Stefanie Hertel - Vom Kinderstar zur Volksmusikerin

12. Dezember 2019, 12:00 Uhr

Stefanie Hertel ist die Vorzeigefrau der deutschen Volksmusik - und eine der erfolgreichsten Musikerinnen, die aus der ehemaligen DDR stammt. Geboren ist sie 1979 im vogtländischen Oelsnitz und dort wächst sie auch auf. Die DDR erlebt sie als Kind sehr bewusst und hofft heute, dass Vorurteile zwischen Ost und West endlich abgebaut werden.

Stefanie Hertel ist ein großer Weihnachtsfan: Sie genießt die Zeit mit der Familie, den Tannenbaum und die Bäckereien. Weihnachten ist die Zeit der Besinnung - auch wenn die die Adventszeit davor für sie eigentlich immer viel Arbeit bedeutet.

An das Weihnachtsfest 1989 denkt die Sängerin aus dem Vogtland noch bis heute: Plötzlich sind die Grenzen offen und die zehn Kilometer von Oelsnitz in den Westen ein Katzensprung.

Ich kann mich auf jeden Fall erinnern, dass wir uns am ersten oder zweiten Weihnachtsfeiertag 1989 an die Grenze gestellt haben und die BRD-Bürger begrüßt haben mit kleinen Geschenken und lieben Worten. Das war unglaublich berührend.

Stefanie Hertel, Volksmusikstar

Kindheit im Vogtland

Im Vogtland ist die DDR ganz idyllisch. Ihr Vater förderte frühzeitig ihr musikalisches Talent, Stefanie steht ab ihrem vierten Lebensjahr auf der Bühne. Doch reich wird der Kinderstar damit nicht. Pro Auftritt bekommt sie 20 bis 40 Ost-Mark. Die Westpakete zu Weihnachten sind bei der kleinen Stefanie deswegen heiß begehrt - auch wenn sie nicht jeden Inhalt kennt. Einmal beißt sie in eine ungeschälte Kiwi, weil sie nicht weiß, dass man die Frucht auslöffeln muss.

Mehr Kiwis gibt es nach 1989 - doch zunächst bekommt Stefanie Hertel die Maueröffnung gar nicht mit, verschläft kurzerhand. Etwa zwei Wochen später fährt die Familie zum ersten Mal in den Westen, nach Kulmbach. Im Spielwarenladen darf sich Stefanie etwas aussuchen - die Wahl fällt auf ein Klo für die Barbiepuppe.

Für mich war das Größte an Weihnachten immer der Kaufmannsladen und die Puppenstube. Und ich hatte eine Puppenstube, die meine Mutter als Kind schon hatte. Die hat meine Tochter jetzt und für sie hat diese Puppenstube auch die gleiche große Bedeutung. Das ist in jedem Jahr auch immer der große Weihnachtswunsch. Der Kaufladen, die Puppenstube und der Weihnachtsbaum – das sind eigentlich die schönsten Dinge zu Weihnachten.

Stefanie Hertel, Volksmusik- und Schlagersängerin

Was die Musik betrifft, ist ihr Vater Eberhard wie so viele Ost-Künstler erst einmal auf sich gestellt. Anfragen bleiben aus, die DDR-Fans haben einen riesengroßen Nachholbedarf und wollen erst einmal Westkünstler sehen. Doch Stefanie hat Glück: Wenn sie in dieser Umbruchszeit über die heile Welt singt, gefällt das den Leuten - bald auch in Westdeutschland. Das kleine Mädchen aus dem Vogtland wird zum gesamtdeutschen Star. 1992 gewinnt sie den Grand Prix der Volksmusik, den wichtigsten Titel der Branche - da ist sie gerade 12 Jahre alt.

Privatleben und Karriere

Von da an geht es mit ihrer Karriere weiter bergauf. Stefanie Hertel lernt aber auch die Schattenseiten des Erfolges kennen: Die Klatschpresse erfindet Geschichten und die Sängerin muss erst einmal lernen, damit klar zu kommen. Noch interessanter wird sie für die bunten Blätter, als sie 1994 mit Trompeter Stefan Mross zusammenkommt. Die beiden kennen sich schon seit 1990, es ist eine Teenagerliebe und eine Ost-West-Beziehung. Differenzen hätte sie keine empfunden, meint Stefanie Hertel heute, höchstens regionale Unterschiede. 2001 kommt die gemeinsame Tochter Johanna auf die Welt, fünf Jahre später geben sich Stefanie und Stefan in Florida das Ja-Wort. Seit 2011 gehen sie wieder wieder getrennte Wege. Dieses Jahr hat der Volksmusik-Star heimlich den Rockmusiker Lanny Isis geheiratet.

30 Jahre nach der Wende

Seit 17 Jahren lebt Stefanie Hertel in Bayern und fühlt sich auch dort heimisch. Ihr Trabi erinnert sie noch an ihre Wurzeln, auch ihr Pionierhalstuch. Mit Vorurteilen und Klischees von typischen Ost- und Westeigenschaften kann sie allerdings wenig anfangen. erändert hat sich in den vergangenen 30 Jahren zwar ihr Wohnort - aber nicht, dass sie wie eh und je offen auf Menschen zugehen will. Auch Weihnachten ist ihr seit jeher wichtig: Anders als in anderen Bereichen kommt es auf Tradition und Brauchtum an. Weihnachtslieder gehören dabei ebenso dazu wie Plätzchen backen und Tannenbaum schmücken.

Ich kann mich auch gut noch an die allerersten Auftritte im Westen erinnern. Das war natürlich was ganz, ganz Besonderes. Aber das hat sich dann bei mir auch ganz schnell gelegt. Denn ich war dann so viel unterwegs, eigentlich in Gesamtdeutschland, dass die Grenze für mich überhaupt nicht mehr relevant war.

Stefanie Hertel, Jahrgang 1979