Trabis parken vor Häusern
Bildrechte: DDR-Museum, Berlin

Verkehr Autos in der DDR

Kfz-Reparatur | Moped | Motorrad | Schwalbe | Trabant | Wartburg

In der Familie herrschte große Freude, wenn der nagelneue Trabi vom IFA-Vertrieb abgeholt werden konnte. 13 Jahre Wartezeit oder mehr waren endlich vorbei! Zwischen Anmeldung und Auslieferung hatte sich für den stolzen Autobesitzer viel getan. Inzwischen war der 18-jährige Lehrling zum Familienvater gereift.

Wen wundert's, dass der Trabi nicht nur Auto, sondern ein gehegtes Familienmitglied war - auch wenn er oft als "Rennpappe" verspottet wurde. Wer mehr Geld auf die hohe Kante legen konnte und ein paar Jahre mehr Geduld hatte, der leistete sich den Luxus eines Wartburgs. Wenn eines der noch rareren Importautos in der Garage stand, zählte der Besitzer zur Auto fahrenden Oberschicht und wurde um seinen Polski Fiat oder Lada heftig beneidet. Ob Trabi, Wartburg oder Import - eines hatten alle Autos gemeinsam: Sie waren eine Geldanlage, profitabler als ein Sparbuch, denn als Gebrauchte brachten sie häufig mehr, als sie neu gekostet hatten.

Zweitaktmotoren für die Arbeiter und Bauern

Besonders im sächsischen und thüringischen Raum hat der Automobilbau lange Tradition. Bis in die 40er Jahre waren dort DKW, Adler, Audi, Horch oder BMW mit Werken präsent. Ihre Erzeugnisse hatten einen guten Ruf. Auch innerhalb der Volkswirtschaft der DDR genoss der Kraftfahrzeugbau durchaus hohen Stellenwert. 1972 wurden 206.000 Lkw (1960: 118.000), 50.000 Spezialfahrzeuge (14.000), 203.000 Zugmaschinen (86.000), 18.000 Busse (9000), 1,4 Millionen Pkw (299.000) und 1,3 Millionen Krafträder (848.000) gebaut.

Bereits in den 50er-Jahren forderten SED-Führung und Regierung den Bau neuer Pkw-Typen. Im früheren BMW-Werk in Eisenach wurde für gehobenere Ansprüche der "Wartburg" produziert, in Zwickau der später zur Legende gewordene "Trabant". Beide Autos waren mit einem Zweitaktmotor ausgestattet, der nach dem Urteil vieler Experten bereits damals am Ende seiner Entwicklung angelangt war.

Die DDR auf vier Rädern

Trabi und Wartburg prägten das Bild der Straßen in der DDR. Doch auch wenn die Auswahl gering war, wer ein Auto besaß, genoss individuellen Freiraum.

