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Die Wismut: Uranbergbau im Erzgebirge

Was war die (SDAG) Wismut?

Unter dem Decknamen des unscheinbaren Buntmetalls "Wismut" verbirgt sich der ehemals viertgrößte Uranproduzent der Welt und wichtigstes Unternehmen der Sowjets im deutschen Besatzungsgebiet. Der Abbau des radioaktiven Uranerzes begann bereits ein Jahr nach Kriegsende 1946 unter der dazu gegründeten Staatlichen Aktiengesellschaft der Buntmetallindustrie (SAG) Wismut. Ab 1954 agierte das Unternehmen unter dem Namen Sowjetisch-Deutsche Aktiengesellschaft (SDAG) Wismut weiter.

Wann und wo wurde Uran erstmals entdeckt?

Die traditionelle Bergbauregion Erzgebirge ist seit jeher auch das Zentrum des deutschen Uranabbaus gewesen. Die erste gezielte Förderung des Uranerzes fand in Johanngeorgenstadt bereits über 100 Jahre vor der Gründung der Wismut statt. Zurückzuführen ist dessen Entdeckung sogar schon auf das 16. Jahrhundert. Damals war das schwarze, schwere und bis dato nutzlose Mineral unter dem Namen "Pechblende" bekannt.

Wo wurde Uran abgebaut?

Bereits wenige Monate nach Kriegsende 1945 wurde unter militärischer Leitung der Roten Armee die "Sächsische Erkundungsexpedition" ins Leben gerufen. Ihr Auftrag war es die Uranlagerstätten des Erzgebirges für die UdSSR ausführlich zu untersuchen. Im Februar 1946 stießen sowjetische Geologen in Johanngeorgenstadt auf ein großes Uranerzvorkommen.

Augenblicklich wurde damit begonnen, die meisten sächsischen Bergbauanlagen als Reparationsleistungen in sowjetisches Eigentum zu überführen sowie weitläufig Landbesitztümer in Sperrzonen zu verwandeln, um in großem Umfang eine Infrastruktur aufzubauen. Mit einer rasanten Geschwindigkeit wuchs das Einflussgebiet der Wismut vom erzgebirgischen Aue - später Chemnitz - aus in weiten Teilen Sachsens und Thüringen. Wichtige Abbauregionen waren neben dem Erzgebirge (Johanngeorgenstadt, Schlema, Pöhla, etc.) auch das Gebiet um Dresden (Glittersee), die Sächsische Schweiz (Königstein) sowie Ostthüringen (Ronneburg).

Wie groß war die Angst vor Spionage?

Bereits die Verwendung des Tarnnamens "Wismut" offenbart eine ausgeprägte Vorsicht seitens der Sowjets. Der Westen durfte unter keinen Umständen erfahren, welche Mengen Uran der UdSSR zur Verfügung stehen. Besonders das Uran aus dem Erzgebirge hatte einen strategischen Wert für die sowjetische Rüstungsindustrie. Demzufolge unterlagen jegliche Informationen rund um die Wismut strengster Geheimhaltung. Alle Bergbauanlagen wurden als militärische Sperrgebiete abgeriegelt und bewacht. Sicherheit war die oberste Devise.

Damit einher ging auch eine starke Reglementierung des Alltagslebens der Arbeiterschaft. Dies galt insbesondere für die sowjetischen Angestellten, deren Kontakte zu den Deutschen überwacht oder verboten waren. Die Angst vor durchsickernden Informationen in die Hände der westlichen Geheimdienste war stets präsent im Arbeitsalltag bei der Wismut.

Welche Vorteile bot die Arbeit bei der Wismut?

Je mehr Uranvorkommen erschlossen werden konnten, desto höher stieg auch die Nachfrage an Arbeitskräften. Doch statt wie in der Sowjetunion üblich, entschied man sich gegen Zwangsverpflichtungen und für eine attraktive Werbekampagne mit vielen Vorteilen wie beispielsweise außergewöhnlich hohe Löhne. 1961 wurde zusätzlich eine gesonderte Altersrente, die Bergmannsrente, durch die SED-Führung eingeführt.

