ServiceDanzig - Vaters Schicksalsstadt: Die Recherche
Vor dem Zweiten Weltkrieg waren über 90% der Danziger Bevölkerung deutschstämmig. Zu Kriegsende flohen viele Danziger vor der Roten Armee Richtung Westen oder wurden vertrieben. Im Zuge der Westverschiebung Polens wurde Danzig nach einer langen und wechselvollen Geschichte nun endgültig polnisch.Wer wie Jörg Rainer Kittner auf der Suche nach Familienangehörigen in Danzig ist, findet hier wertvolle Tipps für die eigene Suche.
Herr Kittner suchte die erste Frau seines Vaters. Ob diese – wie der Vater – auch aus Danzig stammte, war nicht bekannt. Ehen werden meist am Wohnort der Frau abgeschlossen.
Diözesanarchiv Regensburg – Kirchenbücher aus ehemaligen Reichsgebieten
Im Diözesanarchiv Regensburg liegen Abschriften von Kirchenbüchern aus den ehemaligen deutschen Reichsgebieten wie Westpreußen. Wer Daten von Eheschließungen, Geburten oder Todesfällen bis zum Ende des 19. Jahrhunderts sucht, kann hier fündig werden. In seltenen Fällen gibt es auch Einträge bis 1914. Der Suchantrag ist kostenlos.
Für spätere Jahre kann man sich auch direkt an Kirchengemeinden vor Ort wenden und nach alten Kirchenbüchern fragen. Viele sind allerdings im Krieg verbrannt oder verloren gegangen.
Standesamt Berlin 1 – Standesamtsunterlagen aus den ehemaligen Reichsgebieten
Im Rahmen seiner Funktion als Ersatzstandesamt führt das Standesamt I in Berlin eine Register- und Urkundensammlung für die ehemaligen deutschen Gebiete. Hier liegen auch die Originalabschriften der Heiratsbücher von Danzig. Für eine Suchanfrage können Details wie Jahr und Ort entscheidend sein. Je mehr Daten zur Eingrenzung vorliegen, desto besser.
Einwohnerbücher online
Das Internet ist ein wichtiges Hilfsmittel. Die Danziger Einwohnerbücher sind online auffindbar, zum Beispiel auf "Pommerns digitale Bibliothek" (http://pbc.gda.pl/dlibra/docmetadata?id=4179&from=publication) aber auch auf zahlreichen anderen Seiten. Die Suche in solchen Datenbanken kann allerdings sehr aufwändig sein.
Bibliothek der Akademie der Wissenschaften in Danzig,
Die Originale der Einwohnermeldebücher liegen hier. Jörg Rainer Kittner fand dort die verschiedene Meldeadressen seines Vaters und konnte so nachvollziehen, wann er wo gelebt hat. Experten können helfen, solche Daten einzuordnen, aus der Wohnlage lassen sich unter Umständen Rückschlüsse auf andere Dinge schließen – z.B. spricht eine gute Wohnlage auch für einen guten sozialen Status. Das sind natürlich Interpretationen, die durch andere Quellen bestätigt werden müssen.
http://www.bgpan.gda.pl/ (polnisch)
Bundesarchiv
Jörg Rainer Kittner wusste, dass sein Vater Mitglied der NSDAP war. In einigen Anträgen finden sich auch selbst verfasste Biografien der Antragsteller. Die NSDAP-Mitglieder Kartei und andere Parteiunterlagen liegen im Bundesarchiv in Berlin. In einigen seltenen Fällen liegen den Antragsunterlagen auch selbstverfasste Biographien bei. Eine Suche lohnt sich also immer. Von hier kommt man oft auch auf Verweise auf andere Archive zum Beispiel zur "Deutschen Dienststelle", die Wehrmachtsauskunftsstelle erfolgen (www.dd-wast.de), oder auch in andere Bereiche des Bundesarchivs. Jörg Rainer Kittner fand hier die Bestätigung, dass der Vater tatsächlich schon mal verheiratet war. Weitere Angaben zur gesuchten ersten Frau seines Vaters fand er nicht, dafür aber neue Informationen über seine eigene Mutter, die Mitglied in vielen NS-Organisationen war. In ihren Lebenserinnerungen verschwieg sie das.
Persönliche Erinnerungen
Ein Beleg dafür, dass persönliche Erinnerungen zwar sehr wichtig, für historische Recherchen aber durchaus mit Vorsicht zu behandeln sind. Denn Erinnerungen sind immer subjektiv, manches wird vergessen, anderes wird geschönt oder erst gar nicht niedergeschrieben.
Staatsarchiv Danzig
Im Staatsarchiv Danzig, dem ehemaligen Stadtarchiv, liegen unter anderem die Zivilunterlagen der deutschen Polizei bis 1945. Jörg Rainer Kittner fand hier Unterlagen zur Namensänderung seines Vaters und seiner Brüder.
Standesamt Danzig
Im Standesamt Danzig gestaltet sich die Recherche etwas schwieriger. Eigentlich wird dort nicht recherchiert, sondern es werden nur Urkunden ausgestellt und beglaubigt. Privatpersonen bekommen erst einmal nur Index-Daten über die Ehen. Die originalen Heiratsbücher haben zum großen Teil Wasserschäden und werden nicht zur Recherche ausgeliehen. Manchmal helfen aber engagierte Mitarbeiter – wie in Jörg Rainer Kittners Fall. Am Ende fand er hier tatsächlich die Unterlagen zur ersten Ehe seines Vaters – nachdem er das Datum der Eheschließung durch andere Recherchen deutlich eingrenzen konnte.