Polen bald EU-Mitglied zweiter Klasse?

24. März 2017, 16:55 Uhr

Am Samstag findet in Rom der EU-Gipfel zum 60. Jahrestag der Römischen Verträge statt, die den Grundstein für die heutige EU legten. Dabei wollen die Mitgliedstaaten über eine Neuausrichtung der EU nach dem "Brexit" beraten. Bundeskanzlerin Merkel spricht sich für eine "EU unterschiedlicher Geschwindigkeiten" aus. Polen will das "mit aller Macht" verhindern.

Wenige Tage vor dem Jubiläumsgipfel hat der Chef der regierenden PiS-Partei, Jaroslaw Kaczynski, entschlossenen Widerstand angekündigt. Wenn einige EU-Länder wie Deutschland und Frankreich die Integration weiter vorantrieben, während die anderen den Status quo beibehielten, würde Polen "entweder aus der EU gedrängt oder zum Mitglied einer schlechteren Kategorie degradiert", warnte Kaczynski in einem Interview mit der Zeitung "wSieci". Kaczynski, der als der eigentliche Lenker der polnischen Politik gilt, befürchtet unter anderem, dass mehr Gelder in die Innovation in den älteren EU-Ländern fließen würden, was für Polen "bedeutende Verluste" bedeuten könnte.

Ähnlich kritisch äußerte sich Polens Außenminister Witold Waszczykowski. In einem Interview mit der italienischen Zeitung "La Repubblica" sagte er, das Konzept der zwei Geschwindigkeiten in der EU sei das "beste Rezept für eine Niederlage, Spaltung und Isolation". Kein einziges Problem würde dadurch gelöst werden. "Wir, die jüngeren Mitgliedstaaten, denken an Geschlossenheit, die Gründungsstaaten denken an Spaltung", sagte Waszczykowski. Verstärkte regionale Zusammenarbeit von Staaten sei zwar etwas Natürliches, dies dürfe aber nicht zur Hegemonie einer Gruppe von Mitgliedsländern führen, die ihren Willen dem Rest aufzwingen würden.

Polen ist die größte Volkswirtschaft in Mitteleuropa. Als eines von neun der 28 EU-Staaten gehört es allerdings nicht der Währungsunion an. In Polen fürchtet man daher, abgehängt zu werden, wenn die Eurozone auf eigene Faust eine vertiefte Integration vorantreibt.