Mit einer herzlichen Umarmung verabschiedet sich Bundeskanzler Gerhard Schröder (l) am 31.08.2004 auf dem Flughafen von Sotschi am Schwarzen Meer vom russischen Präsidenten Wladimir Putin.
So nah stehen sich Schröder und Putin. Bildrechte: picture alliance/dpa | Woilfgang Kumm

Schröder in der Kritik Ziemlich beste Freunde: Schröder und Putin

25. April 2023, 18:13 Uhr

Alt-Bundeskanzler Gerhard Schröder und den russischen Präsidenten Wladimir Putin verbindet eine Freundschaft, die bereits viele Jahre anhält und offensichtlich weit über eine politische Freundschaft hinausgeht. Schon während seiner Kanzlerschaft von 1998 bis 2005 hatte Schröder eng mit Putin zusammengearbeitet. Daraus machte er nie einen Hehl. Nach dem Ende seiner politischen Karriere wurde der Altkanzler als "Putins wichtigster Lobbyist" bezeichnet.

Zu kaum einem Staats- oder Regierungschef hat Gerhard Schröder als Bundeskanzler ein so enges Verhältnis aufgebaut wie zum russischen Präsidenten Wladimir Putin. Die Freundschaft des Altkanzlers mit dem Kremlchef geht weit über die politische Ebene hinaus: Zu seinem 60. Geburtstag lud Schröder Putin nach Hannover ein. Seinen 70. Geburtstag feierte der Niedersachse dann mit Putin in St. Petersburg - einschließlich inniger Umarmung - zur Unzeit: Denn damals hatte sich Russland gerade die völkerrechtlich zur Ukraine gehörende Schwarzmeer-Halbinsel Krim einverleibt.

Schröder im Aufsichtsrat von Rosneft

Seit dem Ende seiner politischen Karriere ist Schröder als Anwalt und Wirtschaftslobbyist tätig - vor allem in Russland. Nach seinen sieben Jahren Amtszeit nahm er einen Posten beim russischen Staatskonzern Gazprom an. Mittlerweile ist der SPD-Politiker Vorsitzender des Aktionärsausschusses von Nord Stream 2.

2017 hievt Putin seinen Freund in die Führung eines weiteren russischen Energieriesen, dessen Image deutlich schlechter ist als das von Gazprom: Rosneft - der Konzern steht auf der EU-Sanktionsliste wegen Russlands Übergriffen auf die Ukraine. Doch Schröder ist bereit, in den Aufsichtsrat des staatlich gelenkten russischen Ölkonzerns zu gehen - trotz Bedenken in Deutschland.

Schröder als Türöffner

Schon bei Nord Stream 1, der ersten Ostseepipeline von Gazprom, hat Schröder erfolgreich als Türöffner in Europa gewirkt. Nun tut er das auch für Rosneft. Die Nord Stream AG hatte damals die Nachfeier zu Schröders Geburtstag ausgerichtet, den er auch mit Putin feierte - die Bilder seiner langjährigen Männerfreundschaft mit Putin sind bekannt. Neben gemeinsamen Geburtstagsfeiern lud der Kremlchef die Schröders u.a. zur weihnachtlichen Schlittenfahrt nach Moskau ein.

Die guten Kontakte führten dazu, dass Schröder und seine damalige Frau Doris Schröder-Köpf zwei russische Kinder adoptierten. Kritik von Parteifreunden oder aus der Öffentlichkeit prallten stets an Schröder ab. Schröder sieht sich selbst als Mittler, der den Dialog mit Russland pflegt. 

Lachend und winkend fahren der russische Präsident Wladimir Putin, Bundeskanzler Gerhard Schröder (r) und dessen Frau Doris Schröder-Köpf am 7.1.2001 in Kolomenskoje, der früheren Sommerresidenz der Zaren in Moskau, in der russischen «Troika», einem von drei Pferden gezogenen Schlitten.
Lachend und winkend fahren der russische Präsident Wladimir Putin, Bundeskanzler Gerhard Schröder (r) und dessen damalige Frau Doris Schröder-Köpf am 7.1.2001 in Kolomenskoje, der früheren Sommerresidenz der Zaren in Moskau, in der russischen "Troika", einem von drei Pferden gezogenen Schlitten. Bildrechte: Verfügbar für Kunden mit Rechnungsadresse in Deutschland. | epa Denis Grishkin

Schröder in der Kritik

Unvergessen ist seine "Lobhudelei", Putin sei ein "lupenreiner Demokrat", die er noch als Kanzler vornahm. Schröders Parteifreunde von der SPD haben die russlandfreundlichen Äußerungen lange Zeit stillschweigend geduldet. Bei Rosneft scheint das Verständnis zu schwinden. So ist SPD-Politiker Markus Meckel, der die Gründung der Sozialdemokratischen Partei der DDR (SDP) mit initiierte und bis 2009 Mitglied des Bundestages war, über Schröders Rosneft-Engagement "entsetzt" und sieht dessen Ansehen beschädigt. Auch Dietmar Nietan, Bundesschatzmeister der SPD, sagte kurz nach Schröders Einstieg bei Rosneft: "Ein früherer Kanzler ist dem öffentlichen Leben und Wohl der Bundesrepublik Deutschland verpflichtet. Gerhard Schröder bleibt eine Person des öffentlichen Interesses, auch wenn er kein öffentliches Amt mehr innehat."

Nach dem Giftanschlag auf den Kreml-Kritiker Alexej Nawalny steht Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) wegen seiner Tätigkeit für russische Energiekonzerne weiter unter Beschuss. Schröder, der "in bezahlten Diensten im russischen Öl- und Gasgeschäft" stehe, beteilige sich im Fall Nawalny "an der Vertuschung und Verwischung der Verantwortung, die in Russland liegt", sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen (CDU), der Bild-Zeitung.

