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Der Charleston war ein beliebter Tanzstil der Goldenen Zwanziger. Das Bild zeigt einen Ausschnitt aus dem britischen Film „Der Mann, der Rothaarige liebte“ (The Man Who Loved Redheads), indem Frauen und Männer miteinander den Charleston tanzen. Bildrechte: imago images/Ronald Grant

Start Vierte Staffel Babylon BerlinSo waren die "Goldenen Zwanziger" wirklich

Stand: 10. Oktober 2022, 15:52 Uhr

Die "Goldenen Zwanziger" waren die Blütezeit der Weimarer Republik. Sie begannen 1924 mit der Einführung der Rentenmark und wurden 1929 durch die Weltwirtschaftskrise schon wieder beendet. Doch wie waren die Goldenen Zwanziger wirklich?

Weimarer Republik 1923: Die Inflation ist in vollem Gange, Papiergeld verliert immer schneller seinen Wert. Ab Herbst weigern sich die Bauern und mehrere Firmen, ihre Waren überhaupt noch gegen die Billionen-Scheine abzugeben. In Teilen der Republik kommt es zu Chaos und Plünderungen. Am 20. November 1923 wird die Rentenmark (spätere Reichsmark) eingeführt. Mit dieser Währungsumstellung kann die Inflation gestoppt werden.

Stabilität auf Pump

Der Dawes-Plan sorgt dafür, dass die Kriegsreparationen aus dem Versailler Vertrag für die Weimarer Republik einfacher zu stemmen sind. Eine Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs beginnt. Der allerdings fußt auf Anleihen aus dem internationalen Ausland. Bis 1929 fließen rund 21 Milliarden Mark Kredite in die Republik – vor allem aus den USA.

Ein klassisches Ladenregal aus der Zeit. Bildrechte: MDR/Kais Harrabi

Die Wirtschaft erholt sich auf ein gesundes Maß – ein wirkliches Konjunkturhoch gibt es eigentlich nur in den Jahren 1926 bis 1928. Im Vergleich zu den vorangegangenen Krisenzeiten ging es den Menschen jedoch so gut, dass sich die zweite Hälfte der Zwanziger Jahre geradezu "golden" anfühlte. In dieser relativ stabilen Situation kommt es außerdem in den Bereichen Wissenschaft, Kunst und Kultur zu einer Blütezeit.

So plötzlich, wie sie begonnen hatten, sind die "Goldenen Zwanziger" auch wieder zu Ende. Die Weltwirtschaftskrise stürzt auch die Weimarer Republik erneut in eine wirtschaftliche Krise. Soziale Konflikte treten wieder offen hervor und sorgen für politische Radikalisierung, die letztendlich im Nationalsozialismus gipfelt.

Nichts Neues im Wohn-Stall-Haus

Auf dem Land bekommen die Menschen von all den politischen, wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungen nur wenig mit. Für sie hat sich auch nur wenig verändert. Im Vogtland zum Beispiel wohnen die Kleinbauernfamilien noch immer gemeinsam mit ihren Tieren unter einem Dach. Der Alltag wird bestimmt von schwerer Feldarbeit, die allein aber nicht zum Überleben reicht.

Die Abende und die Winter verbringen die Bauernfamilien an der Werkbank, um zum Beispiel Teile für Musikinstrumente herzustellen. Während der Alltag von schwerer Arbeit geprägt ist, erreicht der technische Fortschritt das Land natürlich trotzdem. Im Zuge der Elektrifizierung gibt es immer mehr Telefone und Radios. Vor allem letztere sorgen dafür, dass auch die Landbevölkerung an aktuelle Informationen kommt.

Die Goldenen Zwanziger: Leben im Bauernhaus

In den Zwanzigern wohnten die Leute meist in Wohn-Stall-Häusern. Rechts der Wohnbereich für die Menschen, links der Stall für die Tiere. Bildrechte: MDR/Kristin Kielon
Das ist die Küche. Bildrechte: MDR/Kristin Kielon
Das Sofa war was ganz besonderes. Oft durfte man sich nur an Sonn- und Feiertagen drauf setzen. Bildrechte: MDR/Kristin Kielon
Zur Stube gehört auch eine Werkbank. Nach der Feldarbeit wurden hier noch Geräte repariert. Im Vogtland haben die Bauern im Winter auch noch ein bisschen Geld verdient, indem sie Teile für Musikinstrumente hergestellt haben. Bildrechte: MDR/Kristin Kielon
Die Küche war von den Annehmlichkeiten der großstädtischen Bauweisen weit entfernt. Strom und fließendes Wasser gab es nicht. Die beiden Blechwannen sind die Spülbecken. Bildrechte: MDR/Kristin Kielon
Aber ganz ähnlich, wie heute, hatte man auch in den Wohn-Stall-Häusern schon Stauraum unterm Dach. Hier wurde alles abgestellt, was nicht im täglichen Leben gebraucht wurde. Bildrechte: MDR/Kristin Kielon
Im ersten Stock waren die Schlafzimmer. Hier die Ehebetten. Unterm Dach zog es ganz schön. Das war vor allem im Winter ganz schön unangenehm. Da konnte es auch hin und wieder vorkommen, dass man neben einer Schneewehe aufgewacht ist. Bildrechte: MDR/Kristin Kielon
Um seine Notdurft zu verrichten, musste man allerdings vor die Türe gehen. Bildrechte: MDR/Kristin Kielon
Und mit dem Komfort heutiger Badezimmer kann das Plumpsklo von damals auch nicht mithalten. Bildrechte: MDR/Kristin Kielon
Und natürlich dürfen Tiere auch nicht fehlen. Hier zwei Schafe.
(Über dieses Thema berichtete der MDR auch im TV: Geschichte Mitteldeutschlands - Das Magazin | 18.08.2015 | 21:15 Uhr)
Bildrechte: MDR/Kristin Kielon

