" Der Kriegsfotograf Robert Capa in Leipzig

25. Mai 2020, 05:00 Uhr

Der Zweite Weltkrieg war auch ein Krieg der Bilder. Einer, der mit Bildern umgehen konnte, war der berühmte Kriegsfotograf Robert Capa. Getreu seinem Motto "Wenn deine Bilder nicht gut genug sind, warst du nicht nah genug dran" besuchte er die Kriegsschauplätze der Welt und begleitete die Truppen hautnah an der Front. Eines seiner berühmtesten Bilder schoss er bei der Befreiung Leipzigs am 18. April 1945. Robert Capa starb am 25. Mai 1954 bei der Detonation einer Mine.

Robert Capa stammte aus Budapest und hieß mit bürgerlichem Namen eigentlich André Friedmann. Er kam am 22. Oktober 1913 als Sohn einer jüdischen Schneiderfamilie zur Welt. Schon als junger Mann war er politisch engagiert und musste Ungarn 1931 aus politischen Gründen verlassen. Er emigrierte nach Berlin, begann dort Journalistik zu studieren und sich mit der Fotografie zu beschäftigen. Nach der Machtübernahme der Nazis musste er als Jude auch aus Deutschland fliehen.

Robert Capa - der Kriegsfotograf

Es gibt kaum einen Kriegsschauplatz, an dem Robert Capa nicht war: vom Spanischen Bürgerkrieg und dem Japanisch-Chinesischen Krieg in den 1930er-Jahren über die Landung der Alliierten in der Normandie 1944 bis hin zum Ersten Indochina-Krieg in den 1950er-Jahren, in dem er starb nachdem er auf eine Landmine trat. Er schoss im Laufe seines Fotografenlebens wohl mehr als 70.000 Aufnahmen. - Sein Wagemut und die Nähe zu den Kampfhandlungen machen seine Bilder so besonders. Eines seiner berühmtesten Bilder enstand bei der Befreiung Leipzigs am 18. April 1945.

Stück für Stück arbeiteten sich die GI's damals in die Innenstadt vor, große Kampfhandlungen waren nach den Bombardements anscheinend nicht mehr zu erwarten gewesen. Im zweiten Stock eines Gründerzeithauses in der Leipziger Jahnallee 61 gingen dann zwei Soldaten der 2. US-Infanteriedivision mit einem Maschinengewehr in Stellung.

Robert Capa begleitete die Einheit und dokumentierte das Geschehen. So war er zugegen, als einer der beiden Soldaten, der 21-jährige Corporal Raymond J. Bowman, durch einen Kopfschuss tödlich getroffen wurde: "Der letzte Tote des Krieges" - unter diesem Titel erschien das Foto von Capa im amerikanischen Nachrichtenmagazin "LIFE". Es wurde eines seiner berühmtesten. Capa erinnerte sich später so:

... Ich ging auf den Balkon, stand knapp zwei Meter entfernt und stellte sein Gesicht in der Kamera scharf. Ich ließ den Verschluss klicken, mein erstes Bild seit Wochen - und das letzte, das den Jungen als Lebenden zeigt.

Aus: Katharina Menzel - "Der Legendäre - Robert Capa 1913-1954

Die Geschichte des Hauses

Viele Leipziger lässt die Geschichte des "Capa-Hauses" in der Jahnallee bis heute nicht los. Alarmiert wurden sie von den ursprünglichen Plänen der Stadt, das baufällige Gebäude abzureißen. So gründete sich rund um den Leipziger Kabarettisten Meigl Hoffmann eine Initiative für den Erhalt.

Gesucht wurde nach Zeitzeugen und deren Geschichten um den "letzten Toten des Krieges". Schließlich wurde sogar der Kamerad des gefallenen US-Soldaten ausfindig gemacht: Lehmann Riggs. 2012 kehrte er, damals 92 Jahre alt, noch einmal nach Leipzig zurück, um jenen den Ort zu besuchen, an dem Raymond J. Bowman starb. Er erinnerte sich an die entscheidenden Sekunden in der Jahnallee:

Ich war gerade einen Schritt zurückgetreten und schaute auf die Uhr, da knallte es. Und dann sah ich das Blut, es hatte ihn genau unter dem Auge erwischt.

Lehmann Riggs, US-Kriegsveteran

Lehmann-Riggs hoffte damals, dass das Haus erhalten werden könne, als Zeugnis, das von den Schrecken des Krieges und dem sinnlosen Sterben seines Kameraden erzählt und davon, wie wertvoll es ist, im Frieden zu leben.

Inzwischen ist das Haus nicht nur erhalten, sondern sogar saniert - nicht zuletzt dank der Initiative um den Leipziger Kabarettisten Meigl Hoffmann, der auch Anwohner ist. Dem toten Soldaten aus dem "Capa-Haus" konnte durch ihre Recherchen ein Name gegeben werden. Die Geschichte des Soldaten Raymond J. Bowman und des Gebäudes will sie weiter erforschen. Inzwischen trägt die Straße gegenüber dem "Capa-Haus" seinen Namen.

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | 18. April 2020 | 10:00 Uhr

Geschichte

Gefangene deutsche Soldaten und US-Truppen 1945 auf einer Autobahn
Vorrückende US-Panzer und zurückflutende deutsche Kriegsgefangene auf der Autobahn bei Frankfurt am Main. Bildrechte: IMAGO / glasshouseimages