Deutschlandfahne
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Schwarz-Rot-Gold: Die Flaggen von DDR und BRD

02. November 2018, 16:04 Uhr

Am 3. Juli 1919 erklärte die Weimarer Nationalversammlung "Schwarz-Rot-Gold" wieder zu deutschen Nationalfarben. Aber wieso eigentlich "Schwarz-Rot-Gold"? Und seit wann sind dies die deutschen Nationalfarben? Seit 1990 gilt "Schwarz-Rot-Gold" übrigens wieder in ganz Deutschland, wobei von "Gold" eigentlich keine Rede sein kann... Ein kleiner Abriss der Geschichte der deutschen Nationalfarben.

Eine Sonne mit einer Friedenstaube. Ein Bär, ähnlich dem des Berliner Wappens. Ein Adler auf einem eisernen Kreuz in der Mitte, in den vier Ecken die Flaggen der vier Besatzungsmächte. Die Deutschen zeigten große Kreativität, als es 1948 hieß, eine neue Flagge für das Nachkriegsdeutschland zu bestimmen. Säckeweise, so berichtete die britisch-amerikanische Wochenschau "Welt im Film", schickten sie ihre Vorschläge an den Parlamentarischen Rat. Der versuchte in Bonn, eine neue Ordnung für Deutschland zu finden. Doch der Flaggenausschuss konnte sich nicht einigen – zumindest nicht auf die Gestalt. Es schien leichter zu sein, vorerst die Farben für die neue Flagge festzulegen, denn zumindest in diesem Punkt herrschte in der Bevölkerung offenbar eine eindeutige Tendenz, wie die Wochenschau verkündete: "Die alten Bundesfarben von 1848, Schwarz-Rot-Gold, sind in vielen Eingaben zu finden."

Ursprung von "Schwarz-Rot-Gold" unklar

Und so kam es, dass der Parlamentarische Rat am 3. November 1948 zunächst einmal die Farben "Schwarz-Rot-Gold" festlegte. Viele Alternativen gab es zu diesem Zeitpunkt auch nicht, wollte man sich doch nicht eine vollkommen neue Farbgebung für Deutschland ausdenken. "Schwarz-Rot-Gold" galt als weitgehend unbelastet. Dabei ist bis heute nicht ganz klar, woher diese Farben eigentlich stammen. Nicht einmal die Bundesregierung weiß es. Auf ihren Seiten schreibt sie: "Der Ursprung von Schwarz-Rot-Gold ist nicht eindeutig nachweisbar. Nach den Befreiungskriegen 1815 wurden die Farben auf die schwarzen Uniformen mit roten Vorstößen und goldfarbenen Knöpfen des an den Kämpfen gegen Napoleon beteiligten 'Lützower Freikorps' zurückgeführt."

Schwarz-Rot-Gold offiziell als Nationalfarben

Klar ist, dass die schwarz-rot-goldene Flagge 1832 beim Hambacher Fest als Symbol für die Freiheit geschwenkt wurde. Und dass 1848, bei der Gründung des Deutschen Reiches, Schwarz-Rot-Gold offiziell als Nationalfarben festgelegt wurden. Bismarck bevorzugte wenig später jedoch Schwarz-Weiß-Rot. Die Weimarer Nationalversammlung bestimmte am 3. Juli 1919 wieder Schwarz-Rot-Gold zu den Nationalfarben der Deutschen. Die Nationalsozialisten wählten bekanntlich ihre ganz eigene Symbolik und verhöhnten die deutschen Farben als Schwarz-Rot-Mostrich. Auch deshalb entschied man sich 1948 für Schwarz-Rot-Gold und schrieb dies ein Jahr später in Artikel 22 der deutschen Verfassung fest.

DDR bekam erst zehn Jahre später eine eigene Flagge

Auch die DDR akzeptierte diese Farben, war in den Anfangsjahren also flaggentechnisch nicht von der BRD zu unterscheiden. Erst 1955 beschloss die DDR-Führung, ein eigenes Staatswappen für sich zu beanspruchen - der Ährenkranz mit Hammer und Zirkel. Drei Jahre später brach die zweite Berlin-Krise aus und die DDR-Führung machte Nägel mit Köpfen, erzählt Daniel Kosthorst, Historiker am Zeitgeschichtlichen Forum in Leipzig: "Man muss sich klarmachen, dass die DDR stets um ihre Anerkennung kämpfte. 1959 hat man das Vorhaben von 1955 dann endgültig wahr gemacht und das Wappen in die Flagge aufgenommen, was natürlich zu erheblichen Protesten im Westen führte. Die Anerkennung der DDR sollte damit erzwungen werden."