Die Uranbergleute der SDAG Wismut erhielten darüber hinaus doppelt so hohe Lebensmittelrationen wie die der schon überdurchschnittlich versorgten Arbeiter in der Schwerindustrie. Hinzu kamen jeden Monat zwei Liter vom sogenannten "Kumpeltod-Schnaps" sowie Gutscheine für Kleidung und viele weitere Vergünstigungen. Die Bergarbeiter wurden von der SED-Propaganda als "Wismut-Kumpel" zu sozialistischen Helden stilisiert, deren Arbeit den Frieden sicherte. Doch diese "Heldenarbeit" barg auch eine Vielzahl an Risiken.

Wie gefährlich war die Arbeit bei der Wismut?

Die sogenannten "wilden" Anfangsjahre des Uranabbaus in der DDR waren für die Bergbauarbeiter vor allem gekennzeichnet von schwersten körperlichen Arbeitsbedingungen unter Tage. Besonders in der Nachkriegszeit war die Zahl an Arbeitsunfällen sehr hoch. Hinzu kamen neben einer hohen Staub- auch eine intensive Strahlenbelastung, vor allem durch das radioaktive Edelgas Radon und seiner Folgeprodukte. Einen auch nur ansatzweise angemessenen Strahlenschutz suchte man damals vergebens.

Auch wenn mit der Gründung der SDAG Wismut die "wilden Jahren" endeten und intensivere wissenschaftliche Erforschungen in den Lagerstätten die Arbeitsbedingungen verbesserte, so blieb die Förderung des radioaktiven Urans ein sehr riskantes Berufsfeld. Eine große Kohortenstudie des Bundesamts für Strahlenschutz konnte zwischen 1952 und 2014 über 9.000 Lungenkrebserkrankungen und rund 17.000 Silikose-Erkrankungen (Quarzstaublunge) bei Wismut-Beschäftigten nachweisen. Auch weitere Krebs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen waren keine seltenen Berufskrankheiten.

Welche Schäden verursachte der Uranbergbau?

Nicht nur für die Gesundheit der Menschen in den Bergwerken auch für die Umwelt stellte die Ausbeutung der Uranvorkommen eine Gefahr dar. Neben den ohnehin schon vielfältigen Schäde, die durch intensiven Bergbau verursacht werden, entstehen beim Abbau von Uran zusätzliche Umweltbelastungen. Radon und radioaktiv belasteter Staub führen häufig zur Kontamination von Grundwasser und Umgebungsluft. Für den Erfolg der Wismut wurden allerdings jegliche Umweltverseuchungen und Zerstörungen von Landschaften billigend in Kauf genommen.

Bis zur Friedlichen Revolution im Herbst 1989 blieb diese Seite des Uranabbaus ein Tabuthema. Wer versuchte es dennoch öffentlich zu machen wie der DDR-Umweltaktivist Michael Beleites, wurde von der Staatssicherheit verfolgt. Doch die sinkende Popularität der Wismut in der Bevölkerung konnten spätestens in den 80'er Jahren weder Stasi noch SED-Propaganda verhindern.

Was macht die Wismut heute?

Mit dem Ende der DDR wurde 1990 auch die Beendigung des intensiven Uranerzbergbaus in Sachsen und Thüringen beschlossen. Im Mai 1991 einigten sich die Sowjetunion und die Bundesrepublik Deutschland auf ein Abkommen zur Stilllegung der SDAG Wismut. Diese ging nun vollständig in den Besitz der Bundesrepublik über.