Nawalny kritisierte Schröder unlängst als Putins "Laufburschen". Zuvor hatte Schröder die Vorwürfe an Russland, für Nawalnys Vergiftung mit dem chemischen Kampfstoff Nowitschok verantwortlich zu sein, als Spekulation zurückgewiesen.

Gerhard Schröder begrüßt am 16.04.2004 Wladimir Putin
Bundeskanzler Gerhard Schröder begrüßt am 16.04.2004 den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Bildrechte: picture alliance / dpa | Holger Hollemann

All das tut der Freundschaft zu Putin keinen Abbruch. Beide kennen sich nun wesentlich länger, als Schröders Kanzlerschaft dauerte. Beide stammen aus kleinen Verhältnissem und beide haben es an die Spitze ihres jeweiligen Landes geschafft. Um Schröders Freundschaft zu Putin zu verstehen, muss man vielleicht einige seiner Weggefährten zu Wort kommen lassen:

Was Weggefährten über Altkanzler Schröder sagen

Am ehemaligen SPD-Bundeskanzler Schröder scheiden sich in seiner Partei die Geister. Er hatte es aus einfachsen Verhältnissen an die Spitze geschafft. Lesen Sie hier, was Weggefährten über ihn sagen.

Der SPD-Parteivorsitzende Martin Schulz spricht am 17.11.2017 in Berlin in der Parteizentrale zu Journalisten
Martin Schulz: "Mein Fehler war, dass ich nicht genug auf die Pauke gehauen habe. Ich hätte auf meinen Instinkt hören müssen und da hätte ich von Gerhard Schröder mehr lernen können, denn Gerhard Schröder war ein Instinktpolitiker." Bildrechte: picture alliance/dpa
Der SPD-Parteivorsitzende Martin Schulz spricht am 17.11.2017 in Berlin in der Parteizentrale zu Journalisten
Martin Schulz: "Mein Fehler war, dass ich nicht genug auf die Pauke gehauen habe. Ich hätte auf meinen Instinkt hören müssen und da hätte ich von Gerhard Schröder mehr lernen können, denn Gerhard Schröder war ein Instinktpolitiker." Bildrechte: picture alliance/dpa
Gesine Schwan
Gesine Schwan: "Er war nicht der Visionär wie Willy Brandt, er war menschennäher, volksnäher als Helmut Schmidt." Bildrechte: Heide Fest
Bundesinnenminister Otto Schily (SPD)
Otto Schily: "Gerhard Schröder ist ein mutiger Politiker, der wusste genau, dass er mit der Agenda 2010 sein politisches Schicksal aufs Spiel setzt." Bildrechte: IMAGO / Sven Simon
Oskar Lafontaine
Oskar Lafontaine: "Ich bin aber der Meinung, dass er tief im Inneren weiß, dass er seine Herkunft auch verraten hat."

Anmerkung: Gerhard Schröder kam aus einfachsten Verhältnissen. Seine Mutter, die als Putzfrau arbeitete, zog ihn und seine Geschwister allein groß, nachdem der Vater im Krieg gefallen war.
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Norbert Röttgen
Norbert Röttgen: "Schröders Verhalten erfüllt viele Deutsche und auch mich mit Scham",

sagte der CDU-Politiker Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses jüngst im Zusammenhang mit dem Giftanschlag auf den Kreml-Kritiker Alexej Nawalnyj.
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Renate Schmidt
Renate Schmidt: " ... und dann hat Gerhard an den Gitterstäben gerüttelt: 'Ich! Will! Hier! Rein!' Und Freimut und ich haben gesagt: 'Gerhard, hör bitte auf! Wenn die Polizei kommt, das geht nicht. Hör bitte auf!'"

Anmerkung: Gerhard Schröder soll Anfang der 1980er-Jahre in Bonn aus der damaligen rot-grünen Szenekneipe "Provinz" zum gegenüberliegenden Kanzleramt gegangen sein und an den Gitterstäben mit den Worten "Ich will da rein" gerüttelt haben. Schröder selbst hatte das weder bestätigt, noch dementiert.
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Sigmar Gabriel
Sigmar Gabriel: "Na, wir waren natürlich begeistert von ihm.  Jemand sagte‚ der trägt ja nicht mal ein Schlips und der antwortete: 'Grips statt Schlips, Herr Kollege' – das fanden wir natürlich ganz großartig." Bildrechte: imago images/IPON
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Schröders Nähe zu Putin stärker in Kritik als jemals zuvor

Mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine am 23. Februar 2022 wächst der Druck auf Gerhard Schröder immer weiter. Lange wurden seine Russland-Verbindungen ignoriert, doch nun kann die SPD das offenbar nicht länger rechtfertigen: Die SPD-Spitze fordert den Alt-Kanzler auf, seine Posten bei russischen Staatsunternehmen niederzulegen. Sogar über einen Parteiausschluss wird geredet: Zuletzt hat die SPD Heidelberg den Ausschluss Schröders beantragt. Auch die Thüringer Sozialdemokraten appellieren an den früheren Bundeskanzler, alle Ämter in den russischen Konzernen niederzulegen.

Schröder selbst äußerte sich einige Tage nach dem Einmarsch Russlands auf dem Netzwerk LinkedIn wie folgt: "Der Krieg und das damit verbundene Leid für die Menschen in der Ukraine muss schnellstmöglich beendet werden. Das ist die Verantwortung der russischen Regierung". Weiter forderte er, die verbliebenen Verbindungen nach Russland "nicht gänzlich zu kappen".

Eine frühere Version des Artikels wurde bereits 2020 veröffentlicht.

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