Tumulte wegen DDR-Fahne

Schon einer der ersten Akte, die neue Flagge öffentlich zur Schau zu stellen, endete in Tumulten. Die DDR wollte ihr zehnjähriges Bestehen gebührend feiern und beflaggte aus diesem Grund einige S-Bahnhöfe im Westteil Berlins mit Ährenkranz, Hammer und Zirkel. Offiziell gehörten die S-Bahnhöfe zur Reichsbahn, also zur DDR. Die DDR-Flagge wollten die Westmächte hier trotzdem nicht sehen, wie der RIAS am Tag der Ausschreitungen berichtete: "Als ein Einsatzkommando der West-Berliner Polizei am 6. Oktober den S-Bahnhof und das Gelände des Reichsbahnausbesserungswerkes Tempelhof betrat, um in Ausführung einer Dienstanweisung die neue kommunistische Staatsflagge mit Hammer und Zirkel zu entfernen, kam es zu schweren Auseinandersetzungen mit 300 Reichsbahn-Angehörigen, die, zum Teil unter Alkohol stehend, gegen die Beamten mit Schaumlöschern und Knüppeln vorgingen. Im Verlauf der Schlägerei wurden zwei Polizisten schwer und drei leicht verletzt, und um weiteres Blutvergießen zu vermeiden, zog sich das Einsatzkommando zurück."

"Spalterflagge" erleichterte Diplomaten die Arbeit

Westliche Politiker bemühten sich stets, die DDR-Flagge zu ignorieren – in Bonner Kreisen wurde sie nur als "Spalterflagge" tituliert. Diplomaten in aller Welt freuten sich allerdings über die klaren Verhältnisse. 1959 schrieb "Der Spiegel": "Nach Meinung eines bundesdeutschen Botschafters in Übersee, der kürzlich an der Konferenz aller in Afrika amtierenden deutschen Missionschefs teilgenommen hat, erleichtert die Hammer- und Zirkel-Flagge der DDR den westdeutschen Konsularbeamten die Arbeit, weil die Konsulate künftig nicht mehr Zeit und Mühe aufzuwenden brauchen, um herauszufinden, ob ein deutsches Schiff - Mannschaft und Ladung - im Auslandshafen von ihnen betreut werden muss."

Die DDR sollte es gar nicht geben

Innerhalb der Bundesrepublik jedoch hielt sich die Freude in Grenzen und führte 1987 sogar zu einer kleinen Staatskrise. "Als Erich Honecker zu Besuch in Bonn war, wehte die BRD-Flagge zum ersten Mal neben der der DDR", erklärt Historiker Kosthorst. "Dadurch wurde der Besuch quasi zu einem offiziellen Staatsbesuch stilisiert. Und das war für viele ein echtes Problem, denn den Staat DDR sollte es ja gar nicht geben."

Ärger über "Schwarz-Rot-Gelb"

Wenige Jahre später hatte sich das Problem dann von selbst gelöst. Die Wiedervereinigung bescherte Deutschland wieder eine gemeinsame Flagge. Und die ist laut Farben-Beschluss der Bundesregierung von 1999 in "Tiefschwarz-Verkehrsrot-Melonengelb" zu halten. Wahlweise dürfe auch "Rapsgelb" verwendet werden. Ein ewiges Ärgernis für Christof Müller-Wirth, einen Karlsruher Verleger und Urenkel einer der Organisatoren des Hambacher Festes. "Kein Mensch hat je von Schwarz-Rot-Gelb als Nationalfarben gesprochen! Gold ist die historische Farbe. Die Flagge hat sich ja kein Grafikdesigner ausgedacht nach dem Motto 'Die Farben sehen nett aus'", empört sich der 87-Jährige immer wieder auf's Neue. Zahlreiche Briefe hat er an diverse Bundespräsidenten geschrieben. Nie hat er eine Antwort bekommen. Die Anmerkung, Gold sei teuer im Druck oder mit Gold durchwebte Flaggen verschlissen so schnell, lässt Müller-Wirth nicht gelten: "Ich bin gelernter Drucker. Heutzutage ist Gold zu drucken überhaupt kein Problem mehr." Er hat nur eine Erklärung für das Gelb-Ärgernis: "Die Leute kennen eben die Geschichte nicht."

Über dieses Thema berichtete der MDR im TV auch in "Geschichte Mitteldeutschlands" 09.06.2015 | 21:15 Uhr