Glaubwürdig | 25.12.2022 Netzwerk Leben: Warum die Magdeburgerin Heidrun Lohmann ihr Ehrenamt liebt
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Gelernt hat sie einst im VEB Kindermoden Aschersleben, ihr Handwerk beherrscht sie noch immer. So kann sie den Magdeburger Second-Hand-Shop für Kinder und Familien mit wenig Geld unterstützen. Mit 70 Jahren hilft Heidrun Lohmann in dem Laden der katholischen Stiftung "netzwerk leben" als Ehrenamtliche. Nächstenliebe gibt es dank ihres Engagements hier nicht nur zur Weihnachtszeit.

Bei Heidrun Lohmann rattert bunter Stoff durch die Nähmaschine. Ab und an – wenn eine Naht sich "gelichtet" hat – rettet die ehemalige Schneiderin Kindersachen für den Magdeburger Baby- und Kleinkindershop der katholischen Stiftung "netzwerk leben". Gelernt hat sie einst im VEB Kindermoden Aschersleben, ihr Handwerk beherrscht sie noch immer – mit 70 Jahren.
Ehrenamtlich fürs "netzwerk leben": "Ich mach' das für mich"
Dem Laden sieht man nicht an, dass es einer mit besonderer Mission ist. Hier kaufen Familien mit wenig Geld für wenig Geld Second-Hand-Kleidung und mit dem Erlös werden zum Beispiel Schwangere in Not unterstützt. Heidrun Lohmann ist Ehrenamtliche hier, seit fast 20 Jahren – "mit Leib und Seele", wie sie selbst sagt. Damals suchte sie nach einer Aufgabe für sich, wie sie erzählt:
"Ich war aus gesundheitlichen Gründen 10 Jahre zuhause und – glaube ich – auch ein bissel depressiv, immer alleine. Mir hat der Kontakt mit anderen Menschen gefehlt. Und den habe ich hier. Wenn auch viele sagen: Ach, ohne Geld! Ich sage dann: Wisst ihr, ich mach' das nicht, um Geld zu verdienen. Ich mach' das für mich, für mein Wohlbefinden, für meine Seele. Und ich weiß, ich kann damit anderen Menschen noch helfen."
Päckchen-Spenden der KITA-Kinder schon Tradition im Laden
Vorweihnachtszeit ist Spendenzeit. Dann werden im Laden nicht nur Kindersachen für den Verkauf abgegeben, sondern auch Geschenkpakete. Kita-Kinder haben sie gepackt und kommen vorbei, um sie an Heidrun Lohmann und ihre Kolleginnen zu übergeben. Die reichen die Präsente an bedürftige Familien weiter, die eigentlich nach Kleidung für ihren Nachwuchs suchen und dann mit einem Weihnachtsgeschenk überrascht werden. Das ist nun schon Tradition im Laden.
Mut zusprechen und ein bisschen Seelsorger sein
Heidrun Lohmann weiß, wie es sich anfühlt, wenn das Geld knapp ist und die Sorgen groß: "Meine Mutti war Flüchtling. In der Familie meines Vaters waren sie sechs Kinder, sein Vater war im Krieg geblieben. Wir haben bei Null angefangen." Hier im Laden hat sie schon einiges erlebt und versucht, Mut zuzusprechen. Etwa der Oma, die immer kam und dann einmal entsetzt berichtete, dass ihre 13-jährige Enkelin nun schwanger sei: "Ja, was hat man gemacht? Man hat gesagt: 'Mensch, solange die Familie dahinter steht, das wird schon werden. Denn ein Abbruch kam nicht Frage, weil die Familie christlich war. Und die kommt heute noch einkaufen. Sie hat jetzt wohl das zweite Kind – es ist alles gut gegangen, sie ist auch noch in dieser Partnerschaft – sie wohnt jetzt wieder hier bei uns in der Nähe und die kommt heute noch."
An Heidrun Lohmann gehen Schicksale nicht einfach so vorbei. Sie sagt, sie sei auch "ein bisschen Seelsorger": "Man versucht dann auch zu trösten oder Mut zu machen. Also ich weiß nicht wie ich es sagen soll – für mich ist das hier die Erfüllung." Gerade in der Weihnachtszeit. Denn dann werde ihr beim Spaziergang durch die Stadt die Schere zwischen Arm und Reich besonders bewusst: Ich möchte mir nicht vorstellen, wenn die Leute, die bei uns einkaufen, mit ihren Kindern durch die Stadt gehen und sich die Kinder ihre Nasen am Schaufenster breit drücken und die Eltern sagen: 'Ich kann's dir nicht kaufen.' Das tut mir weh."
Nächstenliebe nicht nur zur Weihnachtszeit
Heidrun Lohmann ist Christin. Und mit ihrem Glauben verbundene Werte wie Nächstenliebe, die kann sich auch zeigen in vermeintlich kleinen Dingen: "Die Leute, die uns die Sachen bringen, die schmeißen sie nicht irgendwo hin, sondern sie geben es bei uns ab, damit wir es an Dritte weitergeben. Das ist für mich ein Teil Nächstenliebe." Und die es hier in "ihrem" Laden nicht nur zur Weihnachtszeit.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | 25. Dezember 2022 | 09:10 Uhr