W 311-2 Kabrio
Der Wartburg 311/2 Kabrio wurde von 1956 bis 1960 gefertigt. Er erreichte eine Spitzengeschwindigkeit von 115 km/h und kostete 16.370 Mark. Bildrechte: Archiv Museum "automobile welt eisenach"
W 311-2 Kabrio
Der Wartburg 311/2 Kabrio wurde von 1956 bis 1960 gefertigt. Er erreichte eine Spitzengeschwindigkeit von 115 km/h und kostete 16.370 Mark. Bildrechte: Archiv Museum "automobile welt eisenach"
Wartburg W 313-1 auf der Leipziger Frühjahrs Messe 1957
Wartburg 313/1 1957 auf der Leipziger Messe. Von diesem schnittigen Sportwagen wurden bis 1960 nur insgesamt 469 Exemplare gefertigt. Er erreichte mit seinem Zweitaktmotor bei einer Leistung von 50 PS eine Spitzengeschwindigkeit von 140 km/h. Bildrechte: Wartburg-Museum Eisenach
AWE W 1.3 XXX. Wartburg Rallye 1988
Wartburg Rallye 1988. Sie wurde seit 1955 veranstaltet und entwickelte sich mit den Jahren zur erfolgreichsten Rallye in der DDR. Anfänglich als Zwei-Schleifen-Fahrt über 850 Kilometer, später dann auf einer Strecke von bis zu 1.700 Kilometer. An der ersten Rallye nahm auch Rennfahrerlegende Heinz Melkus teil. Bildrechte: Archiv Museum "automobile welt eisenach"
W 353 Limousine und Tourist am Strand
Die Wartburg 353 Limousine und der Wartburg Tourist wurden ab 1966 produziert. Samt Nachfolgemodell 353 W rollte er bis 1988 mit einem Zweitaktmotor vom Band. Bildrechte: Archiv Museum "automobile welt eisenach"
Trabant P 50 Limousine zweifarbig
Der Trabant P 50 wurde von 1958 bis 1959 vom VEB Sachsenring Zwickau gefertigt. Den Zweitakter gab es als Limousine und Kombi. Bildrechte: August Horch Museum Zwickau
Trabant P 601 Limousine blau
Der Trabant P 601 ging 1964 in Serienproduktion und wurde mit kleineren Verbesserungen bis 1990 in Zwickau gefertigt. Bildrechte: August Horch Museum Zwickau
Blick auf verschiedene DDR-Autos
Den Zweitakter gab es als Limousine, als Kombi und ab 1967 als Kübelwagen. Bildrechte: DDR-Museum, Berlin
Trabis parken vor Häusern
Viele DDR-Bürger beschafften sich ihr Auto auf dem privaten Gebrauchtwagenmarkt. Dort waren gebrauchte Autos meist teurer als offiziell gekaufte Neuwagen – Grund waren die jahrelangen Wartezeiten, die man mit einem Gebrauchtwagenkauf vermeiden konnte. Bildrechte: DDR-Museum, Berlin
DDR auf vier Rädern: Der millionste Trabant
Im November 1973 rollte der millionste Trabi vom Band. Bildrechte: August Horch Museum Zwickau
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Bedarf an Autos wird nie gestillt …

Die DDR-Führung setzte auf private Motorisierung, ohne allerdings jemals den wirklichen Bedarf stillen zu können. Im Herbst 1989 waren in den 14 Bezirken der DDR 3,9 Millionen Pkw angemeldet. Rund 95 Prozent davon befanden sich in Privatbesitz. Auch in der DDR war das Auto das liebste Kind. Dabei erforderte gerade dieses Steckenpferd von den Ostdeutschen besonders viel Geduld. Wer ein Auto kaufen wollte, musste sich auf lange Wartezeiten einstellen. Sie schwankten zwischen zwölfeinhalb Jahren für die einfachste Ausführung der "Trabant"-Limousine und siebzehn Jahren für einen aus der Sowjetunion importierten "Lada" 2107. So war man in der Regel 30 Jahre alt, bevor man das erste Auto sein Eigen nennen durfte.

… doch Not macht erfinderisch

In den Familien wusste man sich zu helfen. Vater, Mutter, Oma und Opa ließen sich in Abständen in die Warteliste einschreiben. Das war problemlos, denn wer 18 Jahre alt geworden war, durfte beim IFA-Autohandel den Kauf eines Pkw beantragen, unabhängig davon, ob er das Geld besaß oder nicht. Hatte so eine Familie erst einmal ein Auto, konnte sie dies nunmehr in regelmäßigen Abständen gegen ein neues ersetzen.

Schwarzhandel mit Gebrauchten florierte

Die Wartezeit hatte noch weitere Folgen: Unter den Augen der Staatsmacht entfaltete sich ein florierender Schwarzhandel mit gebrauchten Pkw. Kurios und vielleicht eine Einmaligkeit: Gebrauchte Autos waren teurer als fabrikneue. Der Historiker Stefan Wolle nahm in seinem Buch "Die heile Welt der Diktatur" diese groteske Eigenart der sozialistischen Realität unter die Lupe. Er schreibt: "Unter Kennern galt die Faustregel: doppelter Neupreis minus 1000 Mark pro Nutzungsjahr." Wer seinen alten "Trabi", "Wartburg" oder "Polski Fiat" verkaufen wollte, brauchte nur ein Inserat in der Zeitung aufzugeben. Oder er stellte das Auto auf einen der in der Endzeit der DDR aufkommenden Gebrauchtwagenmärkte, drehte die Scheibe einen Spalt breit herunter. Danach brauchte er sich jeweils nur das höchste Angebot herauszusuchen.