Städte werden zu Metropolen

In den zwanziger Jahren hält die sogenannte Landflucht weiter an. Die Menschen suchen in den Städten nach Arbeit und einem besseren Leben. Fast ein Drittel der Einwohner der Weimarer Republik lebt jetzt in der Stadt. Die Folge ist akute Wohnungsnot, sodass sich ganze Familien ihre Betten teilen müssen. Die Städte reagieren mit dem Bau von neuen, modernen Wohnquartieren, die unter anderem in Leipzig bis heute das Stadtbild mitprägen. Die bekanntesten Beispiele sind der Lößniger Rundling und die Kroch-Siedlung im Stadtteil Gohlis. Leipzig war in den "Goldenen Zwanzigern" die pulsierende Metropole Mitteldeutschlands. Hier erreichte die Einwohnerzahl im Jahr 1930 mit mehr als 718.000 Menschen ein bisher nie wieder erreichtes Hoch.

Der Tanz auf dem Vulkan

Reporterin Kristin Kielon hat das Stadtleben in den Zwanzigern ausprobiert. Und sich natürlich auch entsprechend schminken lassen. Bildrechte: MDR/Kais Harrabi

Es ist vor allem das blühende kulturelle Leben, das den "Goldenen Zwanzigern" ihren Ruf verschafft. Denn die Zeit ist geprägt von Zuversicht und Lebensfreude: Es entstehen Cafés, Theater und Varietés. Kinos entwickeln sich zur Massenunterhaltung. Allein in Leipzig gibt es 44 Kinos, mehrere davon auf der Georg-Schwarz-Straße, dem "Broadway Leipzigs". Dank der Einführung des Achtstundentages und Urlaubsregelungen können sich diejenigen, die eine gute Arbeit haben, nun auch diese Freizeitaktivitäten leisten.

Das Nachtleben in den Großstädten ist ausgelassen und freizügig. Es wird Absinth getrunken und in den Ballhäusern tanzt man Charleston. Frauen schneiden sich die Haare zum kurzen Bubikopf und legen sich aufwändige Wasserwellen – und sie nehmen sich die Freiheit in aller Öffentlichkeit Zigaretten zu rauchen.

Frauen in die Vorzimmer

Reporterin Kristin Kielon hat sich in Schale geschmissen für einen Tag als Vorzimmerdame eines Industriellen. Bildrechte: MDR/Kais Harrabi
Ihr Arbeitsplatz sieht zwar aus, wie ein Büro... Bildrechte: MDR/Kais Harrabi
... aber auf dem Schreibtisch fehlen einige Sachen. Wo ist zum Beispiel der Computer? Bildrechte: MDR/Kais Harrabi
Den gab's damals natürlich noch nicht. Dafür aber eine Schreibmaschine. Auf einem kleinen Tischchen neben dem Schreibtisch. Bildrechte: MDR/Kais Harrabi
Auch dieses Gerät ist ein Vorläufer moderner Bürotechnologie. Es ist ein Hektograph und wurde später vom Kopierer ersetzt. Bildrechte: MDR/Kais Harrabi
Natürlich muss für die Büroarbeit auch das Outfit stimmen. Dezentes Grau hat sich die Jahre über gehalten. Nur die Kleider sind nicht mehr ganz so lang und hochgeschlossen. Bildrechte: MDR/Kais Harrabi
Ein Panorama des Arbeitszimmers. Rechts ist das Büro des Chefs.
(Über dieses Thema berichtete der MDR auch im TV: Geschichte Mitteldeutschlands - Das Magazin | 18.08.2015 | 21:15 Uhr)
Bildrechte: MDR/Kais Harrabi

Immer mehr Menschen können sich auch Grammophone für Zuhause leisten. Und in der Folge spielt die Musik eine ganz neue Rolle: Auf Konzerten werden die großen Berliner Stars gefeiert. Auch im Leipziger Krystallpalast schwingt Josephine Baker ihr Bananenröckchen und besingen die Comedian Harmonists ihren kleinen grünen Kaktus.

Kristins Verwandlung - Ein Unterschied wie Tag und Nacht

Bildrechte: MDR/Kais Harrabi | MDR/Kais Harrabi

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