Unter Beobachtung Belarus wählt neues Parlament

10. September 2016, 21:39 Uhr

In Belarus wird am Wochenende ein neues Parlament gewählt. Knapp sieben Millionen Weißrussen sind wahlberechtigt. Zu vergeben sind 110 Mandate im Unterhaus, um die sich mehr als 500 Kandidaten bewerben. Beobachtern zufolge sind die Chancen der Opposition minimal – das Land wird seit mehr als 20 Jahren autoritär von Präsident Alexander Lukaschenko regiert, der oft als "Europas letzter Diktator" bezeichnet wird. Wie bereits bei der Wahl vor vier Jahren spielen weniger die politischen Parteien als Einzelkandidaten eine wichtige Rolle. In der zu Ende gehenden Wahlperiode sichert nämlich eine Gruppe mehr als 100 parteilose Politiker eine präsidententreue Mehrheit.

Opposition befürchtet Fälschungen

Wie bei der letzten Wahl rechnet die Opposition auch diesmal mit Unregelmäßigkeiten und Fälschungen. Um diese zu verhindern, hat die ehemalige Präsidentschaftskandidatin Tatjana Karatkewitsch für eine persönliche Stimmabgabe am Hauptwahltag am Sonntag geworben, da die "vorfristige Stimmabgabe", die in Weißrussland bereits einige Tage vorher möglich ist, zu viele Gelegenheiten zu Fälschungen biete. Karatkewitsch galt 2015 als einzige echte Gegnerin von Machthaber Lukaschenko und kam auf gut vier Prozent der Stimmen. Die weißrussische Opposition ist zudem zersplittert und verfolgt keine einheitliche Taktik. Einige Gruppen hoffen auf den Einzug ins Parlament als systemnahe Parteien, andere rufen dagegen zu einem Boykott der Wahl auf.

Kaum demokratische Standards laut OSZE

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) kritisiert seit jeher, dass in der ehemaligen Sowjetrepublik demokratische Standards nicht umgesetzt werden. Seit der Wahl 2015 habe sich nicht viel geändert, heißt es. Ein Großteil der OSZE-Empfehlungen wurde nach wie vor nicht umgesetzt.

Vorsichtiger Annäherungskurs an EU

Allerdings berichten Beobachter von einigen kleinen Fortschritten - der Druck auf Oppositionelle habe nachgelassen. Dies hängt möglicherweise mit Lukaschenkos Versuchen zusammen, sich an den Westen anzunähern, um politisch und wirtschaftlich unabhängiger von Russland zu werden. Lukaschenko hofft offenbar auf Kredite, Investitionen und neue Technologien. Mit friedlichen Präsidentenwahlen im Jahr 2015 und einer anschließenden Freilassung politischer Häftlinge konnte der weißrussische Machthaber immerhin eine Lockerung der EU-Sanktionen erreichen. Außerdem präsentiert er Weißrussland seit Jahren als neutrale Plattform zur Lösung des Ukraine-Konflikts.