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Thomas Müntzer - Der Satan von Allstedt

22. Juni 2011, 13:36 Uhr

Er geißelte als erster den Ablasshandel der katholischen Kirche und führte die Gottesdienste in deutscher Sprache ein. Doch nicht er, sondern Martin Luther wurde zur Ikone der Reformation. Was trübte den Ruf Thomas Müntzers so sehr, was machte ihn zum Außenseiter?

Anfangs fühlten sie sich als "Brüder im Geiste", am Ende stießen sie üble Schmähungen gegeneinander aus: Der eine - Martin Luther - ging mit seinen 95 Thesen als großer Reformator in die Geschichte ein. Der andere - Thomas Müntzer, geboren um 1489 in der kleinen Harzstadt Stolberg und hingerichtet 1525 bei Mühlhausen - gilt bis heute als deren wenig populärer Außenseiter. Auch wenn er in der DDR als Vorkämpfer des Arbeiter- und Bauern-Staates gefeiert wurde. Dabei war es Thomas Müntzer, der als erster den Ablasshandel der katholischen Kirche oder das Auspressen der Bauern durch die Klöster anprangerte und die deutschsprachigen Gottesdienste einführte. Einige seiner deutschen Kirchenlieder stehen bis heute in den evangelischen Gesangbüchern.

Vom Kirchenkritiker zum Dogmatiker

Warum also wurde nicht er, sondern Martin Luther zur Ikone der Reformation? Warum fällt sein Nachruhm deutlich geringer aus und scheint aus mehrfachem Grund getrübt? Liegt dies an Müntzers Radikalität, schließlich wurde er im Laufe seines Lebens, auf seinem rastlosen Weg durch die Lande, immer kompromissloser, ja fanatisch? Wie wurde aus dem Mann, der als fortschrittlicher Kirchenkritiker begann, selbst ein Dogmatiker, der, am Ende Tausende Bauern und Handwerker in die Schlacht bei Frankenhausen und damit in den Tod führte?

Dran, dran, solang ihr Tag habt. Gott geht euch voran, folget, folget!

(Thomas Müntzer, 1525)

Diesen Fragen geht die "Geschichte Mitteldeutschlands" im Film über Thomas Müntzer nach. Gedreht wurde dafür an authentischen Orten, so in Allstedt, wo Müntzer seine Reform des Gottesdienstes auf den Weg brachte. Bis zu 2.000 Menschen kamen damals, um ihn in der Johanniskirche predigen zu hören, vom Evangelium, das Christus "einer jeden Kreatur gewidmet" hat, "unverblümt" und "einem jeden in seiner Sprache". Müntzer-Gegner wie der Mansfelder Graf Ernst II., ein treuer Katholik, waren empört.

Die Idee vom "wahren Glauben"

Seine Idee vom "wahren Glauben" in einer "Gemeinschaft von Auserwählten" hielt Thomas Müntzer am Ende nur noch mit Gewalt für realisierbar. In seiner "Fürstenpredigt" vom 13. Juli 1524 beklagte er die "arme zerfallende Christenheit" und forderte die Rückkehr zu einem gottgläubigen Leben. Den Fürsten bot er großzügig an, sich anzuschließen, andernfalls werde sie das Volk entmachten. So machte er sich Feinde auf allen Seiten: bei den Fürsten, die um ihre Macht bangten, beim Klerus, dem er an die Pfründe ging. Sogar viele Reformatoren wandten sich von diesem radikalen und kompromisslosen Geist ab - allen voran Martin Luther, der in schließlich als "Satan von Allstedt" beschimpfte.

Der Film in der Reihe zur "Geschichte Mitteldeutschlands" zeigt, wie aus dem jungen Priester, der nach den Wurzeln der sozialen Not und Ungleichheit suchte, ein zorniger Mann wurde, der sich am Ende gar selbst zum Propheten erklärte. So erzählt die "Geschichte Mitteldeutschlands", wie aus dem hoffnungsvollen Aufbruch ein verhängnisvoller Untergang wurde - für tausende Bauern und Handwerker, aber auch für Müntzer selbst.

Buch: Matthias Schmidt
Regie: Dirk Otto
Kamera: Matthias Tschiedel
Länge: 45 min.
Erstsendung: 31.10.2010 | 20:15 Uhr

Angaben zum Film:Buch: Matthias Schmidt
Regie: Dirk Otto
Kamera: Matthias Tschiedel
Länge: 45 min.
Erstsendung: 31.10.2010 | 20:15 Uhr