01.03.1886 – 22.02.1980 Wer war Oskar Kokoschka?

(1886-1980)

24. August 2007, 16:36 Uhr

Oskar Kokoschka kam am 1. März 1886 im österreichischen Pöchlarn zur Welt. Der Vater, ein aus Prag stammender Goldschmied, war zu dieser Zeit als Vertreter tätig. Die Mutter, eine Förstertochter, stammte aus der Steiermark. Der Vater verdiente nicht viel Geld. Oskar und seine Geschwister Berta und Bohuslav wuchsen dementsprechend in Wien in ärmlichen Verhältnissen auf.

Nach dem Besuch der Volksschule wechselte Kokoschka 1897 auf die Staatsrealschule. Hier vertiefte er seine Kenntnisse über antike Kunst und Kultur. Der Heranwachsende interessierte sich nicht nur für Malerei, sondern er fing auch an zu schreiben. Ein Zeichenlehrer half Kokoschka dabei, ein Stipendium für die Wiener Kunstgewerbeschule zu bekommen. Während des Studiums hielt sich der junge Mann mit kleinen Aufträgen über Wasser, er leitete einen Abendkurs und fertigte druckgraphische Arbeiten an.

Skandale in Wien

Bereits 1908 stellte der 22-Jährige bei der ersten "Internationalen Kunstschau" in Wien aus. Hier nahm der erste Skandal um den Maler Kokoschka seinen Lauf: Mit Zeichnungen und Gouachen von Mädchenakten erregte der junge Künstler reichlich Aufsehen. Ein Jahr später, bei der zweiten "Internationalen Kunstschau" wiederholte sich das Ganze. Stein des Anstoßes diesmal: das von Kokoschka entworfene Plakat für sein Stück "Sphinx und Strohmann".

Presse: "Bürgerschreck", "Zuchthauspflanze" und "degenerierter Künstler"

Auch als Dramatiker und Schriftsteller agierte Kokoschka zunächst wenig erfolgreich. Sein Schauspiel "Mörder, Hoffnung der Frauen" gilt zwar heute als maßgeblich für die Entwicklung des expressionistischen Theaters, doch die Zeitgenossen sahen das ganz anders. Die Uraufführung des Werkes 1909 jedenfalls provozierte heftigste Ablehnung, die in wilde Beschimpfung umschlug. "Bürgerschreck, Zuchthauspflanze" und "degenerierter Künstler" sind nur einige Bezeichnungen, die in jenen Tagen durch die Presse schwirrten. Als Folge des Skandals wurde Kokoschka von der Wiener Kunstgewerbeschule verwiesen.

Alma Mahler - treibt Kokoschkas Kind ab

Kokoschka ging über München nach Berlin und begann dort beim "Sturm", der wöchentlich erscheinenden Kunstzeitschrift, als eine Art "Mädchen für alles". Während dieser Zeit gelang ihm mit seiner Ausstellung bei dem Galeristen Paul Cassirer ein erster Achtungserfolg. Trotz seiner Anerkennung in Deutschland zog es Kokoschka 1911 zurück nach Wien. Dort begegnete er im folgenden Jahr der sieben Jahre älteren Alma Mahler, einer Frau, die ihn tief beeindruckte. Nach drei Jahren endete ihre Beziehung allerdings, ausgelöst durch den eigenständigen Entschluss Almas, eine Abtreibung vornehmen zu lassen. Enttäuscht und verletzt meldete sich Kokoschka als Kriegsfreiwilliger zum Militärdienst und wurde in Galizien durch einen Bajonettstich in die Lunge schwer verletzt. Kaum genesen, kehrte er an die Front zurück, wo er noch einmal schwer verwundet wurde. Mit elektrischem Strom und Röntgenstrahlung behandelte man seine Verletzungen, doch in der Folgezeit sollte Kokoschka unter schweren Depressionen leiden.

