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Fast eine Million SS-Soldaten

Rund 910.000 Männer dienen bis Kriegsende in der Waffen-SS. 38 Divisionen umfasst Himmlers Armee 1945. Die Waffen-SS nimmt für sich in Anspruch, eine Organisation von Elite-Kämpfern zu sein.

SS-Chef Heinrich Himmler inspiziert im Juni 1943 Flamen der 27. SS-Freiwilligen-Grenadierdivision "Langemarck". Bildrechte: IMAGO / Leemage

Doch vor allem die später aufgestellten Divisionen mit den "höheren Hausnummern" entsprechen dem Bild eines Elite-Verbandes sowohl von ihrer Bewaffnung als auch von ihrem Personal her nicht. Anders ist das bei Verbänden wie den SS-Panzerdivisionen der ersten Generation oder der mit Nordeuropäern, Niederländern und Flamen aufgefüllten 5. SS-Panzerdivision "Wiking", die auch mit dem besten Material ausgestattet werden. Solchen Elite-Divisionen wird so manches militärische Glanzstück gutgeschrieben, wobei die NS-Propaganda die Erfolge jener Truppe, die der direkten Verfügung des "Führers" untersteht, besonders gern ausschlachtet. Nicht selten sind allerdings Siege der Waffen-SS, wie etwa die Rückeroberung von Charkow im Februar 1943 durch das II. SS-Panzerkorps mit einem besonders hohen Blutzoll erkauft.

"Den Tod geben, den Tod nehmen"

Ruinen von Oradour-sur-Glane: In dem zentralfranzösischen Dorf ermordet eine Kompanie der SS-Division "Das Reich" am 10. Juni 1944 auf ihrem Weg in die Normandie 642 Bewohner. Bildrechte: imago/alimdi

Das Motto der Waffen-SS - "Den Tod geben, den Tod nehmen" - scheint sich in solchen Taten zu bewahrheiten. Das gilt auf verhängnisvolle Weise auch für eine andere Seite von Himmlers Kampftruppe, nämlich die zahlreichen von ihr begangenen Kriegsverbrechen. Der Militärhistoriker Jens Westemeier hat die Einsatzgeschichte der Waffen-SS eine "ununterbrochene Kette von Gewaltverbrechen" genannt. Und tatsächlich sind Massaker wie etwa die von Oradour-sur-Glane, wo eine Kompanie der 2. SS-Panzerdivision "Das Reich" im Juni 1944 über 600 Einwohner ermordet, oder Malmedy, wo eine Kampfgruppe der 1. SS-Panzerdivision "SS-Leibstandarte Adolf Hitler" im selben Jahr 70 gefangene US-Soldaten liquidiert, alles andere als Einzelfälle in der Einsatzgeschichte der Waffen-SS.

Todesurteil "Blutgruppe"

Aber auch wenn längst nicht jeder der knapp eine Million Waffen-SS-Angehörigen in Kriegs- oder sonstige Völkerrechtsverbrechen verwickelt gewesen sein dürfte, macht das am Ende für diese keinen Unterschied. Zum Schluss zahlen alle Soldaten mit der doppelten Sigrune am Kragenspiegel den Preis dafür, in einer Truppe gedient zu haben, die die brutale Rücksichtslosigkeit gegen andere und gegen sich selbst zur Einsatzdevise erkoren hat. Die Chance, eine Gefangennahme zu überleben, ist für einen Angehörigen der Waffen-SS in jedem Falle deutlich geringer, als etwa für einen Wehrmachtangehörigen. Die eintätowierte Blutgruppe unter dem linken Oberarm, ein Erkennungszeichen der Waffen-SS, wird für manchen SS-Mann in den Händen seiner Gegner zum Todesurteil.

Kampf bis zum Untergang

Dies dürfte neben der besonders stark ausgeprägten nationalsozialistischen Indoktrination ein wesentlicher Grund dafür gewesen sein, warum die Waffen-SS, wie es der Historiker Bastian Hein formuliert hat, gegen Kriegsende "verzweifelter und verlustreicher" kämpft als jede andere Organisation. Der Furor der SS-Soldaten richtet sich in diesem "Endkampf" übrigens nicht nur gegen ihre Feinde und sich selbst, sondern auch gegen all jene, die nicht mehr mitmachen wollen.

Im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess 1946 wird die Waffen-SS - wie ihre Mutterorganisation, die allgemeine SS - zur verbrecherischen Organisation erklärt. 310.000 Waffen-SS-Soldaten liegen da bereits längst unter der europäischen Erde.