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Deutsche Soldaten 1941 auf der Akropolis in Athen Bildrechte: IMAGO / Photo12

Jahrestag des deutschen Überfalls auf GriechenlandGriechenland fordert von Deutschland Reparationszahlungen

06. April 2021, 16:35 Uhr

Griechenland fordert von Deutschland für die im Zweiten Weltkrieg angerichteten Schäden 289 Milliarden Euro Reparationszahlungen. Dies bekräftigte die Regierung in Athen. Die Bundesregierung lehnt das bislang strikt ab.

Achtzig Jahre sind seit dem Angriff Hitler-Deutschlands auf Griechenland vergangen. An diesem historischen Jahrestag betonte das griechische Außenministerium, dass die Frage der Reparationszahlungen aus griechischer Sicht weiterhin offen sei. "Diese Forderungen sind gültig und aktiv und sie werden mit jedem Mittel geltend gemacht", sagte Ministeriumssprecher Alexandros Papaioannou der Deutschen Presse-Agentur. "Verhandlungen würden sehr positiv zur weiteren Förderung der griechisch-deutschen Beziehungen beitragen."

Griechenland bekräftigt Forderungen gegenüber Deutschland

Bereits im Juni 2019 hatte Griechenland - damals noch unter dem linken Ministerpräsidenten Alexis Tsipras - Deutschland zu Verhandlungen über Reparationen aufgefordert. Im Oktober 2019 wurde diese Forderung von deutscher Seite zurückgewiesen. Wenige Monate später, im Januar 2020, bekräftigte auch die Regierung des heutigen konservativen Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis in einer diplomatischen Note, dass die Reparationsfrage für sie auch weiterhin von großer Bedeutung sei.

Reparationen im Zwei-plus-Vier-Vertrag kein Thema

Die deutsche Bundesregierung sieht das anders. Für sie ist mit dem Zwei-plus-Vier-Vertrag von 1990, der die Deutsche Einheit überhaupt erst ermöglichte, das Reparationsthema rechtlich und politisch abgeschlossen. In dem Vertrag zwischen der Bundesrepublik, der DDR und den vier ehemaligen Besatzungsmächten Vereinigte Staaten, Sowjetunion, Frankreich und Großbritannien, der die außenpolitischen Folgen der Deutschen Einheit regelt, sind Reparationen allerdings auch nicht erwähnt.

Wissenschaftlicher Dienst des Bundestages hält Zahlungen für möglich

So eindeutig wie die Bundesregierung sieht das der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages in einem 2019 veröffentlichten Gutachten freilich nicht in allen Punkten. Zumindest im Bezug auf Griechenland sei die Argumentation der Bundesregierung völkerrechtlich vertretbar, aber keinesfalls zwingend - so das Fazit des Gutachtens. Anders als etwa Polen, das ebenfalls Forderungen geltend macht, habe Griechenland "nie eine ausdrückliche Verzichtserklärung abgegeben". Zur Argumentation der Bundesregierung, wonach der Zwei-plus-Vier-Vertrag von 1990 alle Reparationsfragen "abschließend und umfassend" geregelt haben soll, schreibt der Wissenschaftliche Dienst: die Reparationen würden im Vertrag tatsächlich überhaupt nicht erwähnt. Und selbst wenn es so wäre, hätte Griechenland als Drittstaat, der nicht am Vertrag mitwirkte, bei daraus resultierenden Nachteilen zustimmen müssen, heißt es im Gutachten.

DDR leistete Reparationszahlungen

Die DDR hatte zwischen 1948 und 1953 erhebliche Reparationszahlungen an die UdSSR geleistet. Dies geschah anfänglich vor allen durch die Demontage von Industrienalagen, aber etwa auch von Gleisen. Bis 1953 büßte die DDR auf diese Weise rund 30 Prozent ihrer industriellen Kapazitäten ein. Im Potsdamer Abkommen hatten die Siegermächte vereinbart, dass die Reparationen an Polen aus den Leistungen zu entnehmen seien, die die Sowjetunion erhält. 1953 erklärte die polnische Regierung gegenüber der DDR, dass sie künftig auf weitere Reparationen verzichte.

Die Bundesrepublik zahlte bislang 71 Milliarden Euro für von den Nazis begangenes Unrecht - pauschal an Staaten, aber auch an einzelne Opfer.

Auch Polen fordert Reparationszahlungen von Deutschland

Seit einigen Jahren fordert nun aber Polen Reparationszahlungen vom vereinigten Deutschland. Im September 2017 legte der wissenschaftliche Dienst des polnischen Parlaments jedenfalls ein Gutachten vor, das auf die immensen Schäden in Polen, die Krieg, Besatzung und Terror des Deutschen Reichs verursacht hätten, verweist. So seien zwischen 1939 und 1945 sechs Millionen polnische Bürger ums Leben gekommen. Der materielle Schaden durch die deutsche Besatzung sei nach dem Krieg auf 48,8 Milliarden US-Dollar beziffert worden.

Deutsche Truppen 1939 beim Vormarsch nach Polen Bildrechte: imago/United Archives

Polen hält sich bis heute mit offiziellen Forderungen zurück

Eine Forderungshöhe nannten die Verfasser jedoch nicht. Der damalige polnische Außenminister Witold Waszczykowski hatte im September 2017 die Summe von einer Billion Euro in den Raum gestellt, jedoch auch erklärt, dass die rechtliche Lage "uneindeutig" und "verwirrend" sei. Polens damalige Premierministerin Beata Szydło kündigte jedenfalls an, Forderungen an Deutschland auch offiziell auf politischer Ebene vortragen zu wollen. Diese seien eine "Frage des Anstands und der Gerechtigkeit gegenüber Polen". Dies kündigte auch ihr Nachfolger im Amt, Andrzej Duda, an. Bis zum heutigen Tag hält sich Polens Regierung mit offiziellen Forderungen allerdings noch zurück.

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Dieses Thema im Programm:MDR Zeitreise | 08. Mai 2018 | 21:15 Uhr