Im Politbüro der SED, wo anfangs überlegt wurde, dieser Entwicklung administrativ entgegenzutreten, resignierten die führenden Genossen bald. Von Egon Krenz ist die Feststellung überliefert, "dass es kaum möglich sein wird, mit administrativen Maßnahmen wirksam den spekulativen Handel zu unterbinden. Durch die sich ständig verlängernden Wartezeiten bei Pkw aus der Neuproduktion sind Bürger in zunehmendem Maße bereit, für den Erwerb eines gebrauchten Fahrzeuges Überpreise zu zahlen."

Verkehrshistoriker Dr. Michael Dünnebier 5 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Unter schwierigsten Bedingungen: Auto-Reparaturen und Ersatzteil-Kauf

Wer endlich ein Auto hatte, war der Sorgen nicht ledig. Jetzt bekam der Autofahrer die Segnungen des Dienstleistungssystems zu spüren. Auch die kleinste Reparatur am "Trabi", "Wartburg", "Lada" oder "Moskwitsch" wurde zum Problem. Oftmals war es nur mit Schmiergeld und untertänigem Betteln in einer der wenigen Kfz-Werkstätten zu beheben. Das führte wiederum dazu, dass immer mehr Autobesitzer sich ein Vorratslager an Ersatzteilen zulegten: Rückspiegel, Zylinderkopfdichtungen, Karosserieteile, Ersatzscheiben ...

Dacia 1300

Abwechslung auf die Straßen der DDR brachte der Dacia 1300. Die Lizenz-Variante des französischen Renault 12 wurde aus Rumänien importiert. Mit einem Viertaktmotor, 1289 Kubikzentimetern Hubraum und einer Leistung von 39,7 kW brachte es der Dacia auf eine Geschwindigkeit von 142 Stundenkilometern. Der Viertürer verfügte über eine selbsttragende Stahlkarosserie.

Das DDR-Kultgefährt: Die Schwalbe

Was für die Erwachsenen "Wartburg" oder "Trabi", waren für die junge Generation die MZ-Motorräder aus Zschopau. Diese Maschinen bestimmten lange Jahre das Geschehen auf den internationalen Rennpisten mit. Später konnten die Zschopauer bei Geländeprüfungen große Erfolge erringen, beispielsweise bei den "Six Days". Eine "Schwalbe" oder ein anderes Moped aus der Produktion der Suhler Fahrzeugwerke war häufig der erste motorisierte Untersatz der DDR-Jugend. Mopeds oder Kleinkrafträder aus Thüringen waren deshalb ein beliebtes Geschenk zur Jugendweihe oder Konfirmation, auch Anreiz zum Sparen. Vorher musste allerdings der Mopedschein erworben werden.

1949 Aus dem Eisenacher Automobilwerk kommt noch der BMW 340.

1955 Aus Zwickau kommt der neue Kleinwagen P 70.

1956 Der erste Wartburg 311 kommt aus Eisenach.

1958 Nach der Zusammenlegung des alten Audi-Werkes und des alten Horch-Werkes in Zwickau zum VEB Sachsenring Automobilwerke Zwickau begann die Großserienproduktion des Trabant mit dem P 50.

1. Januar 1957 Neue Straßenverkehrsordnung: Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften 50 km/h; außerhalb Tempo 80, auf Autobahnen Tempo 100.

1. Februar 1964 Kleinroller "Schwalbe" geht in Serie", "Star" (Mokick), "Spatz", "Sperber" und "Habicht" folgen.

1966 Lieferzeit für Personenkraftwagen liegt bei ca. sechs Jahren.

1. Januar 1980 Allgemeine Gurtpflicht wird eingeführt.

30. April 1991 In Zwickau läuft nach 34 Jahren der letzte "Trabant" vom Band. Insgesamt wurden ca. 3,6 Millionen Exemplare des Trabants (mit Vorläufermodellen) produziert.

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR Zeitreise: Mobil im Sozialismus | 24. Mai 2020 | 22:20 Uhr