Der Maler kehrte der österreichischen Hauptstadt den Rücken und ging 1916 nach Dresden. Hier machte er die Bekanntschaft Walter Hasenclevers, eines expressionistischen Dramatikers und der Schauspielerin Käthe Richter, die sein meistporträtiertes Modell werden sollte. Durch Vermittlung Hasenclevers erhielt der 30-Jährige einen Regie- und Bühnenbildnerauftrag beim Albrecht-Theater in Dresden, wo seine frühen Stücke "Mörder, Hoffnung der Frauen" und "Sphinx und Strohmann" (jetzt unter dem Titel "Hiob") aufgeführt wurden. Anders als noch in Wien war die Reaktion hier positiv. Auch als Maler hatte Kokoschka wieder Erfolg.

1918: Der Durchbruch

1918 kam endlich der Durchbruch. Der Studienrat der Dresdener Akademie der Bildenden Künste berief ihn im Spätsommer zum Professor. Eine Aufgabe, die Kokoschka mit Freuden annahm und für die er bereit war, sein Wanderdasein aufzugeben. In seinem Atelier in einem der Kavaliershäuser im Großen Garten entstanden bis 1923 die Elbe- und Dresdenansichten. Einer seiner größten Bewunderer und Förderer war Paul Westheim, der als Herausgeber der Zeitschrift "Das Kunstblatt" den nötigen Einfluss besaß, um Kokoschkas Kunst bekannt zu machen. Westheim war es auch, der 1918 die erste Kokoschka-Monographie veröffentlichte.

Die Dresdner Zeit ist im Nachhinein als eine Zeit der Veränderung im Schaffen Kokoschkas zu sehen. Er entfernte sich immer mehr von der Porträtmalerei der Wiener Jahre. Stattdessen entstanden nun Landschaftsbilder, Aquarelle und Buchillustrationen. Vielen Kritikern fehlte jedoch der Bezug zu sozialen Phänomenen oder Spannungen. Das Publikum jedoch liebte seinen Kokoschka. Seine Zeichnungen und die Aquarelle waren ein Verkaufsschlager. Dennoch unzufrieden nahm Kokoschka 1923 sein Wanderleben wieder auf. In den folgenden zehn Jahren bereiste er die ganze Welt: Italien, Frankreich, England, Irland, Nordafrika, Israel und Istanbul sind nur einige Stationen einer nicht enden wollenden Wanderschaft. Finanzielle Nöte zwangen ihn schließlich 1931 zur Rückkehr nach Wien, wo er sich fortan mit Porträts über Wasser hielt.

Nazis: "Fieberphantasien eines Geisteskranken"

Nach dem Eintreten Kokoschkas für seinen Freund Max Liebermanns betrieben die Nationalsozialisten eine konsequente Verleumdung und Verunglimpfung seines Werkes. Einige seiner Arbeiten diffamierten sie als "Fieberphantasien eines Geisteskranken". Da er in Österreich nicht länger sicher war, floh Kokoschka 1934 nach Prag. Hier lernte er Olga Palkovská kennen. Nach einem schwierigen Neubeginn in London, wohin er sich 1938 abgesetzt hatte, begann in der Themsestadt eine der aktivsten Schaffensperioden Kokoschkas. Neben Naturstudien, Radierungen und Porträts entstanden auch wieder Erzählungen. Immer wieder mischte sich der Maler mit Gemälden oder Essays auch in die aktuelle politische Diskussion ein. 1941 heiratete der 55-Jährige in einem Luftschutzbunker Olga Palkovská.

Erst 1953, im Alter von 67 Jahren und nach Jahren der Wanderschaft, wurde Oskar Kokoschka wirklich sesshaft. Er eröffnet mit Hilfe des Salzburger Galeristen Friedrich Welz auf der Feste Hohensalzburg seine "Schule des Sehens" als "Internationale Sommerakademie für bildende Künste". Im Spätsommer dieses Jahres lies er sich endgültig in der "Villa Delphin" am Genfer See nieder.

1976 fertigte der inzwischen von Krankheiten gezeichnete Maler sein letztes Selbstportrait. Am 22. Februar 1980 starb er in einem Krankenhaus in Montreux. Zum hundertsten Geburtstag Oskar Kokoschkas 1986 erinnerte eine große Werkschau, die in London, Zürich und New York zu sehen war, an den Künstler, der dem Idealbild vom Universalgenie so nahe kam.