Petö-Therapie, Ungarn

17. September 2015, 13:56 Uhr

In Ungarn gibt es seit 1947 eine besondere Form der Therapie für Menschen mit zerebralen Bewegungsstörungen. Ziel der vom ungarischen Neurologen, Psychiater und Pädagogen Andras Petö (1893 – 1967) entwickelten Therapie ist es, die unter dieser Krankheit leidenden Menschen in die Lage zu versetzen, ihren Alltag möglichst autark zu meistern.

Konduktive Förderung

Der Ansatz Petös bestand darin, dass er die Behinderung als eine Lernstörung betrachtete, die überwunden werden kann, aber unheilbar ist. Er glaubte, dass die Plastizität des Gehirns eine Kompensation der Hirnschädigung ermöglichen kann. "Ich führe Sprache und Bewegungslernen im Dienste neuronaler Veränderung zusammen", beschrieb er einmal seine Therapie. Er erfand dafür den Begriff der "Konduktiven Förderung". Darunter verstand er Einheit von Pädagogik und medizinischer Therapie. "Während Orthopädie, Logopädie oder Ergotherapie einzelne Fehler der Bewegungs-, Sprach- oder Sinnesorgane behandeln, sucht Petö mit seiner Therapie die generelle Aktivität des Einzelnen so zu fördern, dass er jeden Tag aufs Neue übt, die Bewegungsabläufe des Körpers bewusst zu steuern. Der Lernprozess wird dadurch nicht reduziert auf das Üben einzelner Funktionen in einer Einzeltherapie ein- oder zweimal pro Woche, sondern er erstreckt sich über das gesamte Alltagsleben" (Die Petö-Therapie, Spektrum der Wissenschaft, 1999).

Bis 1989 nur in Ungarn praktiziert

Die Petö-Therapie war in Ungarn fest etabliert. Seit 1963 wurden am Budapester Petö-Institut sogar spezielle Therapeuten, sogenannte Konduktoren, ausgebildet. Außerhalb Ungarn war die Petö-Therapie hingegen fast unbekannt. Nur in Osteuropa gab es vereinzelte Manualmediziner, die sich mit Petös Methode beschäftigten. Das änderte sich erst 1989, als unter cerebralen Bewegungsstörungen leidende Menschen aus Deutschland von der Petö-Therapie erfuhren und voller Hoffnung nach Budapest reisten. Auch aus anderen westlichen Ländern erfuhren nun Betroffene und deren Angehörige von der bis dahin unbekannten Heilmethode. Mittlerweile ist die Petö-Therapie weltweit anerkannt, ihr Nutzen unbestritten.

Über dieses Thema berichtete der MDR auch im TV: Heute im Osten - Das Magazin | 20.09.2015 | 16:00 Uhr