Ungarn Stelldichein der abgelegten Provokateure in Budapest

25. Mai 2018, 18:03 Uhr

Gleich zwei in den USA in Ungnade gefallene ultrarechte Ideologen haben in dieser Woche auf Einladung regierungsnaher Stiftungen eine Bühne in Budapest bekommen: Donald Trumps ehemaliger Chefstratege Steve Bannon und der Internet-Provokateur Milo Yiannopolus. Beide sind prominente Mitglieder der sogenannten Alt-Right-Bewegung. Kernanliegen dieser Bewegung ist die sogenannte "white supremacy", also die Vorstellung, die weiße Rasse sei überlegen und diese Überlegenheit müsse verteidigt werden.

Bannon - steiler Aufstieg und Absturz unter Trump

Steve - eigentlich Stephen Kevin - Bannon, einst Chefredakteur des rechten Propaganda-Portals Breitbart, war Leiter der Präsidentschaftskampagne von Donald Trump und später Chefstratege im Weißen Haus, bis er im August 2017 in Ungnade fiel und entlassen wurde. Er kehrte kurzzeitig zu Breitbart zurück, beendete die Zusammenarbeit aber im Januar. Derzeit ist er auf einer Tour durch Europa, spricht auf rechten und rechtsextremen Veranstaltungen und trifft rechte Politiker. Auf einer dieser Veranstaltungen bezeichnete er Ministerpräsident Viktor Orbán als "großen Patrioten und großen Helden" - so etwas hört man in Budapest natürlich gerne. 

Kein Wunder, dass Bannon auch auf einer Konferenz zur "Zukunft Europas" in Budapest auftreten durfte. Die Veranstaltung im Zuge des ungarischen Vorsitzes der Visegrad-Gruppe wurde von regierungsnahen Stiftungen organisiert und aus Steuermitteln bezahlt. Ungarns Minister für das Büro des Ministerpräsidenten, Gergely Gulyás, stellte Bannon als Kämpfer für die Meinungsfreiheit vor. Zu Bannons Vortrag waren jedoch keine regierungskritischen Medien zugelassen.

"Orban war Trump vor Trump"

Bannon zeichnete auch in seinem Vortrag in Budapest das Bild einer bedrohten westlichen Zivilisation und nahm eine Anleihe bei seinem ehemaligen Chef Donald Trump. Dieser habe in der wichtigsten Rede seiner Präsidentschaftskampagne gefragt, ob der Westen den Willen habe zu überleben, seine Werte zu erhalten, seine Bürger zu schützen, im Angesicht derer, die sie zerstören wollten. Die Ungarn hätten im April diese Frage überwältigend mit Ja beantwortet. Wer genau es ist, der den Westen in seiner grundlegenden Existenz bedrohen soll, sagte Bannon indes nicht.

Stattdessen bezeichnete er die BBC und ähnliche Medien als Propagandamaschinen der Opposition. Er gab sich alle Mühe, rechtspopulistische und -extreme Politiker, unter anderem Ungarns Ministerpräsidenten Viktor Orbán, als Opfer von Verfolgung hinzustellen und sparte nicht an Häme für den politischen Gegner. Orbán würde Liberale "triggern", freute er sich, und: "Orban war Trump vor Trump".

Ausgangspunkt für den Wahlerfolg von Donald Trump und die steigende Popularität rechtspopulitischer Parteien in Europa sei die Finanzkrise von 2008 gewesen. Hier hätten sich die Eliten, die die Krise verursacht haben, nicht nur schadlos aus der Affäre gezogen, sondern auch noch gut verdient dabei. Die Zeche gezahlt habe der Steuerzahler – dieser tiefsitzende Ärger in der Unter- und Mittelschicht sei ein wichtiger Hebel. 

Dass Trump, seitdem er im Amt ist, rein gar nichts unternommen hat, um diese Eliten zur Verantwortung zu ziehen und im Gegenteil noch Steuererleichterungen für die Reichen beschlossen hat, ließ Bannon unerwähnt. Das würde die Argumentation: "Dort die unfähigen, sich selbst bereichernden liberalen Eliten, hier die rechten Volkstribune, die für den kleinen Mann einstehen", doch arg stören. 

Milo Yiannopoulos - fallengelassen von der rechten Szene in den USA

Doch nicht nur Bannon trat dieser Tage in Budapest auf. Milo Yiannopoulos weilte ebenfalls auf Einladung einer regierungsnahen ungarischen Stiftung im Land.

Der gebürtige Brite war Autor auf Bannons Internet-Plattform Breitbart. Er ist zudem als Internet-Troll berüchtigt, der vor allem Frauen mit Hass und Häme überzog. Er sieht sich als Anti-Feminist und Verteidiger der Meinungsfreiheit. Yiannopoulos galt wegen seines exzentrischen Stils, seiner Provokationen und auch, weil er offen schwul ist, als Enfant Terrible der Alt-Right Szene und wurde selbst auf Veranstaltungen der Republikanischen Partei gebucht  – bis ein paar Bemerkungen öffentlich wurden, in denen er behauptete, Sex zwischen einem 13-Jährigen und einem erwachsenen Mann könne "völlig einvernehmlich" und eine positive Erfahrung für den Jungen sein. Daraufhin wurde er von der rechten Szene in den USA fallengelassen.

Provokation mit abgelegten Provokateuren?

Was Orbán, dessen Fidesz-Partei sich als christlich-konservativ bezeichnet und Mitglied der EVP-Fraktion im Eupopäischen Parlament ist, mit diesen Einladungen bezweckt, ist nicht ganz klar. Der ungarische Amerika-Experte Máte Káló bot in der Online-Ausgabe der regierungskritischen HVG (die ebenfalls zu Bannons Vortrag nicht zugelassen war) folgende Interpretation an: Orbán wolle signalisieren, dass er nun, nach der Wahl, die ihm eine erneute Zwei-Drittel-Mehrheit verschaffte, tun und lassen könne, was er wolle, keine Rücksicht darauf nehmen müsse und werde, wer sich über einzelne Einladungen etc. aufregt. Eine Provokation mithilfe abgelegter Provokateure also.

Káló wies außerdem darauf hin, dass sich die Hoffnungen Orbáns, in Donald Trump einen Verbündeten im Weißen Haus zu haben, nicht erfüllt hätten. Ein Treffen der beiden Regierungschefs kam bislang, trotz großer Bemühungen aus Budapest, nicht zustande. Ob Bannon, der von Orbán zu einem kurzen Gespräch empfangen wurde, ein gutes Wort für den ungarischen Ministerpräsidenten einlegen kann, ist sehr fraglich – das Verhältnis zwischen Trump und Bannon gilt als zerrüttet.

Über dieses Thema berichtete MDR Aktuell auch im TV: 20.03.2018 | 19:30 Uhr

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