Es war die Geburtsstunde der Wismut GmbH, einem staatlichen Sanierungsunternehmen, beauftragt mit der Sanierung der großflächig radioaktiv kontaminierten Wismut-Altlasten. Die vom Bergbau beanspruchten Flächen sollen wieder nutzbar gemacht sowie Mensch und Natur eine gesunde Umwelt zurückzugeben werden. Die Langzeitfolgen des intensiven Uranabbaus beschäftigen die Menschen noch heute und stellen eine der umfangreichsten ökologischen und wirtschaftlichen Herausforderungen dieser Regionen dar.

mit Video

Alltag bei der Wismut"Der Wodka ist ihr Nationalgetränk"

"Die Wismut ist ein Staat im Staate, und der Wodka ist ihr Nationalgetränk", heißt es in Werner Bräunigs Wismut-Roman "Rummelplatz", der in der DDR verboten war. Bräunig als Ex-Bergmann wusste, wovon er schrieb.

ZeitzeugenprojektGeheimsache Wismut

1991 endete die Geschichte der "Sowjetisch-Deutschen Aktiengesellschaft Wismut". Geblieben sind die Erinnerungen zehntausender Menschen, die in der "Wismut" gearbeitet haben.

Wismut 1947: Die Kumpel, der Berg und die Baracken

Unter dem Tarnnamen "Wismut" förderte die Sowjetunion im Erzgebirge Uran. Nirgends konnte man nach dem Krieg so viel Geld verdienen wie hier - aber es war auch nirgendwo so gefährlich.
Im Bild: der Eingang zu einem Wismut-Schachtgelände mit dem Bergmannsgruß "Glück auf".
Bildrechte: MDR/AstFilm Production
Neubausiedlung für die Wismut-Arbeiter in Johanngeorgenstadt. Bildrechte: MDR/AstFilm Production
Versammlung bei der Wismut. Bildrechte: MDR/AstFilm Production
Ohne die Lokführer der Wismut ging gar nichts: Täglich transponierten sie zehntausende Arbeiter zu den Schächten. Bildrechte: MDR/AstFilm Production
Auf dem Bahnhof von Johanngeorgenstadt stürmen die Kumpel einen Schichtzug. Die Plätze reichten nie aus. Viele hockten auf den Dächern, auf der Lokomotive oder fuhren auf den Trittbrettern mit. Bildrechte: MDR/AstFilm Production
Wismut Schacht aus dem Jahr 1947. Die Schachtgelände waren mit einer mannshohen Bretterwand abgesperrt. Bildrechte: MDR/AstFilm Production
Bergmann auf dem Trittbrett seines Schichtzuges. In der Hand hält er seine Grubenlampe. Bildrechte: MDR/AstFilm Production
Schachtanlagen gab es überall im Erzgebirge - auch in den Städten und Dörfern, bisweilen in Kleingärten oder direkt neben Wohnhäusern. Bildrechte: MDR/AstFilm Production
Markscheider bei der Arbeit. Sie waren die Vermessungsspezialisten unter Tage. Bildrechte: MDR/AstFilm Production
Wismut-Kumpel bei einer Arbeitspause unter Tage. Bildrechte: MDR/AstFilm Production
Täglich rollten in den Schichtzügen der Wismut tausende Kumpel zur Arbeit. Viele hockten auf den Dächern oder fuhren auf den Trittbrettern mit. Bildrechte: MDR/AstFilm Production
Wismut-Kumpel posieren für ein Gruppenbild. Vorschriften für Arbeitsschutz-Kleidung gab es offenbar nicht: Jeder trug die Kleidung, die er hatte. Selbst Helme schienen nicht zwingend vorgeschrieben zu sein. Bildrechte: MDR/AstFilm Production
In Johanngeorgenstadt errichtete die Wismut AG 1947 Wohnungen für die Bergmänner. Bildrechte: MDR/AstFilm Production
An der stacheldrahtbewehrten Umzäunung eines Schachtgeländes die sogenannte "Rote Ecke": Ein Ölgemälde nebst Losungen und Fahnen. Bildrechte: MDR/AstFilm Production
Blick auf eine Schachtanlage. Bildrechte: MDR/Steffen Junghans
Wismut-Schachtanlage inmitten eines Dorfes im Erzgebirge. Bildrechte: MDR/ AstFilm Productions
Blick auf eine Schachtanlage, riesige Förderbänder und Abraumhalden. Dazwischen vereinzelte Wohnhäuser. Bildrechte: MDR/ AstFilm Productions

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