Breslau - Die Kulturhauptstadt und die Politik

Eine Straße mit alten, gepflegten Häusern
Wrocław/Breslau hat den Ruf, besonders weltoffen zu sein. In der schlesischen Metropole leben rund 630.000 Menschen. 2016 war Breslau, gemeinsam mit dem spanischen San Sebastian, Europäische Kulturhauptstadt und damit ein Symbol europäischer Identität. Als Kulturhauptstadt steht die Stadt für Vielfalt und Toleranz – und doch spürt man hier vielerorts, dass nun in Polen ein anderer Wind weht. So mancher muss gegen Diskriminierung und Engstirnigkeit ankämpfen, auch hier in Breslau. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Eine Straße mit alten, gepflegten Häusern
Wrocław/Breslau hat den Ruf, besonders weltoffen zu sein. In der schlesischen Metropole leben rund 630.000 Menschen. 2016 war Breslau, gemeinsam mit dem spanischen San Sebastian, Europäische Kulturhauptstadt und damit ein Symbol europäischer Identität. Als Kulturhauptstadt steht die Stadt für Vielfalt und Toleranz – und doch spürt man hier vielerorts, dass nun in Polen ein anderer Wind weht. So mancher muss gegen Diskriminierung und Engstirnigkeit ankämpfen, auch hier in Breslau. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Junges Paar auf der Straße.
"Nicht die Regierung, die Flüchtlinge sind das Problem." Bei Schülern und Studenten haben bei der Wahl im Oktober 2015 vor allem die rechtsnationalen Parteien an Stimmen gewonnen. Insgesamt wählten 66 Prozent der Schüler und Studenten rechts oder sogar rechtsextrem. Viele junge Polen sind enttäuscht von der liberalen Wirtschaftspolitik Europas. Die Jugendarbeitslosigkeit ist hoch. Angemessene Jobs für Uniabsolventen gibt es kaum. Dazu kommt die Angst, dass die Aufnahme von Flüchtlingen die wirtschaftliche Situation des Landes verschlechtern wird. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Menschen mit gelben Warnwesten auf der Straße. Im Vordergrund eine junger Mann mit Vollbart.
"Wir sind nicht gegen die Regierung selbst, sondern gegen das, was die Regierung tut." Auch wenn von einem "Rechtsruck" der polnischen Jugend die Rede ist, nicht alle jungen Leute unterstützen die Kaczynski-Regierung. Der 36-jährige Michal Korczak steht fast jedes Wochenende auf dem Breslauer Marktplatz und hilft dabei, den Protest des Komitees zur Verteidigung der Demokratie (KOD) zu koordinieren. Korczak ist eigentlich studierter Jurist, doch zurzeit führt er das Leben eines Vollzeitaktivisten. Seine Kritik richtet sich gegen die neu erlassenen Gesetze der Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS), die in beiden Kammern des polnischen Parlaments die absolute Mehrheit hat. Korczak befürchtet, dass die nationalkonservative Partei die demokratischen Kontrollorgane reformieren und so Stück für Stück ihre Macht im Land ausbauen könnte. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Zuschauerraum eines Theaters. Man blickt auf Reihe von leeren blauen Sesseln. Auf einem in der ersten Reihe sitzt eine junge Frau.
"Wenn Polen, die für die Demokratie und Freiheit kämpfen, Denunzianten ausländischer Medien genannt werden, bin ich vielleicht jetzt einer von ihnen." Agnieszka Tiutiunik arbeitet am Polnischen Theater in Breslau. Das Theater kam im November 2015 in die Schlagzeilen, als Vize-Regierungschef und Kulturminister Piotr Glinski die Premiere des Stücks "Der Tod und das Mädchen" von Elfriede Jelinek verhindern wollte, weil an einigen Szenen Pornodarsteller aus Tschechien mitwirkten. Das Stück wurde trotzdem aufgeführt. Für Agnieszka Tiutiunik war der Verbotsversuch aber eine klare Einschränkung der in der Verfassung verankerten Meinungsfreiheit. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Eine junge Frau mit schulterlangem Haar und Baskenmütze auf einem Marktplatz.
"In der Vorstellung der neuen Regierung ist ein Pole zu einhundert Prozent weiß und christlich." Malwina Tuchendler arbeitet in einem Café der jüdischen Gemeinde in Breslau, ihrem Geburtsort. Die junge Studentin würde die Stadt jedoch am liebsten verlassen, denn die Stimmung wird zunehmend aggressiver. Vor Kurzem schmierte ein Unbekannter Hakenkreuze an das jüdische Café. Und im November verbrannten rechtsextreme Demonstranten mitten auf dem Rathausplatz eine Puppe, die einen orthodoxen Juden darstellte. Die Polizei griff nicht ein. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Junger Mann mit Fünftage-Bart und Brille hinter dem Tresen eines Cafés.
"Außerhalb von Breslau würde ich mich nicht als schwul zu erkennen geben." Schwulsein habe mit traditionellen polnischen Werten nichts mehr zu tun, so heißt es derzeit in der Regierungspartei, sagt der Designer Adam Włodarczyk. Aber auch im Lager der Opposition sind Homosexuelle nicht allen willkommen. Der Designer Adam wollte sich mit einer Regenbogenfahne, einem Symbol der schwul-lesbischen Emanzipationsbewegung, an dem Protest gegen die Regierung beteiligen. Doch er wurde zurückgehalten: dies sei keine Kundgebung für die Rechte der Schwulen, sagten die Regierungsgegner. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Junger Mann mit kurzem schwarzen Vollbart und Brille auf einem Sofa.
"Rasier Dich besser, wenn Du nicht verprügelt werden willst." Umut Taşkın stammt eigentlich aus Istanbul. Seit etwa einem Jahr lebt der 24-jährige Türke nun in Polen. Seine erste Station in dem Land mit einem Ausländeranteil von unter einem Prozent war die im Osten gelegene Stadt Białystok. Willkommen fühlte sich der in einem muslimischen Elternhaus aufgewachsene Umut im erzkonservativen Osten Polens nicht. Ganz anders erging es ihm in der Kulturhauptstadt Breslau. Rund 140.000 Studenten leben dort und geben der Stadt ein junges Gesicht. Trotzdem will er sich in Breslau nicht offen als Muslim zu erkennen geben. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
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Eine Straße mit alten, gepflegten Häusern
Wrocław/Breslau hat den Ruf, besonders weltoffen zu sein. In der schlesischen Metropole leben rund 630.000 Menschen. 2016 ist Breslau, gemeinsam mit dem spanischen San Sebastian, Europäische Kulturhauptstadt und damit ein Symbol europäischer Identität. Als Kulturhauptstadt steht die Stadt für Vielfalt und Toleranz – und wird gleichzeitig zum prominenten Schaufenster großer Zustimmung zur nationalistischen Politik der neu gewählten Regierung. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK